An Rhein und Ruhr. Pflanzen, die sich selbst versorgen und trockene Sommer überstehen – Betriebe vom Niederrhein machen mit bei den Trends der Pflanzenbranche.

Das Geheimnis, wie ein Blumenstrauß über Wochen frisch bleibt und mit wenig Wasser auskommt, steckt im Topf. Zumindest bei der Zimmerhortensie „Three Sisters“ von Pellens aus Geldern, die Geschäftsführer Andreas Pellens auch „3-in-1-Blumenstrauß“ nennt, weil sie rosa, blaue und weiße Blüten trägt.

„Der Topf hat ein Wasserreservoir und einen Baumwollfaden, über den sich die Pflanze mit Wasser versorgt“, sagt Pellens. Über ein Fenster an der Seite sei der Wasserstand zu erkennen. Die Hortensie halte bis zu sieben Wochen und komme fünf Tage aus, ohne gegossen zu werden.

Pflegeleicht und langlebig: Pflanzenmesse Essen zeigt Trends

Hinter dem rosa-blau-weiß blühenden Selbstversorger steckt ein ganzer Trend, meint der Chef. Kunden sei es immer wichtiger, dass Pflanzen wenig Wasser benötigen und auch trockene Sommer überleben, „obwohl 2023 ein extrem nasses Jahr war“.

Ihm fällt auf, dass pflegeleichte Pflanzen wie Rispen-Hortensien sehr beliebt sind. „Sie blühen jedes Jahr, die muss man nicht mal schneiden, können auch an sonnigen Orten gepflanzt werden und brauchen nicht übermäßig viel Wasser. Das schätzen immer mehr Kunden“, erklärt Pellens.

Neuheiten: Wie ein Gieß-Roboter allein über Friedhöfe fährt

Der Trend ist auch bei der Internationalen Pflanzenmesse (IPM) in Essen zu erkennen. Rund 1400 Aussteller präsentieren von Dienstag bis Freitag die Neuheiten der Branche. Dazu gehört zum Beispiel eine nachhaltige Rose mit dem Namen „Rosa Rosy Boom Wildlife“, die trockene Sommer mit wenig Wasser übersteht und als Nahrung für Bienen und Vögel dient.

Zu den technischen Neuheiten der Messe zählt ein Gieß-Roboter, der vor allem auf Friedhöfen eingesetzt wird. Er fährt nachts komplett autonom den Friedhof ab und gießt Gräber, die als Punkte auf einer Navigationskarte eingezeichnet sind – samt den Infos zur benötigten Wassermenge.

Zu den technischen Neuheiten der Pflanzenmesse 2024 zählt ein Roboter, der autonom Friedhofsgräber gießt.
Zu den technischen Neuheiten der Pflanzenmesse 2024 zählt ein Roboter, der autonom Friedhofsgräber gießt. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Pellens Hortensien aus Geldern stellt seine Produkte seit Jahren bei der IPM aus. Die „Three Sisters“-Pflanze wird zu sehen sein, aber auch die „Switch“-Hortensie, die Pellens neuerdings als Zimmerpflanze für die Fensterbank produziert. Sie blüht vom Frühjahr bis zum Herbst und verfärbt sich im Laufe der Blühzeit: „Jetzt gerade blüht sie rosa und lila, dann wechselt sie zu grün, zu rot und im Nachgang zu blau“, sagt Andreas Pellens.

Stauden Becker aus Dinslaken präsentiert „Futterkiste“

Dieses Jahr zum ersten Mal bei der Pflanzenmesse dabei ist Stauden Becker aus Dinslaken, und zwar unter anderem mit „Beckers Futterkiste“: Einem Mix aus zwölf Stauden in einer Holzkiste, die für Insekten Nahrung bieten. Damit geht Chef Martin Becker voll mit dem Trend, den er bei seiner Kundschaft merkt: „Pflanzen werden klimaresilient und immer freundlicher für heimische Insekten.“

Dass Pflanzen insektenfreundlicher werden, merkt auch Stauden Becker aus Dinslaken. Chef Martin Becker präsentiert bei der IPM deswegen unter anderem „Beckers Futterkiste“.
Dass Pflanzen insektenfreundlicher werden, merkt auch Stauden Becker aus Dinslaken. Chef Martin Becker präsentiert bei der IPM deswegen unter anderem „Beckers Futterkiste“. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Was Becker bei seinen Kunden auch merkt: Die ganz große Begeisterung für Blumen und Pflanzen aus der Corona-Zeit hat ein wenig nachgelassen. „Viele sind zu Hause geblieben, nicht in den Urlaub gefahren und haben dafür ihren Garten schön gemacht.“ Jetzt werde wieder mehr Geld in den Urlaub gesteckt, „und den Euro kann man oft nur einmal ausgeben“, sagt Becker.

Umsatz sinkt: Warum die Pflanzenbranche zu kämpfen hat

Das geht jedoch der ganzen Branche so, wie die Marktzahlen zeigen, die Jürgen Mertz, Präsident des Zentralverbandes Gartenbau (ZVG), am Montag präsentierte. 8,6 Milliarden Euro nahmen deutsche Floristen, Gartenbauer und Co. im vergangenen Jahr ein. Im Rekordjahr 2021 waren es 10,2 Milliarden Euro.

„Die Branche hat es nicht geschafft, den Peak aus der Pandemie mit über die nächsten zwei Jahre zu bringen“, sagte Verbandspräsident Mertz. Viele Betriebe hätten mit steigenden Kosten für Energie und Personal zu kämpfen gehabt und die Preise erhöhen müssen. Dass der Gesamtumsatz trotzdem gesunken ist, bedeute, dass die verkaufte Stückzahl deutlich zurückging.

Moerser Betrieb reguliert Gewächshaus-Klima auf Knopfdruck

Eine Lösung, um zumindest die Produktionskosten zu senken, zeigt zum Beispiel die Firma Mess- und Regeltechnik Mrotzek aus Moers bei der Fachmesse. Sie entwickelt Programme mit den entsprechenden Geräten, um das Klima in Gewächshäusern zu steuern. „Wenn die Temperatur auf den Punkt reguliert wird, lassen sich Unmengen an Energie sparen“, sagt Techniker Carsten Volz.

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Der Prozess läuft über Klimacomputer. Sie berechnen zum Beispiel die Sonneneinstrahlung und Schattierung: „Im Sommer werden zum Beispiel riesige Tücher zugefahren, um den Raum zu verkleinern und die Pflanzen vor der direkten Sonne zu schützen.“

Eine Neuheit, die der Betrieb auch in Essen präsentiert: „Kunden können die Programme vom Smartphone aus steuern und bekommen eine SMS, wenn eine bestimmte Temperatur im Gewächshaus unterschritten wird.“

Blumenstrauß: Das ist die Trendfarbe 2024

Wie ein trendiger Blumenstrauß aussehen kann, zeigt Manfred Hoffmann, Kreativ-Direktor vom Fachverband Deutscher Floristen, bei der Essener Pflanzenmesse. Nelken, Chrysanthemen, Gräser: „Viel Esprit, bunte Farben und Pastelltöne sind im Trend.“ Angesagt sei Orange, besonders der Pfirsichton „Peach Fuzz“.

Der Experte meint: „Der Sommer wird lebendig und vielfältig.“ Das äußere sich in Sträußen durch Blumen, die in der Natur nicht nebeneinander wachsen: „Blumen tanzen in einem Spektakel von wilden Zweigen, die Grenzen fallen total.“