Sonsbeck. Über 500.000 Menschen folgen Moris Odendahl allein auf TikTok. Wie der Sonsbecker zum besten Dach-Influencer Deutschlands wurde.

Die frostigen Temperaturen machen ihm nix aus, versichert Moris Odendahl, bevor er sich die dicke Jacke aus- und einen gelben Pulli anzieht. Gut, „ich habe immer ein Thermohemd drunter“, gibt er zu. Das macht das Umziehen leichter, immerhin schlüpft er regelmäßig in verschiedene Rollen. Jetzt nur noch eine schwarze Mütze aufsetzen, jedoch nicht bis über die Ohren, dann ist er auch schon: „Der Altgeselle“, sagt er. „Das ist mein Lieblingscharakter, weil ich dann so schön rumbrüllen kann.“ So wie in jenem Video, in dem er einem übers Wetter jammernden Lehrling lautstark entgegnet: „Dat stimmt, aber du weißt ja: Arbeit ist die wärmste Jacke!“ Allein dieser kurze Clip wurde bereits knapp 174.000 Mal geklickt, nur auf Tik Tok, wo ihm aktuell über 500.000 Menschen folgen. Dazu kommen seine Auftritte bei Instagram und Youtube... Ja, der Sonsbecker ist mit seinen 23 Jahren bereits ein echter Internet-Star und übrigens auch ganz offiziell: „Deutschlands bester Dach-Influencer.“

Dabei hatte Moris Odendahl einen alles andere als leichten Start ins Leben. „Ich bin in Kinderheimen und Pflegefamilien groß geworden“, erzählt er. Viel weiter ins Detail geht er nicht, stattdessen kommt er lieber schnell zu dem Punkt, an dem er sich für den Beruf entschieden hat. „Eigentlich wollte ich immer Schornsteinfeger werden.“ Doch in Kalkar, wo er mit 14 Jahren lebte, gab es keinen Praktikumsplatz in dem Bereich – dafür aber... in einem Dachdeckerbetrieb. „Ich wollte ja sowieso aufs Dach“, erklärt er. Weil er die Höhe schon immer mochte. Das passte also schon mal! Und tatsächlich machte ihm das Praktikum so viel Spaß, dass er direkt danach seine Lehre begann. Aber wie wird denn nun ein Dachdecker zum Influencer? „Das ist eigentlich ganz witzig“, sagt er. „Ich habe schon länger Bilder auf Instagram hochgeladen, damit meine gefühlt zehn Freunde sehen, was ich auf der Arbeit eigentlich mache.“

Über drei Millionen Klicks

Und bei den „gefühlt zehn Freunden“ blieb es auch erstmal. „Es lief gar nicht“, sagt der 23-Jährige, „aber das hat mich auch nicht weiter gestört.“ Dann aber wollte er es doch wissen, meldete sich bei Tik Tok an und... hatte noch immer keinen Erfolg. „Irgendwann habe ich herausgefunden, dass man die Sketche mit Comedy verbinden muss“, erklärt er. Plötzlich sahen sich 10.000 Leute ein Video an, dann waren es 100.000, mittlerweile können es auch schon mal über drei Millionen sein. Einer der meistgeklickten Clips: „Herr Arschitekt“, der mit seinen Sonderwünschen den Dachdecker zur Weißglut bringt: „Sie haben doch `nen Sonnenstich, oder wat?!“ Währenddessen genehmigt sich der Maurer ein Bierchen nach dem nächsten... „Klar, das sind alles krasse Vorurteile“, betont Moris Odendahl. „Der Maurer säuft natürlich nicht den ganzen Tag, sonst würden ja nirgendwo Häuser stehen.“ Genau das aber macht Comedy ja gerade aus.

Der Sonsbecker Moris Odendahl schlüpft für seine Videos in verschiedene Rollen – so wie in die des „Altgesellen“.
Der Sonsbecker Moris Odendahl schlüpft für seine Videos in verschiedene Rollen – so wie in die des „Altgesellen“. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Doch, auch das gehört zur Warheit dazu, viele Situationen sind ihm oder seinen Kollegen tatsächlich auch schon so oder so ähnlich passiert. Da wäre beispielsweise der „nette Kunde“, der bei eisigem Wetter erstmal heißen Kaffee macht: „Und wenn euch kalt ist, setzt euch in die Garage.“ Ganz im Gegensatz zum „schlechten Kunden“, der nur meckert: „Kleiner Tipp von mir: Zieht euch ma‘ ‘n bissch‘ n wärmer an, ihr wisst doch, dat Winter is‘!“ Durch die Videos kann manch einer noch etwas lernen... Das ist auch das Ziel des Dachdeckers: Er möchte die Leute zum Lachen bringen, klar, aber ihnen auch zeigen, wie die Arbeit eines Handwerkers aussieht. So erklärt er auch schon mal, wie sich eine Regenrinne montieren lässt, welche Dachziegel es gibt oder wie das eigentlich mit dem Meisterbrief funktioniert... Das alles soll dazu beitragen, dass sich mehr junge Menschen fürs Handwerk interessieren und vielleicht ja sogar eine Ausbildung beginnen. Denn, das weiß er selbst nur allzu gut: „Es gibt zu wenige Azubis.“

Award fürs Engagement als „Dach-Influencer“

Dabei ist der Beruf des Dachdeckers toll, findet Moris Odendahl: „Man hat viel Abwechslung, lernt immer etwas Neues – jetzt gerade zum Beispiel das ganze Klimaschutzgedöns –, man ist immer draußen und bleibt fit.“ Besser geht‘s doch kaum! Nur Höhenangst sollte niemand haben... Für sein Engagement hat er vor gut einem Jahr schließlich auch einen Award erhalten und darf sich seitdem „Deutschlands bester Dach-Influencer“ nennen. Danach hatte er mehrere Fernsehauftritte und konnte sich einige Kooperationen sichern. „Das hört sich alles immer nett an, nur ist das natürlich auch an Pflichten geknüpft“, betont er. Jeden Tag veröffentlicht er ein Video, „mittlerweile habe ich eine gewisse Routine entwickelt“, aber drei Stunden muss er schon noch einplanen – immerhin schreibt er jedes Skript selbst, dreht und schneidet alles alleine, bevor er das Video dann auf den verschiedenen Plattformen hochlädt.

Moris Odendahl aus Sonsbeck schreibt die Skripte selbst und dreht auch die Videos allein.
Moris Odendahl aus Sonsbeck schreibt die Skripte selbst und dreht auch die Videos allein. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Als Dachdecker zum Influencer

Moris Odendahl ist auf Instagram zu finden unter moris_odndhl, bei Tik Tok nennt er sich moris.odndhl. und auf Youtube Moris.odndhl. Seine Lieblingsdialoge sind übrigens die zwischen dem „Altgesellen“ und dem „Herrn Lehrling“, verrät er.

Eigentlich heißt der Dachdecker übrigens Maurice, aber da ihn alle immer „Moris“ gerufen haben, nennt er sich mittlerweile selbst auch so.

Doch der 23-Jährige bleibt dabei: „Es macht total viel Spaß!“ Deshalb hat er auch schon neue Pläne für die nächsten Monate. „Ich mache Praktika in anderen Handwerksberufen und filme mich dabei.“ In der Pilotfolge schnuppert er in den Alltag eines Mechatronikers hinein, später schaut er dann bei einem Elektriker vorbei. Auch bei einem Maurer? Klar! Da muss er lachen: „Das wird dann besonders spannend.“