Düsseldorf. Die Rheinbahn steht, die Fahrgäste sind sauer. Worum geht es eigentlich bei diesem Streik? Busfahrer erzählen, was den Job so stressig macht.

Auf die Düsseldorfer Rheinbahn ist so mancher an diesem Donnerstagmorgen nicht gut zu sprechen. Eine Frau, die auf einem Leihrad im Nieselregen an der Ampel steht, schimpft über den erneuten Stillstand der Bahnen und Busse: „Was soll das? Die haben doch kaum erst gestreikt.“ Wer kein eigenes Auto hat und nicht im Homeoffice arbeiten kann, hat heute Probleme. Denn bis auf einige wenige Busse, die von Fremdfirmen bewegt werden, stehen die Fahrzeuge des Verkehrsunternehmens still. Einen Tag vor der zweiten Runde der Tarifverhandlungen am Freitag, 16. Februar, in Bochum folgen auch die 3500 Mitarbeiter der Rheinbahn dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi zum Warnstreik.

Im Düsseldorfer Streik-Lokal der Rheinbahn gibt es Kaffee, Brötchen und Stollen

In der Kantine des Lierenfelder Betriebshofes riecht es nach Kaffee. Rheinbahn-Mitarbeiterin Sigrun Kruse-Heckmann schmiert Brötchen im Akkord. Außerdem gibt es Schokolade und sogar noch Christstollen. „Der ist ganz frisch“, sagt Heiko Goebel. Aber eigentlich hat der Vorsitzende der Nahverkehrsgewerkschaft anderes im Sinn, als über die Qualität von süßem Gebäck zu sprechen. Es geht um die Arbeitsbedingungen der Belegschaft. Goebel trägt die leuchtend blaue Warnweste seiner Gewerkschaft, um im Schulterschluss mit den Kollegen von Verdi ein breites Kreuz für das Wohl der Mitarbeiter zu machen.

Das Tor am Betriebshof der Rheinbahn in Düsseldorf-Liefenfeld ist zu: Gewerkschaftsvorsitzender Heiko Goebel erklärt, worum es bei dem Streik geht.
Das Tor am Betriebshof der Rheinbahn in Düsseldorf-Liefenfeld ist zu: Gewerkschaftsvorsitzender Heiko Goebel erklärt, worum es bei dem Streik geht. © NRZ | jum

Einer von ihnen ist Hicham Chaouki, seit zwölf Jahren bei der Rheinbahn. Er ist Straßenbahnfahrer, seinen Job macht er gerne, wie er sagt. Aber die Bedingungen würden immer schlechter. Chaouki nennt ein Beispiel: „Es gibt viel zu wenig Zeit zwischen unseren Diensten.“ Die Mindest-Ruhezeit beträgt zehn Stunden. „Manche Kollegen wohnen weit weg. Bis die zuhause sind, dauert es. Da bleibt kaum Zeit zu schlafen.“ Seine Gewerkschaft fordert eine Mindest-Ruhezeit von zwölf Stunden.

„Ich habe eine Familie zu ernähren“
Horst Kolbe - Busfahrer bei der Rheinbahn in Düsseldorf

Auch Horst Kolbe sitzt seit vielen Jahren bei der Rheinbahn am Steuer. „Ich bin Busfahrer“, sagt der 49-Jährige und beißt in ein Brötchen. Dass er heute nicht arbeiten kann, gefällt ihm gar nicht. Weil er durch den Streik weniger Geld verdient. „Ich habe eine Familie zu ernähren“, berichtet er. Und das Geld sei eh schon knapp. Ein Berufsanfänger verdient bei der Rheinbahn 2646,18 Euro. „Davon wird man nicht reich“, meint Thomas Thiel, seit 34 Jahren Bus- und Straßenbahnfahrer. Was die Bezahlung betrifft, so ist allerdings Besserung in Sicht. Ab dem 1. März gibt es mehr Geld. Das Einstiegsgehalt liegt dann bei 3000 Euro.

