Essen. Erstmalig gibt es eine Festbeleuchtung zum Ramdan in Frankfurt und Köln – ein Grund zur Sorge? Eine Bewertung von Dompropst, Pfarrerin und Imam.
Wenn es dunkel wird, gehen die Lampen an: „Happy Ramadan“ (Fröhlichen Ramadan) formen die Lichter in der Luft über der Frankfurter Freßgass‘. Zu viel Aufmerksamkeit für den muslimischen Fastenmonat oder eine nette Geste? Die Meinungen dazu gehen auseinander. Diese Aktionen sorgen vor allem im Internet für Kritik, schließlich gab es zur christlichen Fastenzeit, die am 14. Februar begonnen hat und bis Ostern Ende März andauert, nichts dergleichen. Ob die Religionen in Konkurrenz zueinander stehen, hat die NRZ-Redaktion mit Dompropst Dr. Michael Dörnemann von der St. Gertrud Kirche in Essen, Pfarrerin Anne-Berit Fastenrath von der Emmaus-Gemeinde in Essen und Imam Hatim Britechi vom Islamischen Zentrum Essen Alfaruq diskutiert.
Lichter zum Ramadan – ist das angemessen?
Frankfurt hat als erste Stadt in Deutschland zum Fastenmonat der Muslime eine Ramadan-Beleuchtung aufgehängt, die Initiative dazu kam von dem SPD-Stadtverordneten Omar Shehata. Ein ähnliches Zeichen wollten auch die fünf Schwestern Hacer, Rukiye, Fatma, Zeynep und Saliha Bektas in Köln setzen und gründeten einen Verein (The Ramadan Project), um Spenden dafür zu sammeln – mit Erfolg.
Während einige Menschen in Köln und Frankfurt laut Medienberichten die Aktionen als ein Zeichen für Toleranz sehen, äußern sich andere in sozialen Netzwerken wiederum kritisch zum Thema. Unter dem NRZ-Artikel „Festbeleuchtung zu Ramadan: Moers sollte Frankfurt folgen!“ gibt ein Facebook-Nutzer zu bedenken: „Toleranz ist keine Einbahnstraße.“ Doch nicht alle sind positiv gestimmt: „Seit Aschermittwoch ist christliche Fastenzeit. Hängen da irgendwo Transparente?“ Laut einer RTL-Umfrage zum Thema waren 92 Prozent der Befragten gegen eine Ramadan-Beleuchtung. Nur sechs Prozent stimmten dafür, zwei enthielten sich.
Der Essener Imam hingegen meint im Gespräch mit der NRZ: „Die Ramadan-Deko finde ich eine schöne Geste.“ Es sei eine Art Anerkennung für die Muslime in den jeweiligen Städten.
Gerät die christliche Fastenzeit tatsächlich in Vergessenheit?
Dompropst Dörnemann schätzt die Stimmen im Netz weniger als Kritik der allgemeinen Bevölkerung ein und meint: „Das ist ‚eine Medienschelte‘.“ Er habe genügend Berichte zu Beginn der christlichen Fastenzeit gesehen. Seine Beobachtungen: „Ich war positiv überrascht, dass an Aschermittwoch viele Menschen im Gottesdienst waren.“ Da sei der Dom mit 250 Leuten gut besucht gewesen und in vielen anderen Kirchen habe es zahlreiche Gottesdienstmitfeiernde gegeben. „Also da merkt man schon, dass es vielen Leuten noch etwas bedeutet“, sagt er.
Zu bedenken gibt Dörnemann, dass es auch gläubige Christen gibt, die die Fastenzeit lieber alleine für sich im Stillen verbringen. „Das sind keine großen Medienereignisse, aber dass die Vorbereitungszeit der Christen auf Ostern, die Fastenzeit, jetzt gänzlich oder überhaupt nicht mehr vorkommt, das nehme ich nicht so wahr“, sagt er.
„Ich finde es schwierig, mich über andere Religionsausübungen zu beschweren, wenn ich selber meine Religion nicht ausübe“, sagt Pfarrerin Anne-Berit Fastenrath und deutet damit an, dass viele der Kritiker womöglich selbst keine praktizierenden Christen sind. Die Pfarrerin appelliert daher: „Wenn ich möchte, dass das christliche Fasten und die christliche Religionsausübung irgendwie noch mal mehr gesehen wird, dann muss ich auch anfangen, darüber zu sprechen.“
Wie unterscheidet sich die christliche Fastenzeit vom Ramadan?
Während der christlichen Fastenzeit sollen Katholiken Verzicht üben – auf Fleisch, Alkohol oder Süßigkeiten. „Also, ich verzichte auf Süßes, was mir schon schwerfällt, weil ich eher so der Typ bin, der ganz gerne einmal morgens oder mittags zum Kaffee mal zur Schokolade oder so greift“, sagt der Dompropst mit einem Lächeln. „Sonntags nicht, aber an den Werktagen trinke ich auch keinen Alkohol“, ergänzt er.
Die Tradition des Fastens hat sich nicht nur bei den Christen über Jahre gehalten, auch im Islam wird es über Generationen hinweg praktiziert: „Ihr Gläubigen, euch ist vorgeschrieben zu fasten, so wie es auch denjenigen, die vor euch lebten, vorgeschrieben worden ist“ (Sure 2, Vers 183), zitiert der Imam aus dem Koran. Die Muslime nehmen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang weder Nahrung noch Wasser zu sich. Das fällt im Alltag vielleicht eher auf, als wenn nur auf eine bestimmte Mahlzeit verzichtet wird. Bei den Protestanten ist das Fasten freiwillig.
Was können die Religionen von einander lernen?
Der katholische Geistliche sieht den Grund für die Kritik gegenüber Muslimen darin, dass die verschiedenen Parteien zu wenig miteinander reden. Imam Hatim Britechi stimmt ihm zu: „Das Problem, was wir im Moment in unserer Zeit haben, wir gucken uns die wenigen Unterschiede an, konzentrieren uns darauf und vernachlässigen dabei die Gemeinsamkeiten.“
Britechi ist der Meinung, dass alle Religionsgemeinschaften intensiver zusammenarbeiten müssen. Vor allem kritisiert er, dass die Moscheen sehr zurückhaltend auftreten. Er wünsche sich, dass die muslimischen Gotteshäuser zeigen, „was sie an Aktivitäten machen und was sie für eine Religion vertreten“, um so Vorurteile und Missverständnisse vorzubeugen.
„Es nützt kein Fasten, wenn ich mit anderen im Streit lebe und da nicht mal das versöhnende Gespräch suche“, sagt Dompropst Michael Dörnemann. Er erinnert an ein Zitat aus der Bibel: „Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und gehe zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe“ (Matthäus 5,23).