Gelsenkirchen. Im Interview spricht Schalke-CEO Matthias Tillmann auch über das Aus für die Schalker Legenden Mike Büskens und Gerald Asamoah.
Einmal noch schrieb Ex-Trainer Karel Geraerts den Fans des FC Schalke 04. „Diese Verbindung werde ich nie vergessen“, stand unter anderem am Mittwochabend in einem Instagram-Post des vor drei Wochen rausgeworfenen Geraerts. Nachfolger Kees van Wonderen sitzt am Samstag in Hannover (13 Uhr/Sky) erstmals auf der Schalke-Bank. Wir haben mit Schalkes Vorstandschef Matthias Tillmann über Geraerts‘ Rauswurf, van Wonderens erste Tage, Kaderplaner Ben Manga und die Nachfolge des ebenfalls gefeuerten Sportdirektors Marc Wilmots gesprochen.
Herr Tillmann, Sie haben sich vor rund drei Wochen von Trainer Karel Geraerts und Sportdirektor Marc Wilmots getrennt. Der neue Trainer Kees van Wonderen ist seit ein paar Tagen da. Wie ist Ihr erster Eindruck?
Ben und ich haben uns in den vergangenen Wochen sehr intensiv mit Kees auseinandergesetzt. Wir hatten ein langes, sehr gutes Gespräch vor seiner Einstellung. Was ich in den ersten Tagen gesehen habe, knüpft daran an. Die strukturierte Arbeit, der klare Plan, ist für mich keine große Überraschung. Was ich positiv finde, ist das Feedback, das ich aus der Mannschaft bekomme. Am Ende zählen natürlich die Ergebnisse, das ist im Fußball nun einmal so.
Was Schalke-CEO Tillmann über Ben Manga sagt
Hinterfragen Sie sich, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, Trainer und Sportdirektor im Sommer zu wechseln?
Sie können sich sicher sein, dass wir alles hinterfragen, das ist Teil unserer Aufgabe. Die Entscheidung, an Karel und Marc festzuhalten, würde ich jetzt wieder so treffen. Karel Geraerts hatte die Mannschaft in einer schwierigen Phase übernommen. Es war nicht sein Team, er hatte keine komplette Vorbereitung, es gab verschiedene Gruppen. Nachdem wir das Minimalziel Klassenerhalt erreicht haben, haben wir ihn gefragt, was seine Vorstellungen sind, und nach einigen internen Diskussionen entschieden: Er hat noch ein Jahr Vertrag, und wir gehen mit ihm in dieses Jahr.
Warum dann die schnelle Trennung?
Vier Punkte aus sechs Spielen sind eine Sache, aber nicht die entscheidende. Vor allem stimmte die Entwicklung nicht, seit dem zweiten Spieltag haben wir Woche für Woche Rückschritte gemacht. Auf eine stetige Rückwicklung nicht zu reagieren, hätte langfristig fatale Folgen.
Hat denn Sportchef Ben Manga im Sommer darauf gedrängt, den Trainer zu wechseln?
Nein. Als Ben gekommen ist, wusste er, dass Karel Geraerts‘ Vertrag noch ein Jahr gilt. Natürlich hat auch Ben, wie wir alle, von Gerüchten gehört, dass Karel Angebote aus Belgien hat. Als Karel gesagt hat, dass er bei uns weitermachen will, war das Thema erledigt.
Wenn es heißt, Ben Manga sei zu mächtig: Können Sie diesen Eindruck verstehen?
Von außen betrachtet kann ich verstehen, dass Bens Rolle als mächtig angesehen wird, weil er derjenige ist, der die höchste Funktion im Sport hat. Aber Ben kann nichts allein entscheiden – wie übrigens niemand im Verein, unsere Satzung ist da eindeutig und unsere Herangehensweise ebenfalls. Ben ist ein ganz wichtiger Kopf, aber nicht der einzige. Die Verträge unterschreibt nicht er, sondern der Vorstand. Und der Vorstand benötigt für die meisten Verträge die Genehmigung des Aufsichtsrats. Allein deshalb gibt es immer einen Dialog. Und auch Ben arbeitet nicht allein, sondern mit seinem großen Team zusammen.
