Köln. Simon Terodde hat die Karriere nach der Karriere begonnen. Dem Vereinsfußball hat der Ex-Schalke-Kapitän vorerst den Rücken gekehrt.

Als Simon Terodde die Karriere nach der Karriere offiziell beginnt, sitzt er in einem Brauhaus in Köln-Deutz. Ein Trikot trägt der 36-Jährige nicht mehr, sein Look ist simpel: weißes T-Shirt, schwarze Jeans. Der TV-Sender Sky hat zu seinem „Opening“ der Zweitliga-Saison geladen - einer Saison, die an diesem Freitagabend mit dem Knaller zwischen dem 1. FC Köln und dem Hamburger SV beginnt (20.30 Uhr/Sky). „Das wird ein richtig geiles, intensives Spiel“, prophezeit Terodde, der für beide Teams schon gespielt hat, genau wie zuletzt für Schalke 04 und zu Beginn seiner Laufbahn für Fortuna Düsseldorf. Es scheint, als sei keiner besser geeignet für den Job als Zweitliga-Experte. Und doch ist es noch ungewohnt, dass der Rekord-Torjäger (177 Treffer) nur noch außerhalb des Rasens zu sehen ist.

Ex-Schalke-Torjäger Terodde: „Eine gute Saison, um danach aufzuhören“

Viel Urlaub hat Terodde gemacht nach der Verkündung seines Karriereendes, er hat drei Kinder, ist auf die Sommerferien angewiesen. Mallorca, Griechenland, Südtirol - er genoss den Sommer. Seine Entscheidung bereut er nicht, ganz im Gegenteil - in der vergangenen Saison hatte sie sich früh abgezeichnet. „Es war eine gute Saison, um danach aufzuhören“, sagt er in Köln. Was positiv klingt, ist gar nicht unbedingt so gemeint. Sportlich merkte er, dass er nicht mehr sein Top-Niveau erreichen konnte, lediglich fünf Tore gelangen ihm für S04. Die Existenzangst im Abstiegskampf mit Schalke setzte Terodde zu, viele Stunden verbrachte er am Telefon, um zu vermitteln, zu schlichten, zu trösten. Anders formuliert: Wäre Schalke mit 15 Terodde-Toren Fünfter geworden, hätte er wohl noch ein Jahr drangehängt.

Dem Vereinsfußball hat Terodde vorerst den Rücken zugekehrt, zahlreiche Angebote verschiedenster Art abgelehnt. Auch auf eine Klausel in seinem Schalker Vertrag, die eine Fortsetzung in anderen Bereichen des Vereins zugesichert hätte, griff er nicht zurück. Ob U23-Führungsspieler, Co-Trainer in einer Knappenschmiede-Mannschaft - die Angebote im Gespräch mit Klub-Boss Matthias Tillmann reizten ihn, aber nicht genug. Er wollte raus aus der Fußball-Knochenmühle Vorbereitung, jeden Tag Training, am Wochenende Spiel - und wieder von vorn.

Simon Terodde
Abschied von Schalke: Nach vollbrachter Rettung wurde Simon Terodde am vorletzten Spieltag verabschiedet. © DPA Images | Bernd Thissen

Ein mittelfristig Nein soll das nicht sein - erst einmal verbringt er aber seine Zeit mit der Familie und mit zwei neuen beruflichen Aufgaben. Die erste ist die vom gleichfalls frischen Fußballrentner Toni Kroos ins Leben gerufene Hallenfußball-Liga „The Icon League“. Terodde ist gemeinsam mit TV-Moderator Wolff Fuß Manager der Mannschaft „The Pack“. Mit leuchtenden Augen redet Terodde in Köln im kleineren Kreis über die neue Aufgabe, über die damit verbundene Sponsorensuche - und dass die jüngere Generation eher Kroos‘ Mit-Organisator Elias Nerlich, einen Twitch-Streamer, kennt als den sechsmaligen Champions-League-Sieger Kroos.

