Guyancourt. Mixed- und Team-Formate sind in Paris in Mode. Bloß nicht beim Golf. Wenn das schon debattiert wird, dann gleich der Spielmodus mit.
Falls noch irgendjemand geglaubt hat, bei den Olympischen Spielen diktierten die Sportler den Ablauf, dürfte seit Beginn der Wettkämpfe in Paris eines Besseren belehrt worden sein. Es geht um die schönsten Bilder. Immer und überall. Das muss nicht zwangsläufig schlecht sein. Reiten in Versailles, Beachen unterm Eiffelturm, Fechten im Grand Palais, Erbrechen in der Seine. Wer will das nicht sehen?
Das olympische Golf-Turnier bildet da keine Ausnahme. Der Kurs „Le National“ in Guyancourt ist einer der schönsten der Welt. „Jedes Loch ein kleines Amphitheater wegen der Hügel für die Zuschauer drumherum“, schwärmt Jörg Schlockerman, Vorstand Kommunikation sowie Golfentwicklung im Deutschen Golf Verband, und Delegationsleiter in Paris.
Olympia in Paris: Golf ist eine Sportart entgegen dem allgemeinen Trend
Schon beim Turnier der Herren waren die Naturtribünen so prall gefüllt, dass Bundestrainer Stephan Morales vor Beginn der Damen-Konkurrenz am Mittwoch hoffte, seine Schützlinge Esther Henseleit (Hamburg) und Alexandra Försterling (Berlin) „lassen sich nicht zu sehr von der Kulisse beeindrucken“. „Da kam Ryder-Cup-Stimmung auf“, sagte Schlockermann.
Was das Turnier vor den südwestlichen Toren von Paris dagegen nicht mit dem prestigeträchtigen der besten Spieler Europas und Vereinigten Staaten gemein hat, ist der Modus. Der Grund hierfür: die Bilder. Während der Ryder Cup im Matchplay ausgetragen wird, wird bei Olympia im traditionellen Zählspiel entschieden.
Zählspiel oder Matchplay: Die TV-Anstalten entscheiden
Zur Erläuterung: Beim Zählspiel ist die Gesamtanzahl der Schläge über den Zeitraum des Wettkampfs maßgeblich. Matchplay ist ein Duell Loch um Loch, wer weniger Schläge benötigt, bekommt einen Punkt. Es gilt als die spannendere Variante. Man stelle sich ein Duell Mann gegen Mann an Loch 18 um die Goldmedaille vor.
„Wir würden die Diskussion darüber gern für Los Angeles 2028 anstoßen“, sagt Schlockermann. Beim Zählspiel kann ein schlechtes Loch, und auf „Le National“ ist das Rough besonders unerbittlich, alle Medaillenträume begraben. So geschehen bei Matthias Schmid, der sich zwei schwache Löcher erlaubte und letztlich wie Stephan Jäger geteilter 26. wurde.
Warum es im Golf bei Olympia keinen Mixed-Wettbewerb gibt
Der entscheidende Nachteil des Matchplays: „Es kann vor Loch 18 schon alles entschieden sein“, sagt Schlockermann. TV-Anstalten könnten dadurch wesentlich schlechter planen. Die Macht der Bilder. Schlockermann schlägt daher ein geteiltes Format vor: zwei Runden Zählspiel, dann zwei Runden Matchplay zur Entscheidung.
Auf den ersten Blick ebenfalls überrascht, dass erst die Golfer, dann die Golferinnen ihre Spiele absolvieren und sonst nichts geschieht, während bei Olympia ansonsten immer mehr Mixed- und Team-Wettbewerbe stattfinden. Der Grund hierfür ist der neben den Bildern maßgebliche: Geld.
Umdenken setzt ein, Olympiasieger Scottie Sheffler weint
Die Profis auf der PGA-Tour sowie der LIV-Tour (das ist die „Saudi-Tour“) können es sich nicht leisten, länger bei Olympia zu verweilen. Das heißt, sie könnten es sich finanziell schon leisten, aber die Tour-Ausrichter setzen gnadenlos Turniere an. An diesem Wochenende ist die Wyndham Championship in den USA.
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Allerdings scheint ein Umdenken stattzufinden. Wer sah, wie hemmungslos Olympiasieger Scottie Scheffler (28/USA), ein zweifacher Major-Gewinner und Multimillionär, auf dem Siegertreppchen schluchzte, dem wurde die Bedeutung von Olympia gewahr. „Vielleicht ist die Bereitschaft für einen Mannschaftswettkampf in vier Jahren höher“, sagt Schlockermann. Es würde gewiss auch schöne Bilder produzieren.