Landau an der Isar. Drei Menschen starben bislang beim Hochwasser in Süddeutschland. Vom Niederrhein aus machte sich Hilfe auf den Weg. Was die Retter erleben.

Sie sind gekommen, um zu helfen: Im bayrischen Städtchen Landau, etwa auf halbem Wege zwischen Landshut und Deggendorf an der Isar gelegen, halten sich Fabian Friese und Jan Heykamp bereit. Zusammen mit Hunderten weiteren Helferinnen und Helfern von Deutscher Lebens-Rettungs-Gesellschaft und Deutschem Roten Kreuz haben sie sich vom Niederrhein aus auf den Weg gemacht, 700 Kilometer weit, um den Menschen im Freistaat zu helfen, die durch das Hochwasser bedroht sind. Insgesamt fünf sogenannte Wasserrettungszüge sind aus Nordrhein-Westfalen in den Süden geeilt. Aus Krefeld und den Kreisen Kleve, Wesel und Mettmann stammen die Helferinnen und Helfer.

Im Konvoi ging es für die Helferinnen und Helfer der DLRG die 700 Kilometer bis nach Bayern.
Im Konvoi ging es für die Helferinnen und Helfer der DLRG die 700 Kilometer bis nach Bayern. © DLRG-NR | DLRG-NR

Die Alarmierung, sie kam für Fabian Friese am Sonntagnachmittag nicht sonderlich überraschend. „Wenn man schon so viele Jahre dabei ist, dann hat man immer ein wenig das Auge auf der Hochwasserentwicklung, weiß, wenn sich etwas im Bundesgebiet entwickelt“, berichtet Friese. Lange packen musste er nicht. „Viele Dinge liegen quasi schon griffbereit.“

1999 sei er zum DLRG gekommen, als 14-Jähriger fing sein ehrenamtliches Engagement an. Ein Vierteljahrhundert später, bei dieser Wortwahl muss der Sprecher der Dinslakener DLRG-Ortsgruppe am Telefon kurz innehalten und schmunzeln, ist dies inzwischen nicht sein erster Einsatz im Kampf gegen die Naturgewalten. „Wenn etwa die Issel in Hamminkeln über die Ufer tritt, dann sind wir vor Ort.“

Fabian Friese ist Sprecher der DLRG-Ortsgruppe Dinslaken. Aktuell ist er im Einsatz im bayrischen Hochwassergebiet.
Fabian Friese ist Sprecher der DLRG-Ortsgruppe Dinslaken. Aktuell ist er im Einsatz im bayrischen Hochwassergebiet. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

In Erinnerung geblieben sei der Juli 2021, denn auch bei der Flutkatastrophe im Ahrtal half Friese zusammen mit weiteren Kräften seiner Ortsgruppe. „Die Bilder hat man da direkt wieder im Kopf.“ Von Düsseldorf aus, dort war der Sammelort, ging es nun in der Nacht von Sonntag auf Montag los. „Im Konvoi ging es die 700 Kilometer nach Bayern.“

In die DLRG hineingeboren worden

Viel erlebt hat Jan Heykamp ebenfalls. „Ich bin gewissermaßen in die DLRG hineingeboren worden“, berichtet der heute 39-jährige Weseler. „Meine Eltern waren schon Mitglieder, da wurde direkt eine Familienmitgliedschaft heraus.“ Aus Überzeugung heraus leiste er seinen Beitrag für die Gemeinschaft.

Die Alarmierung hat ihn nicht beim gemütlichen Nachmittagskaffee erreicht, vielmehr die Büroarbeit unterbrochen. „Ich bin selbstständiger Spediteur. Unter der Woche bleibt nicht so viel Zeit für die Buchhaltung, die nehme ich mir dann für den Sonntag vor.“ Papier ist immerhin geduldig, Heykamp nun vorerst im Freistaat Bayern unterwegs.

