München. Beim 8:1 gegen Mainz wird der FC Bayern nach langer Zeit mal wieder seinem Ruf als Ausnahmemannschaft der Bundesliga gerecht.
Rund eine Stunde nach dem Abpfiff kam der Rekordmann noch einmal in die nun fast leere Arena. Doch jetzt ging es für Harry Kane nicht darum, seinen drei Toren und zwei Vorlagen gegen Mainz 05 weitere hinzuzufügen. Vielmehr betätigte sich der Angreifer des FC Bayern bei seinem späten Gang auf den Rasen als Förderer seines Nachwuchses. Zum Abschluss eines aus Münchener Sicht sehr gelungenen Samstags kickte Kane im Kreise seiner Familie vergnügt dem Feierabend entgegen. Und zwar mit jenem Spielball, den er als Erinnerungsstück an seinen bereits vierten Dreierpack der Saison behalten hatte. Vereinzelt waren noch Menschen auf der Tribüne und in den Logen zu sehen, ein paar Harry-Rufe hallten durchs Stadion. Kane winkte.
FC Bayern: Kane fehlen nur noch elf Tore zum Lewandowski-Rekord
Im Wimmelbild der Münchener Glückseligkeit hatten während des 8:1 (3:1)-Sieges mit einer lange vermissten Leichtigkeit auch sehr viele andere Menschen Platz gefunden, darunter Ehrenpräsident Uli Hoeneß und der neue Sportvorstand Max Eberl. Wie die gesamte Vereinsführung strahlten Hoeneß und Eberl um die Wette, als sie in der rauschhaften zweiten Halbzeit aus dem Applaudieren kaum noch herauskamen. Vor allem bei Kane, der mit seiner vierten Tor-Trilogie in seiner ersten Bundesliga-Saison (13./45.+7 und 70.) ebenso einen Rekord aufgestellt hatte wie mit seinem Gesamtertrag von nun 30 Toren nach den ersten 25 Einsätzen. Robert Lewandowski hatte auf dem Weg zu seiner Bestmarke von 41 Toren in der Saison 2020/21 zu diesem Zeitpunkt zwar schon zwei Treffer mehr für die Bayern erzielt. Doch Thomas Tuchel schließt für Kane nichts aus. „Ich traue Harry alles zu“, sagte der Trainer, der sich trotz seines Zehenbruchs rege an der Jubelarie beteiligt hatte. Getroffen hatten beim zweithöchsten Saisonsieg der Bayern nach dem 8:0 gegen Darmstadt zudem Leon Goretzka (19./90.+2), Thomas Müller (47.), Jamal Musiala (61.) und Serge Gnabry (66.).
Weiterkommen in der Champions League verleiht FC Bayern neue Kräfte
Der Abstiegskandidat Mainz war nach Nadiem Amiris tollem Schuss aus 25 Metern zum 2:1 (31.) zwar kurz dem Ausgleich nahegekommen. Doch diesmal konnten die Defizite der Bayern als Marginalien vernachlässigt werden. Der Auftritt hatte vor allem den Eindruck vom Dienstag bestätigt, als die Münchener durch ein souveränes 3:0 gegen Lazio Rom ins Viertelfinale der Champions League eingezogen waren. Nach dem nächsten klaren Sieg ließ sich festhalten: Der zuletzt kriselnde FC Bayern wird langsam wieder der FC Bayern und seinem Ruf als Ausnahmemannschaft der Bundesliga gerecht.
+++ Aus beim FC Bayern: Thomas Tuchel ist krachend gescheitert +++
„Das war ein sehr überzeugender Sieg von uns. Wir haben über 90 Minuten ein sehr gutes und konsequentes Spiel gemacht“, sagte Goretzka. Viel hatte das damit zu tun, dass das Herz der Bayern emotional und inhaltlich wieder schlägt, wenn auch etwas anders als gewohnt. Doch es fügte sich ins Bild des gelungenen Nachmittags, dass jene beiden deutschen Nationalspieler den Schlusspunkt gesetzt hatten, über die seit Saisonbeginn sehr viel debattiert worden war. Tuchel hatte dazu maßgeblich beigetragen, weil er Joshua Kimmich und Goretzka die Qualitäten eines durchweg defensiv denkenden Sechsers abgesprochen hatte.
FC Bayern: Kimmich und Goretzka mit starken Leistungen
Nun hatte der wieder als Rechtsverteidiger aufgebotene Kimmich sehenswert geflankt und der defensive Mittelfeldspieler Goretzka zum Endstand per Kopfball vollendet. Mit einem schnell ausgeführten Freistoß hatte Kimmich bereits das 2:0 eingeleitet. Ohnehin führte er viele Statistiken an, von den Ballkontakten bis zur Vorbereitung von Torchancen. „Ich kenne keinen Rechtsverteidiger auf der ganzen Welt, der auf dieser Position so viel Einfluss auf das Spiel haben kann“, sagte Goretzka über Kimmich. Doch noch mehr hatte der Lobende auf sich aufmerksam gemacht. „Leon war wahrscheinlich der Spieler des Spiels“, befand Tuchel.
Erstmals in seiner Karriere hatte Goretzka je zwei Tore und Vorlagen in einer Partie angehäuft. Damit sendete er kurz vor der Nominierung des Kaders am Donnerstag für die Länderspiele in Frankreich und gegen die Niederlande auch ein Signal an Julian Nagelsmann. Für den Bundestrainer zählte zu den guten Nachrichten ebenso, dass sich Kimmich mit der Rolle als Rechtsverteidiger wieder angefreundet hat, die er auch im DFB-Team übernehmen soll. Zudem hatten sich die weiteren deutschen Nationalspieler Musiala, Müller und Gnabry hervorgetan. Gnabry war nach seiner dreimonatigen Verletzungspause der kunstvollste Treffer gelungen. Mit dem Rücken zum Tor hatte er Goretzkas weites Zuspiel aus der Drehung direkt abgeschlossen, und zwar mit der Hacke durch die Beine des Mainzer Torwarts Robin Zentner. „Ein spektakuläres Tor“, sagte Tuchel, „großartig.“