Ben Manga hat oft vom Atletico-Madrid-Fußball gesprochen, den er sehen will. Der Fußball, den Kees van Wonderen hat spielen lassen, hatte eher weniger mit Atletico Madrid zu tun. Wie lässt sich der Widerspruch auflösen?
Intern haben wir gesagt, dass wir aus einer stabilen Defensive agieren und dann nach vorne Fußball spielen. Wir haben 60.000 Zuschauer bei jedem Heimspiel, wir können nicht nur auf Konter gehen. Schalke war immer eine Mischung aus Maloche auf der einen und Kreisel auf der anderen Seite. Du nimmst das Stadion mit einer harten Grätsche mit, begeisterst unsere Fans aber auch mit One-Touch-Fußball wie beim 1:1 gegen Hertha BSC. Ob das jetzt Atletico-Madrid-Fußball oder ein anderes Etikett ist, das spielt für mich keine Rolle. Der Trainer muss hinbekommen, dass die Mannschaft als Einheit funktioniert, eine Struktur hat. Und das hat bei den Mannschaften von Kees geklappt. Es braucht ein paar Wochen, um sich einzuspielen.
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Auch Marc Wilmots musste gehen – in einer Position, die nicht unmittelbar Einfluss darauf hatte, ob ein Spiel gewonnen oder verloren wird. Warum wurde die Trennung gleichzeitig vollzogen?
Am Ende sieht es so aus, als hätte das 3:5 gegen Darmstadt den Ausschlag gegeben – doch die Entscheidungen Trainer und Sportdirektor müssen in diesem Fall getrennt betrachtet werden. Marc Wilmots ist gemeinsam mit mir gekommen Anfang Januar, wir steckten mitten im Abstiegskampf. Seine klare Aufgabe war es, Mannschaft und Trainer zu stabilisieren und den Umbruch voranzutreiben. Das hat er gut gemacht. Im Sommer haben wir uns zusammengesetzt und vereinbart, dass wir als Team funktionieren müssen: Marc Wilmots, Ben Manga, Karel Geraerts, der Vorstand. Marc ist aus unserer Sicht von diesem Weg abgekommen, hatte teilweise andere Ansichten über die zukünftige Ausrichtung.
Betrifft das solche Dinge zum Beispiel die Jobgarantie für Karel Geraerts nach dem 0:2 in Karlsruhe?
Das ist ein Beispiel. Sowas muss intern abgesprochen werden.
Im ersten Abstiegsjahr vor drei Jahren hieß es noch: Schalke braucht mehr Schalke, es kamen unter anderem Mike Büskens und Gerald Asamoah zu den Profis. Nun mussten innerhalb kürzester Zeit drei Ur-Schalker gehen: Büskens, Asamoah und Wilmots. Ist zu viel Schalke aktuell schädlich?
Beim ersten Abstieg war ich nicht dabei, dazu kann ich nichts sagen. Bei einem Traditionsverein ist es immer wichtig, Ehemalige dabei zu haben, die das Umfeld kennen. Wir haben uns aktuell nicht die Frage gestellt, ob wir mehr oder weniger Ehemalige brauchen. Sondern wen wir im Einzelfall für unseren zukünftigen Weg brauchen – unabhängig davon, ob jemand schon lange für Schalke gearbeitet hat oder nicht.
Wann wird die Nachfolge für Marc Wilmots geklärt?
Wir haben gesagt, dass wir uns zunächst auf den Trainer fokussieren. Ihm geben wir ein, zwei Wochen die Zeit, um anzukommen. Er hat auch seine Vorstellungen von der Arbeit in einem Profileistungszentrum. Dann werden wir uns die Struktur überlegen. Schnelligkeit ist da nicht wichtig, sondern die nötige Ruhe und Sorgfalt.
Gehen Sie davon aus, dass es noch 2024 passiert?
Stand jetzt würde ich sagen: Das ist möglich.
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