Der Sprecher der DLRG-Ortsgruppe Wesel, Jan Heykamp, ist derzeit ebenfalls im Hochwassergebiet im Einsatz.
Der Sprecher der DLRG-Ortsgruppe Wesel, Jan Heykamp, ist derzeit ebenfalls im Hochwassergebiet im Einsatz. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Jan Heykamp ist als Kraftfahrzeugführer gefragt, sorgt mit für den Personentransport und das Funktionieren der Logistik. „Im Zweifelsfall bin ich auch Drohnenpilot. Wir haben zwei Drohnen dabei, die uns helfen können, Menschen zu orten.“

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In der Zweifachturnhalle des städtischen Gymnasiums haben die Helferinnen und Helfer, 280 an der Zahl, ihre Betten aufgeschlagen. „Das verheerende Hochwasser in Teilen des Freistaats fordert schnelle und unbürokratische Unterstützung. Deshalb haben wir spontan die Turnhalle des Landauer Gymnasiums zur Verfügung gestellt“, erklärt Werner Bumeder, Landrat des Landkreis Dingolfing-Landau. Kreisbauhof-Teams und Feuerwehr-Kräften aus Landau und Eichendorf hätten die Schlafplätze geschaffen.

Die 280 Hochwasserhelfer aus NRW sind in Landau stationiert. Untergebracht sind sie in der Turnhalle des städtischen Gymnasiums.
Die 280 Hochwasserhelfer aus NRW sind in Landau stationiert. Untergebracht sind sie in der Turnhalle des städtischen Gymnasiums. © Bettina Huber/LRA Dingolfing-Landau | Bettina Huber/LRA Dingolfing-Landau

Der Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes organisiert die Verpflegung. „Das hat alles reibungslos geklappt“, lobt Fabian Friese, auch die Verpflegung sei echt gut. „Gegenüber liegt der Volksfestplatz, dort haben wir unsere Fahrzeuge abgestellt“, berichtet Heykamp.

Direkt in die Fluten ging es für die beiden Helfer nicht. „Wir befinden uns derzeit in einem sogenannten ‚Bereitstellungsraum‘. Dieser liegt bewusst nicht direkt im betroffenen Hochwassergebiet“, erklärt Friese das Prozedere. Das Warten, Bereithalten für einen Einsatz, das gehöre dazu. „Es müssen Kräfte in der Hinterhand gehalten werden, die andere ablösen können. Das Schlimmste ist ja, etwa eine Evakuierung unterbrechen zu müssen, weil niemand bereitsteht, die Helferinnen und Helfer zu ersetzen.“

Hunderte Helfer aus NRW haben sich auf den Weg gemacht.
Hunderte Helfer aus NRW haben sich auf den Weg gemacht. © DLRG-NR | DLRG-NR

Nicht nur Helferinnen und Helfer der DLRG sind in Bayern vertreten, auch Einsatzkräfte der Wasserwacht des DRK aus dem Bereich Nordrhein eilten am Montag vom Sammelpunkt in St. Augustin aus nach Landau. 48 Personen zählt dieser Wasserrettungszug, der sich aus Helferinnen und Helfer der Kreisverbände Krefeld, Rhein-Sieg, Aachen, Rhein-Erft, Bonn, Düsseldorf, Euskirchen, Mülheim, Niederrhein und Wesel zusammensetzt.

THW hat noch keine Kräfte entsendet

Das Technische Hilfswerk hat derzeit noch keine Kräfte aus Nordrhein-Westfalen entsendet. „Falls weitere Helfende benötigt werden, können auch THW-Kräfte aus NRW in den Einsatz gehen“, heißt es aus der Landeszentrale in Bonn. „Dies können wir momentan noch nicht einschätzen.“

„Wir sind für einen Bootseinsatz, einen Einsatz mit Einsatztauchern und für einen Einsatz mit Fließwasserrettern vorbereitet“, erklärt Andreas Brockmann, Sprecher des DRK-Landesverband Nordrhein. „Dafür haben wir unter anderem acht Rettungsboote dabei, darunter hauptsächlich Hochwasserboote.“

Wie lange diese vor Ort gebraucht werden, das ist offen. „Prognosen sind schwierig, die traue ich mir nicht zu“, führt Jan Heykamp an. Er bleibt so lange, wie seine Hilfe benötigt wird. Der Papierkram im heimischen Büro kann warten – es gibt eben wichtigeres.