Den Haag. In knapp drei Wochen wird in den Niederlanden ein neues europäisches Parlament gewählt. Eine Umfrage zeigt nun, welche Partei vorne liegt.
Dass in gut dreieinhalb Wochen ein neues europäisches Parlament gewählt wird, davon ist in den Niederlanden wenig zu spüren. Wahlplakate und TV-Kampagnen sucht man vergebens. Allein ein Schreiben der zuständigen Stadtverwaltung erinnert EU-Ausländer daran, sich bitte online zu registrieren, um am 9. Juni wählen zu können.
Seit Donnerstagvormittag ist immerhin klar: Vier rechte Parteien stellen fortan die Regierung in den Niederlanden: Die rechtsextreme PVV von Geert Wilders, die konservativ-liberale VVD des ehemaligen Ministerpräsidenten Mark Rutte, die Bauern-Bürger-Partei BBB unter Caroline van der Plas sowie die Christdemokraten des Neuen Sozialvertrages NSC mit Parteichef Peter Omtzigt.
Erhebungen zufolge käme die PVV auf insgesamt neun Sitze
Das Sozial-, Politik- und Marktforschungsunternehmen Ipsos Global befragte im März im Auftrag von Euronews fast 26.000 wahlberechtigten Europäer in 18 EU-Mitgliedstaaten. Die Niederlande haben Anspruch auf 31 Sitze, von denen der Erhebung zufolge die PVV auf neun Sitze käme. Nach weiteren Umfragen des Politikforschungsunternehmens Ende März gibt ein Viertel der Niederländer, die bei den Europawahlen am 6. Juni ihre Stimme abgeben wollen, an, dies für die PVV zu tun.
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Da die Rechtsextremen von Geert Wilders derzeit keinen Sitz im Europäischen Parlament haben, wären sie der große Gewinner der Wahl. Der PVV folgen in dieser Umfrage das Bündnis aus Arbeiter-Partei PvdA und Grün-Links (GL) mit sechs Sitzen und die konservative Ex-Rutte-Partei VVD mit fünf Sitzen.
Fast alle niederländischen Parteien gehören einer europäischen Fraktion an
Auffällig, so Ipsos Global, sei, dass anders als bei den Parlamentswahlen im November der Unterschied zwischen Platz 1 und 2 deutlich geringer ausfalle. 22 Prozent gegenüber 16 Prozent der Stimmen bzw. 49 gegenüber 25 Sitzen.
Fast alle niederländischen Parteien gehören einer europäischen Fraktion an. Identität Demokratie, eine Fraktion rechtspopulistischer, nationalistischer und rechtsextremer Parteien, wäre aktuell führend, unter anderem durch neun Sitze der PVV. Danach erhält RENEW Europe sieben Sitze, fünf von der liberal-konservativen VVD und zwei von der linksliberalen D66.
Das Bündnis GL-PvdA schickt Bas Eickhout als Spitzenkandidat in die Europawahl
Das Bündnis GL-PvdA teilt ihre sechs Sitze aufgrund früherer Allianzen auf zwei europäische Fraktionen auf. GL würde wie im Jahr 2019 drei Sitze an die Grünen/Europäische Freie Allianz abgeben. Darüber hinaus würde die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten drei Sitze von niederländischen PvdA-Wähler erhalten. Damit schrumpft die PvdA-Fraktion in Europa: Bei den letzten Wahlen hatte sie sechs Sitze bekommen. Das Bündnis schickt Bas Eickhout als Spitzenkandidaten in die EU-Wahl. Eickhout sitzt seit 2009 für die Grün-Linke im Europäischen Parlament und gilt dort als der einflussreichste Niederländer.
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Die Europäische Volkspartei (EVP), die größte Fraktion im Europäischen Parlament, könnte fünf Sitze aus den Niederlanden erhalten: zwei Sitze von den Christdemokraten der CDA und der erst im Jahr 2023 gegründeten NSC sowie ein Sitz von der Bauern-Bürger-Partei BBB. Die Linksfraktion im Europäischen Parlament erhält zwei Sitze, einen von der Tierschutzpartei PvdD und einen von der sozialistischen Partei SP.
Das Interesse an der Europawahl hält sich in den Niederlanden in Grenzen
Während die Europa-Wahlen in anderen Ländern von großen Kampagnen begleitet werden, fällt das Interesse in den Niederlanden eher dürftig aus. Der Durchschnittsbürger wisse nicht, wen sie wählen sollen, erklärt Chris Aalberts, Politikanalyst und Journalist, gegenüber dem Radiosender BNR.
Diese Vermutung stützen auch die Zahlen der letzten EU-Wahlen im Jahr 2019. Auch wenn die Wahlbeteiligung mit mehr als 50 Prozent europaweit ein historisches Hoch erreichte, so lag sie in den Niederlanden bei nur 41 Prozent. Mehr als die Hälfte der Niederländer ging nicht wählen, wohingegen die Wahlbeteiligung für die Parlamentswahlen im November mit 77 Prozent beinahe doppelt so hoch war.
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Ähnlich schätzt dies auch der ehemalige Ministerpräsident Mark Rutte ein, bei einem europäischen Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel zur europäischen Verteidigung und Lage in der Ukraine Mitte März. „In den Niederlanden ist es leider immer schwierig, eine gute Wahlbeteiligung für das Europäische Parlament zu erreichen. In anderen Ländern ist das natürlich anders.“
Noch sei es in den Niederlanden zu früh auf die Europawahl hinzuweisen
Es sei eine Huhn-Ei-Diskussion, sagt Gerben-Jan Gerbrandy von Renew Europe, jener europäischen Fraktion, der die linksliberale niederländische Partei D66 angehört, im Gespräch mit BNR. In den niederländischen Medien werde nicht viel über die Europaabgeordneten berichtet, denn die gesellschaftspolitische Debatte in den Niederlanden sei sehr national organisiert und ausgerichtet. „Ich glaube, wenn man die Leute fragt, wer die Kandidaten der großen Parteien für das Europäische Parlament sind, wissen sie es nicht“, so Aalberts.
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Ruttes Meinung nach sei es noch zu früh, um bereits auf die Europawahlen am 6. Juni - In den Niederlanden wird drei Tage früher als in Deutschland gewählt - hinzuweisen. Denn dann könnte die Aufmerksamkeit der niederländischen Wählerinnen und Wähler tatsächlich wieder abebben. In den Niederlanden ist es üblich, dass diese sich binnen der letzten Tage entscheiden. Darum wird aktuell auch vor allem auf die letzten vier Wochen vor der EU-Wahl geschaut.