An Rhein und Ruhr. Das Bundeskabinett hat sich auf ein neues Klimaschutzgesetz geeinigt. Die Verbesserungen wiegen die Abschaffung der Sektorenziele nicht auf.
Nehmen wir mal an, dass die Bundesregierung kein Küchenkabinett ist, sondern in einem anständigen Lokal essen geht. Jeder und jede speist, wie er oder sie mag. Der eine Veganes mit Mineralwasser und die andere Schweinshaxe mit drei Weißbieren und Kräuterschnaps und am Ende kommt die Rechnung. Und nein, nicht jeder zahlt, was er oder sie auf dem Deckel hat, sondern die Rechnung wird geteilt: Alle zahlen gleichviel.
So geht ähnlich verhält es sich mit dem neuen Klimaschutzgesetz: Man kann sich nur wundern, was insbesondere den grünen Koalitionspartner dazu bewogen haben mag, der massiven Aufweichung des Klimaschutzgesetzes zuzustimmen und sich von den sogenannten Sektorenzielen zu verabschieden: Zur Erinnerung: Für sieben Sektoren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfall, Forstwirtschaft) waren bislang CO2-Einsparziele festgeschrieben.
Musterschüler müssen Schulverweigerer mitziehen
Jetzt aber zählt nicht mehr, ob die einzelnen Bereiche ihre Ziele erreichen, sondern die Gesamtbilanz: Die frühen Erfolge in einigen Bereichen (neben der Energiewirtschaft ist vor allem die Schrumpfung der deutschen Wirtschaftsleistung ein Gewinn fürs Klima) können mit dem Nichtstun in anderen Bereichen (Verkehr insbesondere) verrechnet werden. Hinzu kommt: Dem Expertenrat, der bislang in einzelnen Sektoren Sofortmaßnahmen einfordern konnte, wurden die Zähne gezogen.
Die Letzte Generation, die gerade in den Abiklausuren sitzt, wird sich die Augen reiben. Der Slogan „Leistung muss sich lohnen“ mag in der Schule gelten, nicht aber im Bundeskabinett. Dort müssen die viel zu braven Musterschüler in Grün die Minderleister in den Sektoren Gebäude und Verkehr mitdurchschleppen.
Geschenkt, dass jetzt irgendwo noch ein Zwischenziel eingezogen wurde und dass die ohnehin boomenden Balkonkraftwerke noch ein bisschen leichter installierbar werden. Wo sich grünes Gewissen und eigener Geldbeutel treffen, läuft es mit dem Klimaschutz. So darf man für den Bereich Gebäudewirtschaft sanft hoffen, dass hier gemeinsam mit Habecks Heizungsgesetz mittelfristig eine Wirkung einsetzt.
Digitales und Verkehr: Das Ministerium der Ideenlosigkeit
Wo aber bleiben die Signale für die Verkehrswende? Während in anderen europäischen Großstädten der Autoverkehr gewaltig auf die Bremse treten muss, blockiert hier die FDP ein Gesetz, das den Kommunen mehr Freiraum beim Ausbremsen des immer noch zunehmenden Individualverkehrs gegeben hätte, beispielsweise durch mehr Tempo-30-Zonen.
Von zukunftsweisenden, klimaeffizienten Verkehrslösungen für ländliche Regionen mal ganz zu schweigen. Gerade da könnte ein Ministerium für Digitales und Verkehr zeigen, wie derlei zusammengehen kann. So aber leitet Volker Wissing (FDP) offenbar das Ressort für Verweigerung und Ideenarmut.
Ja, letztendlich ist es dem Klima egal, wo das CO2 eingespart wird und richtig wäre es auch, zu schauen, wo Haushaltsmittel jetzt als Nächstes die schnellsten und effizientesten Einsparmöglichkeiten bieten. Denn der Klimawandel kennt so wenig ein Tempolimit wie der FDP-Verkehrsminister. Dabei gäbe es das sogar gratis.