Seine zweite Aufgabe führt Terodde am Freitag nach Köln. Auf Schalke hätten ihm die Mitspieler immer wieder süffisant gesagt, er sei doch der perfekte TV-Experte nach Karriereende, erzählt er schmunzelnd - seine Premiere feiert er beim Zweitliga-Eröffnungsspiel im Rhein-Energie-Stadion. „Jeder weiß, dass ich die Zweite Liga mag und sie sehr kenne. Ob ich als Fan oder Experte im Stadion bin und den Rasen rieche - da mache ich doch lieber diesen Job“, sagte er. Doch Terodde mag nicht nur die Zweite Liga, er liebt Fußball, schaut so viele Spiele wie möglich, genießt es, auch mal Amateurspiele zu schauen.

„Es gibt sechs, sieben Teams, die aufsteigen wollen. Da steckt viel Brisanz drin.“

Simon Terodde
Rekord-Torjäger der 2. Bundesliga

Kein Wunder, dass er spontan alle Zweitligisten analysieren könnte - Taktik, Personal, Trainer, Stärken, Schwächen. „Es gibt sechs, sieben Teams, die aufsteigen wollen. Da steckt viel Brisanz drin. Ich bin davon überzeugt, dass es am Ende die Großen unter sich ausmachen“, sagt Terodde in Köln. Zwei der Großen sind der FC und der HSV. Den FC tippt Terodde auf den dritten Platz: „Der FC steht vor einer herausfordernden Saison. Im Mai war es noch stürmisch, aber jetzt ist Ruhe eingekehrt. Der Trainer passt sehr gut zum Kader, das macht mir Mut, dass die Kölner direkt ein Ausrufezeichen setzen können. Ich tippe, dass der FC über die Relegation aufsteigt.“

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In der Nähe von Köln ist Terodde sesshaft geworden, doch auch für den HSV hat er ein Faible. Er spielte im Corona-Jahr 2020/21 in Hamburg, spielte nie vor ausverkauftem Haus. „Ich würde es dem HSV wünschen, endlich wieder hochzugehen“, sagte Terodde, der vor allem wegen des Sturm-Duos ein Faible für die Hamburger hat. Robert Glatzel und Davie Selke, der mit einigen Misstönen vom FC kam und nun in seine alte Heimat zurückkehrt, stürmen für den HSV. Terodde traut Trainer Steffen Baumgart, noch ein Ex-Kölner zu, die Beiden zu einem Top-Duo zu machen: „Wenn es einer kann, dann er. Denn er will die Bälle von außen immer wieder in den Strafraum bringen.“

Schalke startet Samstag gegen Eintracht Braunschweig

Teroddes Ex-Klub Schalke startet am Samstagabend (20.30 Uhr/Sport 1 und Sky) gegen Braunschweig - er weiß noch nicht, ob er ins Stadion geht, einen Sky-Auftrag hat er nicht. „Es war der richtige Zeitpunkt, nach dem Jahr komplett aufzuräumen“, sagt Terodde, auch wenn er mit der Art und Weise der Verkündung einiger Entscheidungen wenig anfangen konnte. Er hofft, dass die Schalker aus den Spielen gegen Braunschweig und beim 1. FC Nürnberg (10. August, 13 Uhr) vier Punkte holen. „Dann kannst du richtig was entwickeln“, sagte er. Den Aufstieg traut Terodde Schalke aber nicht zu. „Es wird nicht reichen“, sagte der ehemalige Kapitän.

Doch auch wenn er sein Auto erst einmal lediglich bei Auftritten als Fernseh-Experte Richtung Gelsenkirchen steuert: Teile seiner Vereine bleiben Schalke treu. Teroddes Vater Ludger schaute sich auch in dieser Vorbereitung Trainingseinheiten an - auch ohne seinen berühmten Sohn.

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