Paris. Als krasser Außenseiter zu Olympia nach Paris gereist, entsteht gerade eine der positivsten Geschichten des Teams Deutschland.
Es gab Redebedarf bei den deutschen 3x3-Basketballerinnen. Es hatten sich ein paar Fehler zu viel ins Spiel gegen Spanien auf dem Place de la Concorde eingeschlichen, also rief Kapitänin Svenja Brunckhorst ihre drei Kolleginnen 45 Sekunden vor Schluss zur Auszeit zusammen. Zwar bei 16:15-Führung, aber bei spanischem Ballbesitz. Hoch riskant, da die Ibererinnen so in Ruhe einen Spielzug vorbereiten konnten.
Doch die Deutschen waren vorbereitet, klauten direkt den Ball. Wenig später stand es 18:15, und der „Wahnsinn, einfach nur Wahnsinn“, wie Brunckhorst es nannte, war zur Realität geworden. Brunckhorst (32), Sonja Greinacher (32), Marie Reichert (23) und Elisa Mevius (20) stehen im Halbfinale der Olympischen Spiele in Paris.
Olympia: Deutsche 3x3-Basketballerinnen stehen im Halbfinale
Das ist eine der größten Geschichten des Teams Deutschland bei ansonsten bisher eher erfolglosen Spielen. Ziemlich auf den letzten Drücker hatten sich die deutschen Damen für die zweite olympische Ausgabe der kurzweiligen Basketball-Variante auf einen Korb qualifiziert. Ins Turnier waren sie als krasser Außenseiter gegangen. Dann gewannen sie sechs ihrer sieben Partien und zogen als Gruppensieger ins Halbfinale ein.
„Ich check‘ es nicht. Nach dem Spiel hatte ich direkt einen emotionalen Breakdown, weil ich es nicht fasse. Da sind ein paar Tränen geflossen“, sagte Brunckhorst. Und immer muss es so knapp sein! Was freilich auch am Modus des 3x3 über nur zehn Minuten oder bis 21 Punkte liegt. Deutschland scheint diese engen Entscheidungen aber geradezu zu suchen.
Blindes Vertrauen und Clutch-Mentalität: Deutschlands Erfolgsformel bei Olympia
Warum auch nicht? „Uns zeichnet eine Clutch-Mentalität aus. Egal, in welcher Situation wir sind, uns fällt immer eine Antwort ein“, sagte Brunckhorst. Ihr Team zeichnet allerdings noch viel mehr aus. Eine technische wie athletische Varianz zum Beispiel. Jede Spielerin kann fast alles.
„Unser Vertrauen ineinander ist unglaublich, in solch einer Mannschaft habe ich lange nicht mehr gespielt. Wir verstehen uns blind“, sagt Brunckhorst. Sie und Greinacher besitzen die Erfahrung, „Marie und Elisa bringen den Speed in unsere alte Truppe“, sagt die Kapitänin.
Und nun? Wollen sich die deutschen 3x3-Basketballerinnen mit einer Medaille belohnen
„Splash“, ruft der Arenamoderator nach fast jedem von Mevius‘ rotzfrech herausgezockten Körben. Es soll bedeuten, dass da eine gerade alle nass macht. „Splash, Wasserfall“ oder „Splash, Whirlpool“ lauten die mitunter sehr bemühten Varianten. Muss man nicht mögen, aber es ist Teil der Show beim 3x3.
Die geht für die deutschen Damen am Montag in der Vorschlussrunde weiter. „Nun wollen wir uns belohnen“, sagt Brunckhorst, die nach Olympia ihre Karriere beendet, um sich komplett auf ihren Job als Managerin der Bundesliga-Frauen von Alba Berlin zu konzentrieren. „Sowas in meinem letzten Turnier zu erleben, das begreife ich gar nicht richtig“, sagte die 83-fache Fünf-gegen-Fünf-Nationalspielerin. Noch am Sonnabendabend ging es in den Performance Hub im Deutschen Haus, um bestmöglich zu regenerieren.
Bundestrainer Samir Suliman: „Sie inspirieren ganz viele Mädchen“
Ob nun am Montagabend mit Medaillen behangen oder nicht, etwas haben Deutschlands 3x3-Basketballerinnen bereits jetzt geschafft. „Sie inspirieren hoffentlich ganz viele Mädchen da draußen, die jetzt so sein wollen wie Sonja Greinacher oder die anderen. Sie sollen einfach rausgehen und Basketball spielen“, sagte 3x3-Disziplintrainer Samir Suliman (50).
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Bis dahin gibt es weiter Redebedarf. Es wird über die grandiosen Brunckhorst, Greinacher, Reichert und Mevius zu reden zu sein.