„Ja, beim Geld hat sich zum Glück schon etwas getan“, sagt Gewerkschaftsmann Goebel. „Aber das reicht nicht. Wir brauchen unbedingt bessere Arbeitsbedingungen, damit der Job wieder attraktiv wird.“ Mindestens 200 Mitarbeiter würden der Rheinbahn fehlen. „Wir finden einfach keine Leute.“

Am Streiktag versammeln sich die Düsseldorfer Rheinbahn-Mitarbeiter in der Kantine in Lierfeld.
Am Streiktag versammeln sich die Düsseldorfer Rheinbahn-Mitarbeiter in der Kantine in Lierfeld. © NRZ | jum

Busfahrer Horst Kolbe erklärt, was seinen Job so stressig macht. „Wenn du einen 18-Tonner fährst, dann musst du voll konzentriert sein. Da ist so schnell etwas passiert.“ Gleichzeitig bekomme man als Busfahrer den ganzen Frust der Leute ab. Verspätungen gebe es ständig, da einfach zu wenig Personal da sei. Und wenn sein Bus nicht pünktlich am Ziel ankommt, dann hat auch Horst Kolbe ein Problem. Denn die „Wendezeit“ vor der Rückfahrt, wo der Fahrer eigentlich eine Pause hätte, verkürzt sich dadurch ebenfalls „Da bleibt dir manchmal kaum noch Zeit für die Toilette oder das Butterbrot.“

Heiko Goebel hat eine lange Liste, mit der die Gewerkschaft NahVG in die Tarifverhandlungen geht. Es wird unter anderem auch noch um die Forderung gehen, dass die Fahrer der Rheinbahn eine Zulage für den ständigen Wechsel zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht bekommen. „In fast allen anderen Branchen wird das gezahlt“, sagt er.

Sie wollen bessere Arbeitsbedingungen für die Rheinbahn in Düsseldorf: Busfahrer Horst Kolbe (links), sein Kollege Thomas Thiel und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Renate Büttner.
Sie wollen bessere Arbeitsbedingungen für die Rheinbahn in Düsseldorf: Busfahrer Horst Kolbe (links), sein Kollege Thomas Thiel und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Renate Büttner. © NRZ | jum

Dass viele Kunden der Rheinbahn wütend über den Warnstreik sind, kann Heiko Goebel übrigens verstehen. „Ich muss ehrlich sagen, dass ich es besser gefunden hätte, wenn wir erst bei festgefahrenen Verhandlungen gestreikt hätten.“ Aber da Verdi zum Streik aufgerufen hatte, habe man bei der Nahverkehrsgewerkschaft die Belegschaft nicht spalten wollen und deshalb mitgezogen.

Warum der Streik am Ende laut Gewerkschaft auch den Fahrgästen in Düsseldorf hilft

Und wie erklärt er den Streik den Kunden, die heute durch den Regen geradelt sind oder mit dem Taxi fahren mussten? „Ich würde sagen: Liebe Leute, ihr wollt doch alle mit ausgeruhten Fahrern in einem pünktlichen ÖPNV fahren. Dafür machen wir uns stark.“ Langfristig, so Goebel, kommen bessere Arbeitsbedingungen nicht nur den Mitarbeitern der Rheinbahn, sondern auch den Fahrgästen zugute. Und der Umwelt: „Wir sollten uns mal wieder daran erinnern, dass wir von einer Verkehrswende reden.“

  • Die Düsseldorfer Polizei hat den Straßenverkehr am Tag des Rheinbahn-Streiks besonders aufmerksam beobachtet. „Wir hatten aber kein besonders großes Chaos“, sagt Pressesprecher Tim Freigang. Er spricht vom „üblichen Wahnsinn auf Düsseldorfs Straßen.“
  • Es gab ein „erhöhtes Verkehrsaufkommen“, aber keine außergewöhnlichen Schwerpunkte, an denen sich die Autos gestaut haben.
  • „Vermutlich sind auch so einige im Homeoffice geblieben“, so Polizeisprecher Kim Freigang.