Den Haag. Die Niederlande hat die rechteste Regierung in seiner Geschichte. PVV, VVD, BBB und NSC versprechen, dass alles anders werden soll.

Am Donnerstagvormittag war es so weit: In Den Haag wurde das Koalitionsabkommen von PVV, VVD, BBB und Christdemokraten (NSC) mit dem Titel Hoffnung, Mut und Stolz der Öffentlichkeit präsentiert. Darin steht einleitend: „Trotz guter Absichten hat die Regierung in den vergangenen Jahren darin versagt, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. Wir schlagen einen neuen Weg ein.“ Was damit konkret gemeint ist, wird sofort deutlich – zumindest hinsichtlich Migration und Klimaschutz. „Ob es um die Sicherung des Lebensunterhalts geht, um Pflege oder Geld im Portemonnaie oder um die Verfügbarkeit von ausreichendem Wohnraum, unser Ehrgeiz ist groß. Wir wollen auch den viel zu hohen Zustrom von Asylbewerbern und Einwanderern umkehren. Wir wollen, dass Bauern, Gärtner und Fischer wieder eine Zukunft haben.“

Einkommenssteuer soll gesenkt werden

Einer der großen Faktoren der Koalition ist die Existenzsicherung von Niederländern durch eine Senkung der Einkommenssteuer, die Bereitstellung kostenloser Kinderbetreuung und die Halbierung des Selbstbehalts bei Krankenversicherungen ab 2027.

Hinsichtlich Zuwanderung ist die Rede von „der strengsten Zulassungsregelung für Asyl und das umfassendste Migrationskontrollpaket aller Zeiten.“ Dies umfasst unter anderem ein sogenanntes Asylkrisengesetz mit einer Dauer von zwei Jahren, mit Aussetzung der Bearbeitung von Asylanträgen, Abschaffung von unbefristetem Asyl und Ausweisungen von Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel, notfalls unter Zwang. Polizei und Justiz sollen künftig 300 Mio. Euro zusätzlich erhalten und es kommt eine Erhöhung der Höchststrafen im Jugendstrafrecht. Außerdem soll es strengere Regeln für Gebetsrufe von Moscheen geben.

„Ende des grünen Tatendrangs“

Hatten die bisherige Stickstoffpolitik, potenzielle Begrenzungen von Viehbeständen und möglicher Aufkauf landwirtschaftlicher Betriebe durch den Staat heftige Debatten ausgelöst, sorgt die neue rechts-populistische Regierungskoalition laut der niederländischen Tageszeitung Trouw nun für ein „Ende des grünen Tatendrangs.“

Gemäß des Koalitionsabkommens soll es weder eine Zwangsenteignung von Landwirten noch eine Reduzierung von Nutztieren geben. Weiter soll die Verbrauchssteuer auf Kraftstoffe für Bäuerinnen und Bauern gesenkt werden.

Noch gilt in den Niederlanden Tempo 100 von 6 bis 19 Uhr. Die neue Regierung will das schnell ändern.
Noch gilt in den Niederlanden Tempo 100 von 6 bis 19 Uhr. Die neue Regierung will das schnell ändern. © dpa | Friso Gentsch

Tempolimit, Windräder, Kernkraft

Das Tempolimit auf Autobahnen soll, wo möglich, auf 130 km/h angehoben und dem Wohnungsbau Priorität vor der Errichtung von Windrädern gegeben werden. Außerdem sind vier neue Kernkraftwerke geplant.

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Kritik äußert der Mieterverein Woonbond und wirft der Koalition fehlende Absichten vor, die Wohnkrise wirklich anzugehen. „PVV, VVD, NSC und BBB entscheiden sich für höhere Mieten und weniger Neubau von Sozialwohnungen, während Hausbesitzer weiterhin hervorragend geschützt sind“, so die Reaktion laut der niederländischen Tageszeitung AD.

„Dieses Maßnahmenpaket untergräbt nicht nur die Grundwerte eines Großteils unseres Landes, sondern macht Flüchtlinge zum Sündenbock. Es soll dafür sorgen, dass sich Flüchtlinge in den Niederlanden so unwohl wie möglich fühlen“, so Frank Candel, Vorsitzender der Geflüchteten-Organisation VluchtelingenWerk Nederland gegenüber Algemeen Dagblad.

Ronald Plasterk (links) soll neuer niederländischer Ministerpräsident werden.
Ronald Plasterk (links) soll neuer niederländischer Ministerpräsident werden. © AFP | Koen Van Weel

Wilders verzichtet, Plasterk als Ministerpräsident im Gespräch

Der nächste Schritt ist der Aufbau des Kabinetts, wofür eine Dauer von fünf Wochen geschätzt wird. Die Entscheidung, wer Ministerpräsidentin oder Ministerpräsident wird, soll innerhalb einer Woche bekanntgegeben werden. Geert Wilders hatte bereits im Vorfeld verzichtet. Im Gespräch ist aktuell der ehemalige sozialdemokratische Minister Ronald Plasterk.