Aus den Niederlanden. Vielen Menschen machen Spritzen Angst. Eine niederländische Forscherin entwickelt eine App, die Betroffenen bei Corona-Impfungen helfen könnte.

Nadeln und Blut - davon wird vielen Menschen ganz schwummrig. Gerade beim Thema Corona-Impfung dürfte das für ein Dilemma sorgen: Ist die Angst vor dem Pieks stärker als der Wille zur Impfung? Um Menschen mit „prikangst“ – der Angst vor Spritzen und Nadeln – zu helfen, entwickelt die niederländische Wissenschaftlerin Lisanne Huis in ’t Veld zusammen mit der Universität Tilburg die App „FAINT-Game“. Mithilfe digitaler Spiele soll die Anspannung vor einer Impfung oder Blutabnahme runtergefahren werden.

Die 36-Jährige hofft, insbesondere während der Corona-Impfkampagne Menschen mit „prikangst“ weiterzuhelfen. Aber nicht nur. Entstanden sei die Idee durch ihre Arbeit mit Blutspenderinnen und Spendern bei der niederländischen Blutbank, so Lisanne Huis in ’t Veld. „Als ich mit einer Spenderin sprach, sah ich etwas Verrücktes passieren“, erinnert sie sich.

Angst vor Nadeln und Spritzen weit verbreitet

Auf Nachfrage habe die Frau immer wieder angegeben, dass es ihr gut ginge. Kurz darauf aber sei sie bleich geworden und in Ohnmacht gefallen. „Daraufhin bin ich in die Materie eingetaucht“, sagt die Wissenschaftlerin. Die sogenannte „prikangst“ käme häufiger vor als angenommen. Bis zu 35 Prozent der Erwachsenen hätten eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Angst vor Nadeln und Spritzen, sagt Lisanne Huis in ’t Veld. „Nadeln und Blut sind ein heftiger Stimulus. Davon hält das Gehirn gar nichts.“

Was zu heftigen körperlichen und emotionalen Reaktionen führen könne. Die Symptome reichen von Erbleichen über Herzrasen oder Schweißausbrüche bis hin zu Panik und Ohnmacht. Das führe auch dazu, dass Menschen Arztbesuche mieden und sich gar nicht erst impfen ließen, so Lisanne Huis in ’t Veld. Ein mögliches Problem für die Bekämpfung der Corona-Pandemie. „Aber ich wollte nicht nur zum Thema forschen, sondern eine Lösung finden“, sagt Lisanne Huis in ’t Veld.

Biofeedback: App soll helfen, Angst in den Griff zu kriegen

Seit vergangenem Sommer arbeitet sie deshalb an einem Prototyp der App, die in den kommenden drei Monaten „so schnell wie möglich“ fertig werden soll. Die App biete Spiele an, mit denen sich Menschen mit „prikangst“ etwa im Wartezimmer beschäftigen können. Doch es gehe nicht um die reine Ablenkung, die Menschen mit „prikangst“ nur bedingt helfe. Normalerweise lassen sich Angstsymptome wie Schwindel, Herzklopfen oder Ohnmacht bewusst nur schwer kontrollieren, wie Lisanne Huis in ’t Veld erklärt.

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Schlüssel der App sei die Biofeedback-Methode, die körperliche Vorgänge mit technischen Hilfsmitteln beobachtbar mache. So zeigt die App etwa ein blau eingefärbtes Puzzle an, das bei zunehmendem Stress zu verblassen beginnt, weil die App körperliche Symptome erkennt. Die Nutzerinnen und Nutzer erhielten dann die Ansage, die Farbe des Puzzles erhalten zu müssen, erklärt Lisanne Huis in ’t Veld. Durch unterbewusste Prozesse im Gehirn würden die Symptome tatsächlich reguliert – das Puzzle bleibt blau.

„Es klingt verrückt“, sagt Lisanne Huis in ’t Veld. „Aber Biofeedback ist eine wissenschaftlich erwiesene Methode, körperliche Reaktionen auf Stress und Angst unter Kontrolle zu kriegen.“ Noch wird die App getestet. Doch vielleicht können schon in den kommenden Monaten Menschen, die angespannt auf ihre Corona-Impfung warten, von Lisanne Huis in ’t Veld Forschungen profitieren.