Dortmund. Nach langer Zeit probiert es Borussia Dortmund gegen den VfL Bochum mit zwei Stürmern. Der Plan geht auf. Das sind die Gründe.
Manchmal lassen sich Trends für die Zukunft auch aus Erfahrungen der Vergangenheit ableiten. Man muss sich schon eine ganze Weile durch Borussia Dortmunds Archiv wühlen, um Spuren einer Sturm-Doppelspitze aufzutreiben.
Im Jahr 2008 lagen die Hoffnung auf Dortmunder Tore auf Alexander Frei und Nelson Valdez. In der folgenden Saison stürmten Lucas Barrios und Mohamed Zidan. Als sich der paraguayische Welttorjäger Barrios immer besser an die Bundesliga gewöhnte, stellt der damalige Trainer Jürgen Klopp auf ein System mit einer Sturmspitze um. Klopp war es auch, der zu Beginn seiner letzten Saison in Dortmund ein Experiment mit Pierre-Emerick Aubameyang und Ciro Immobile wagte. In einem Testspiel gegen Rot-Weiss Essen harmonierte das gabunisch-italienische Angriffsduo noch. Die Fans feierten schon „Ciromeyang“, ehe Klopp den Plan dann doch ganz unten in seiner Schreibtisch-Schublade verschwinden ließ.
Zehn Jahre ist das nun her, eine Doppelspitzen-Formation hat sich seitdem nicht unbedingt als Dortmunder Domäne erwiesen. Trainer präferierten jüngst Systeme mit einem klaren Zielspieler wie Barrios, Robert Lewandowski, Aubameyang, Erling Haaland und neuerdings Niclas Füllkrug.
BVB: Niclas Füllkrug fühlt sich gemeinsam mit Sturmpartner wohl
Am Sonntagabend steuerte Edin Terzic dem Trend entgegen. Auch aufgrund von Personalproblemen im offensiven Mittelfeld stellte er neben Füllkrug, 30, den elf Jahre jüngeren Youssoufa Moukoko in die Startelf. Und auch wenn die beiden nicht so häufig wie erhofft in gute Abschlusspositionen gebracht worden waren und die Profis des VfL Bochum im Derby (3:1) immer wieder einen Fuß dazwischen bekommen hatten, habe das Duo „gut harmoniert“ und dem eigenen Spiel „gutgetan“, wie Terzic befand. Die Doppelspitze, vom Auslaufmodell zu einem System mit Zukunft?
„Man sucht sich gegenseitig“, meinte Füllkrug. „Ich finde das gut.“ Natürlich. Die Partnerschaft mit Moukoko verhalf dem Nationalstürmer schließlich zu seinem ersten Dreierpack im schwarz-gelben Trikot. Gerade Nachwuchsmann Moukoko wirkte dabei sehr agil, ließ sich immer wieder zurückfallen, um sich ins Kombinationsspiel zu integrieren. „Wir hatten sehr viele gute Abläufe, die du mit einer Spitze nicht gehabt hättest“, befand Füllkrug, der schon bei Werder Bremen gemeinsam mit Marvin Ducksch (zusammen 28 Tore in der vergangenen Saison) ein erfolgreiches Duo gebildet hat. „Wenn wir da zum Abschluss kommen, sind das brandgefährliche Dinge.“ Nur an der Präzision mangelte es noch. „Da fehlte uns noch ein bisschen der letzte Punch.“
Gegen Bochum war die Doppelspitze Moukoko/Füllkrug als taktisches Mittel eingeplant, um das Bollwerk des VfL aufzubröckeln. Die Mannschaft von Trainer Thomas Letsch verteidigte über das gesamte Spielfeld im Eins-gegen-Eins. „Wenn du die Innenverteidiger rausziehen kannst, entsteht dahinter ein Riesenraum“, erklärte Füllkrug. Den habe man zwar „nicht optimal gelaufen“, sagte Füllkrug, lobte aber: „Ich finde, wir waren sehr präsent und haben die Box immer gut besetzt.“ Zudem sollten Moukoko und Füllkrug dabei helfen, lange Bälle der Bochumer Innenverteidigung zu verhindern.
BVB: Auch gegen Heidenheim mit einer Doppelspitze?
Ob die Doppelspitze in den Planungen Terzics Priorität hat, könnte schon das Auswärtsspiel beim 1. FC Heidenheim (Freitag, 20.30 Uhr/DAZN) zeigen, für das Marco Reus und Julian Brandt im offensiven Mittelfeld zurückerwartet werden. Sie könnten möglicherweise Moukoko zurück auf die Bank drängen. Bekannt aber ist: In kurzen Spielphasen sowie in Testspielen hatte Terzic immer wieder mal auf die Zwei-Stürmer-Option zurückgegriffen. Vielleicht erhält Moukoko demnach eine weitere Bewährungsprobe.
Die drei Erfolgserlebnisse gegen Bochum jedenfalls haben Niclas Füllkrugs ohnehin schon ausgeprägtes Selbstbewusstsein noch einmal vergrößert, auch im Hinblick auf die Europameisterschaft. Ob ihn ein Fernduell mit Deniz Undav (27) vom VfB Stuttgart, der wie Füllkrug am Wochenende dreimal traf, im Kampf um die wohlgemerkt einzige Sturmposition in der deutschen Nationalelf anspornen würde? Der Dortmunder antwortete mit einer Gegenfrage. „Wieso? Ich habe ich 13 Spielen elf Tore und zwei Vorlagen“, meinte Füllkrug trocken. „Ich weiß nicht, was man da sucht. Jemanden, der in 13 Spielen 25 Tore macht, den findet ihr in Deutschland nicht.“