Düsseldorf. Nach seinem Nasenbeinbruch gegen Österreich bangt Frankreich um Kylian Mbappé. Der EM-Auftakt hat gezeigt, wie wichtig der Topstar ist.

Noch in der Nacht meldete sich Kylian Mbappé selbst: „Des idées de masques?“, twitterte er, gibt es Ideen für Masken? Ein spaßiger Tweet mit nicht ganz so spaßigem Hintergrund, denn der französische Topstürmer brauchte die Maske ja nicht als nettes Karnevalsutensil, sondern aus rein medizinischen Gründen: Beim 1:0 (1:0)-Auftaktsieg im EM-Spiel gegen Österreich hatte er sich in der Schlussphase das Nasenbein gebrochen.

Am späten Dienstagnachmittag vermeldete dann die gewöhnlich gut informierte L‘Équipe, dass der Stürmerstar am Freitag gegen die Niederlande (21 Uhr/ARD und Magenta) ausfällt. Der französische Fußballverband wies dies vorerst zurück und kündigte ein Update am Mittwoch an. Sonderlich überraschend wäre ein Ausfall aber nicht, wenn man das viele Blut in Mbappés Gesicht gesehen hatte, nachdem der mit Kevin Dansos Schulter kollidiert war. Es waren Bilder, die die französische Nation in Sorge versetzten, zumindest jenen beträchtlichen Teil, der sich für Fußball interessiert. Wer die aufgeregt umherlaufenden französischen Journalisten in den Katakomben des Düsseldorfer Stadions erlebte, der musste den Eindruck bekommen, dass hier eine Staatsaffäre behandelt wurde – mindestens.

Schmerzhafte Begegnung: Frankreichs Kylian Mbappe (rechts) kollidiert mit Österreichs Kevin Danso – und bricht sich dabei das Nasenbein.
Schmerzhafte Begegnung: Frankreichs Kylian Mbappe (rechts) kollidiert mit Österreichs Kevin Danso – und bricht sich dabei das Nasenbein. © Getty Images | Lars Baron

Immerhin: Operiert werden musste der Angreifer nicht, um ein Uhr nachts konnte er die Düsseldorfer Uni-Klinik wieder verlassen. Und der französische Verband ließ zunächst wissen, dass nun eine Maske gefertigt werde, die es Mbappé ermögliche, „nach einer gewissen Zeit der Behandlung eine Rückkehr ins Spiel zu erwägen“. Das ließ reichlich Raum für Spekulationen, in den die französischen Zeitungen ähnlich blitzartig hineinstießen wie Mbappé am Abend zuvor in gelegentlich aufgehende Lücken im österreichischen Abwehrverbund.

Prognose zu Kylian Mbappés Ausfallzeit steht noch aus

Le Figaro beispielsweise brachte eine Pause von 15 Tagen ins Spiel, womit der Starstürmer erst bei einem möglichen Viertelfinale wieder einsatzfähig wäre. Le Parisien dagegen wollte erfahren haben, dass Mbappé erwäge, gegen die Niederlande wieder aufzulaufen. Und schließlich die Meldung, dass der Star-Angreifer wohl ausfällt. Zu schwer sei die Verletzung, zu kurz sei die Zeit, um rechtzeitig eine passende Maske herzustellen. So oder so passte das Fazit von Trainer Didier Deschamps vom Montagabend: „Wir haben keine Federn gelassen – aber eine Nase.“

Das Bangen um den Torriecher der Nation war damit natürlich nicht ausgeräumt, denn in einem waren sich alle Parteien einig: Ein Ausfall des besten Angreifers wäre für die Franzosen ein herber Schlag. „Ich hoffe, dass sie ihn möglichst schnell wieder herstellen“, sagte Innenverteidiger William Saliba stellvertretend für viele Mannschaftskollegen. „Denn wir brauchen ihn.“

Kylian Mbappé war prägende Figur in Frankreichs Offensive

Gegen Österreich hatte Mbappé zwar kein Tor erzielt, war aber dennoch prägende Figur in der Offensive gewesen: Den einzigen Treffer der Partie verantwortete er wesentlich mit, weil er Österreichs Linksverteidiger Philipp Mwene überlief und scharf nach innen flankte, wo Maximilian Wöber den Ball per Kopf ins eigene Netz lenkte (38.). Drei weitere gute bis sehr gute Chancen ließ der künftige Madrilene zudem ungenutzt.

Er entscheidende Moment: Der Ball liegt im Tor, die Franzosen jubeln – und Eigentorschütze Maximilian Wöber (2.v.r.) schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.
Er entscheidende Moment: Der Ball liegt im Tor, die Franzosen jubeln – und Eigentorschütze Maximilian Wöber (2.v.r.) schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. © dpa | Fabian Strauch

Mbappé spielte die Hauptrolle, weil das Spiel ja nach wie vor komplett auf ihn zugeschnitten ist. Nach wie vor setzen die Franzosen weniger auf raffiniertes Kombinations- und Ballbesitzspiel, sondern vor allem auf überfallartiges Konterspiel über ihre schnellen Angreifer, von denen Mbappé der schnellste und gefährlichste ist. „Er ist auch nur ein Mensch wie wir alle“, meinte Österreichs Torhüter Patrick Pentz zwar, fügte aber nach kurzer Pause selbst hinzu: „Er ist halt schneller als die meisten von uns.“

Österreich agierte auf Augenhöhe mit dem großen Favoriten Frankreich

Gepaart mit exzellenter Technik ergibt das eine Kombination, die die Österreicher vor einige Probleme stellte – obwohl sie nach schwacher Anfangsphase mehr und mehr auf Augenhöhe agierten mit dem großen Favoriten aus Frankreich und sich am Ende ärgern mussten, mit leeren Händen dazustehen. Die Handschrift von Trainer Ralf Rangnick war abermals klar zu erkennen. Als sie nach 20 Minuten ins Spiel gefunden hatten, setzten sie die Franzosen aggressiv unter Druck, liefen sie weit in deren Hälfte an, störten so das Aufbauspiel effektiv und wussten auch mit dem Ball etwas anzufangen – wenngleich die ganz großen Chancen trotz guter Ansätze Mangelware blieben. „Wir spielen selbstbewusster, wir pressen, wir sind auch mit dem Ball aktiv“, beschrieb Pentz die Fortschritte in den etwas über zwei Jahren unter dem deutschen Trainer. „Die anderen Nationen spielen nicht gerne gegen uns.“ Als nächstes sollen das am Freitag (18 Uhr/ARD und Magenta) die Polen zu spüren bekommen.

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Und so klang bei den Franzosen viel Erleichterung durch, dass sie die knifflige Aufgabe erfolgreich gelöst hatten. „Wir müssen ein paar Dinge besser machen“, sagte Saliba. „Aber das Wichtigste ist, dass wir gewonnen haben.“ Und das zweitwichtigste wird sein, dass Kylian Mbappé schnellstmöglich wieder auf dem Platz stehen kann.