Essen. Der BVB hat im Sommer seinen Kader mit guten Einkäufen verstärkt. Und doch ist Dortmunds Transferstrategie riskant. Ein Kommentar
Nein, einen Rekord hat Borussia Dortmund nicht aufgestellt in diesem Sommer, es wurden schon deutlich mehr als jene rund 80 Millionen investiert, die der BVB in der abgelaufenen Transferphase für neue Spieler ausgegeben hat. Und doch sind diese 80 Millionen bemerkenswert – vor allem, wenn man bedenkt, dass Dortmund 50 Millionen mehr ausgegeben als eingenommen hat, was beim Champions-League-Finalisten absoluten Seltenheitswert hat. Aber Champions-League-Finale ist das Stichwort: Nur deswegen konnte der BVB in dieser Größenordnung investieren.
Und er hat es gut gemacht. Natürlich ist es noch viel zu früh, eine endgültige Bilanz des Dortmunder Transfersommers zu ziehen, die Saison ist noch ziemlich jung. Bislang aber spricht vieles dafür, dass der BVB im Sommer klug eingekauft hat, wie sich nicht nur, aber auch beim 4:2-Sieg gegen den 1. FC Heidenheim zeigte. Da ist Waldemar Anton, der sich anschickt, die von Mats Hummels hinterlassene Lücke zu schließen, weil er nicht nur klug verteidigt – sein Fehler vorm Anschlusstreffer gegen Heidenheim war eine seltene Ausnahme – sondern auch keinerlei Scheu hat, den Mund aufzumachen, die Vorderleute zu dirigieren, kurz: die Mannschaft mit anzuführen.
Serhou Guirassy ist komplettester BVB-Stürmer seit Robert Lewandowski
Da ist Pascal Groß, der im Mittelfeld die Planstelle besetzt, die viel zu lange frei war, der nämlich den klugen Aufbauspieler aus der Tiefe gibt. Groß lenkt das Dortmunder Spiel mit einer Selbstverständlichkeit, als habe er nie etwas anderes getan, und wenn man ihn aktuell für Dortmund und die Nationalmannschaft aufspielen sieht, fragt man sich schon, warum er so viele Jahre im Mittelmaß der Premier League unterwegs war.
Da ist natürlich Serhou Guirassy, der Königstransfer, der gegen Heidenheim sein erstes Spiel machte für den BVB, dem nach langer Verletzungspause erkennbar noch vieles abging, der aber gleich zeigte, wie er das Dortmunder Spiel prägen kann, weil er – so sehen sie das auch im Klub – potenziell der wohl kompletteste Dortmunder Stürmer seit Robert Lewandowski ist. Weil er sich auch außerhalb des Strafraums wohlfühlt und die Mitspieler einzusetzen weiß.
Ein Fragezeichen hinter Maximilian Beier
Einzig hinter Maximilian Beier muss noch ein Fragezeichen stehen. Der Ex-Hoffenheimer ist mit 28,5 Millionen Euro der teuerste Zugang des Sommers, er bleibt ein hervorragender Spieler – seinen Platz in Dortmund aber hat er noch nicht gefunden, als Aushilfs-Mittelstürmer enttäuschte er.
Das übrigens ist das Risiko, das im Dortmunder Transfersommer steckt: Der Kader wurde trotz höherer Belastung merklich ausgedünnt, einen zweiten Mittelstürmer gibt es nicht. Für Guirassy wie Groß gilt daher schon jetzt: Sie sind nicht nur starke Zugänge – sie sind schon jetzt unverzichtbar.