Issum/Bremen. 65 Stellen fielen Ende 2023 bei Diebels in Issum weg, eine Abfülllinie wurde stillgelegt. Nun ist sie wieder in Betrieb, aber es fehlt Personal.

Seinen Ärger kann Thomas Engelsiepen kaum verheimlichen, darum versucht er es auch gar nicht erst. Der Betriebsratsvorsitzende der Traditionsbrauerei Diebels in Issum ist nicht gut zu sprechen auf die jüngsten Unternehmensentscheidungen, mit welchen der Biergigant „Anheuser-Busch InBev“ eine seiner deutschen Tochterfirmen bedacht hat. Er berichtet von Überstunden, hoher Arbeitsbelastung, einem wachsenden Krankenstand.

„65 Kolleginnen und Kollegen, die zum Teil Jahrzehnte hier gearbeitet und Diebels gelebt haben, mussten zum Jahresende gehen“, berichtet Engelsiepen im NRZ-Gespräch. Nun fehle es an Personal, würden über Stellenanzeigen neue Kräfte gesucht. „Das ist nicht nachvollziehbar.“

Weitere Biersorten wurden eingestellt

Eine der beiden noch bestehenden Abfülllinien wurde im Zuge von „Restrukturierungen“, so nannte das Unternehmen den Kahlschlag, im vergangenen Jahr stillgelegt. Im ersten Halbjahr 2023 hatte Diebels bereits die Produktion von Sorten wie „Diebels Radler“, „Diebels Alkoholfrei“, „Diebels Light“ und „Dimix“ eingestellt.

„Vor dem Hintergrund der beispiellosen wirtschaftlichen Lage in Deutschland – der gestiegenen Kosten, der sich verändernden Verbraucherbedürfnisse und des schrumpfenden Biermarktes insgesamt – ist diese Entscheidung daher sowohl notwendig als auch unaufschiebbar, wenn wir den Standort erhalten wollen“, verteidigte damals Anheuser-Busch InBev-Sprecher Fried-Heye Allers, der inzwischen das Unternehmen verlassen hat, die Maßnahmen.

Kehrwende: Zweite Abfülllinie wird wieder benötigt

Doch nun gab es eine Kehrtwende in Issum: Die zweite Abfülllinie wurde wieder in Betrieb genommen, wie auch der Braugigant auf Anfrage bestätigt. „Die ISB-Produktionslinie wurde zeitweise reaktiviert, um einen kurzfristigen Anstieg der Nachfrage zu kompensieren“, erklärt Florian Farken, Unternehmenssprecher AB InBev Deutschland.

Issum bezeichnet sich selbst als „Altbierdorf“. Die Verbundenheit mit Diebels ist groß.
Issum bezeichnet sich selbst als „Altbierdorf“. Die Verbundenheit mit Diebels ist groß. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Diese Nachfrage habe jedoch nichts mit Diebels zu tun. „Wir brauen jetzt hier ‚Hertog Jan‘. Schon seit Jahren wird auch deutlich mehr Becks als Diebels gebraut“, gibt Engelsiepen einen Einblick in die Abläufe am Issumer Standort. Der deutliche Stellenabbau räche sich nun. „Wir kommen mit der Arbeit momentan nicht hinterher. Es werden jede Menge Überstunden gefahren. Auch an Feiertagen wird gearbeitet“.

Es fehlt schlicht und ergreifend das Personal, um beide Anlagen gleichzeitig laufen zu lassen, berichtet Thomas Engelsiepen, der seit 35 Jahren bei Diebels beschäftigt ist. Eine kurzfristige Entlastung durch neue Kolleginnen und Kollegen erwarte er nicht. „Wer immer neu in den Betrieb kommt, der muss ja erst eingearbeitet werden“, so der Betriebsratsvorsitzende.

Hier würden nun die Kräfte fehlen, die im vergangenen Jahr gegangen worden seien. „Auch wenn ein Großteil von ihnen wieder Arbeit gefunden hat, ist es trotzdem ein echter Schlag ins Gesicht. Aus unserer Sicht ist keine Strategie zu erkennen.“

Diebels-Betriebsratsvorsitzender Thomas Engelsiepen hat wenig Verständnis für die jüngsten Unternehmensentscheidungen.
Diebels-Betriebsratsvorsitzender Thomas Engelsiepen hat wenig Verständnis für die jüngsten Unternehmensentscheidungen. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Vom neuen Deutschland-Chef, seit 1. April ist Jannik Weitzl für die hiesigen Marken des Weltkonzerns zuständig, hat Engelsiepen noch keine Signale erhalten. „Wir haben ihn zur nächsten Betriebsversammlung eingeladen.“ Große Hoffnungen auf eine Rückbesinnung und eine Stärkung der Traditionsmarke Diebels hat er aber nicht. Das Management hier in Deutschland bekomme seine Vorgaben ja auch aus dem belgischen Leuven oder New York.

Demo in Bremen: Beschäftigte aus Issum mit dabei

Am Samstag werden sich Beschäftigte aus Issum auf den Weg nach Bremen machen. Dort wollen sie zusammen mit weiteren Beschäftigten, darunter auch Abgesandte aus München (Spaten) und Wernigerode (Hasseröder) demonstrieren. „Wir müssen den öffentlichen Druck aufrechterhalten“, sagt Engelsiepen.