Gelsenkirchen. Fan-Aufruhr kurz vor der Schalke-Mitgliederversammlung? Wir klären auf, was es mit einem vermeintlichen SFCV-Schreiben auf sich hat.
Länderspielpausen sind normalerweise perfekt geeignet, um tief durchzuatmen - das gilt nicht nur für Spieler, Trainer und Verantwortliche, sondern auch für die Fans. Und für die geplagten Anhänger des FC Schalke 04 sogar ganz besonders. Diesmal aber, in der November-Pause, gehen viele von ihnen dennoch zur Arena, und das, was sie am Samstag ab 11.04 Uhr erwartet, dürfte länger dauern als 90 Minuten. Bei der Mitgliederversammlung stehen brisante Entscheidungen bevor - beispielsweise stehen Aufsichtsrats-Wahlen an und Details zur Fördergenossenschaft werden verkündet.
Fanclub-Verband betreut rund 56.000 Schalker
Wenige Tage vor der Versammlung gibt es aber im großen Schalker Fanclub-Verband (SFCV) Unruhe. In den Sozialen Netzwerken ist ein Schreiben aufgetaucht, das angeblich vom SFCV stammt. Im SFCV, der seit 1978 besteht, sind laut Auskunft rund 60.000 Fanclub-Mitglieder in rund 800 Fanclubs organisiert, aufgeteilt auf 23 Bezirke. Der SFCV erhält vom Hauptverein seit vielen Jahren für jedes Heimspiel gegen Bezahlung ein Kartenkontingent, das er unter den Fanclubs aufteilt. Für den SFCV ist ein Platz im Aufsichtsrat des Vereins reserviert, aktuell besetzt ihn Michael Riedmüller.
Im Schreiben wird nun offen dazu aufgerufen, mit möglichst vielen SFCV-Mitgliedern zur Versammlung nach Gelsenkirchen zu kommen. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Wir müssen an diesem Tag geschlossen auftreten, um die Anträge und Wahlen zu unseren Gunsten abzustimmen und die Ergebnisse zu erzielen, die für uns als Fanclubs richtig sind.“ Weiter steht dort, dass der aktuelle Vorstand den SFCV nicht genügend wertschätze: „Nur, wenn wir den Schalker Verantwortlichen zeigen, was hinter dem SFCV steht, kann dieser wieder die Wertschätzung erhalten, die er zu Recht unter anderen Vorständen bekommen hat.“
Um eine möglichst große Mobilisierung der 25.000 Vereinsmitglieder im SFCV zu erreichen, wird in dem Schreiben eine Drohkulisse aufgebaut. Man laufe Gefahr, dass es schon bald keine Zusammenarbeit mit dem Verein mehr gibt. „Da der laufende Vertrag mit dem S04 am 30. Juni 2026 endet, wäre das Thema Karten definitiv vorbei“, meint der Verfasser. Vom Parkplatz P7, wo die Busse der Fanclubs parken, solle es einen Fanmarsch zur Arena geben.
Keine Karten mehr für den SFCV?
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Das Schreiben stammt nach Informationen dieser Zeitung aus Bezirk 3 und ist nicht unterschrieben. Wir wir erfuhren, soll es ein Alleingang eines Mitglieds des vierköpfigen Vorstandes sein, nicht mit den übrigen Vorständen abgesprochen. SFCV-Sprecherin Melanie Illburger sagte dieser Zeitung: „Wir haben unsere Mitglieder aufgefordert, sich beim Format „MitGEredet“ selbst ein Bild von den vier Aufsichtsrats-Kandidaten zu machen.“ Dort hatten sich die Bewerber den Mitgliedern in der vergangenen Woche vorgestellt. Inhaltlich enthalte das Schreiben Fehler. Der Kooperationsvertrag ende im Juni 2026, eine Befristung sei aber üblich. Verhandlungen über eine Verlängerung würden bereits laufen. „Wir haben aktuell einen guten Kontakt zum Verein und arbeiten mit dem Aufsichtsrat vertrauensvoll zusammen. Wir geben als Vorstand keine Wahlempfehlung ab“, sagte Illburger. „Natürlich rufen wir unsere Mitglieder auf, zur Versammlung zu gehen und sich an den demokratischen Prozessen und der Vereinsarbeit zu beteiligen.“
Aus dem Aufsichtsrat stehen Kirstein und Dörnemann zur Wahl
Fakt ist aber auch, dass der Verein die finanzielle Unterstützung für den SFCV deutlich reduzierte. In der Jahreshauptversammlung des SFCV im Oktober verkündete der Vorstand einen Verlust im niedrigen vierstelligen Bereich. Bezirksversammlungen könnten nicht mehr besucht werden, die Mitgliedsbeiträge für die Fanclubs wurden angehoben. Zudem befindet sich der SFCV auf Sponsorensuche.
Der stellvertretende Aufsichtsrats-Vorsitzende Sven Kirstein, der zur Wahl steht, äußerte zudem Kritik daran, dass allein der SFCV einen Platz im Aufsichtsrat erhält. „Wesentlich ist für mich eine feste Fanvertretung im Aufsichtsrat“, schrieb Kirstein in einem Fragebogen. „Aktuell wird diese durch die Entsendung eines Vertreters des SFCV sichergestellt, welcher die größte Fanorganisation auf Schalke ist. An dieser Stelle ist für mich eine Weiterentwicklung denkbar, die alle Fans und Mitglieder einbezieht.“ Kirstein ist Mitglied der Ultras Gelsenkirchen (UGE), die ebenso wie der mächtige Supportersclub dem SFCV nicht angehören.
Moritz Dörnemann, wie Kirstein Stellvertreter von Aufsichtsrats-Chef Axel Hefer, der ebenfalls zur Wahl steht, gilt auch als ultranah. Die Herausforderer Ender Ulupinar und Falk Kappenhagen haben hingegen eine SFCV-Vergangenheit. Ulupinar war von 2014 bis 2015 Aufsichtsratsvorsitzender des SFCV, Kappenhagen Vorsitzender des Fanclubs „Vardingholter Kumpel“ - Mitglied im Bezirk 4 des SFCV.
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