An Rhein und Ruhr. Bombendrohungen gegen Schulen im Land sorgen für Verunsicherung. Wie die Bedrohung eingeschätzt wird und die Lage an den Schulen aussieht.

Die Serie von Bombendrohungen gegen Schulen sorgt seit Beginn der Woche für Verunsicherung. Auch andere Einrichtungen wie Radio- und TV-Sender erhielten jüngst Drohschreiben – oft wohl mit explizitem Bezug zum aktuellen Konflikt in Israel und Gaza. Vielerorts ist die Bedrohungslage spürbar, auch am Niederrhein.

Bombendrohung an Gesamtschule in Solingen: „Macht schon erschreckt und besorgt“

Andreas Tempel ist Schulleiter an der Solinger Alexander-Coppel-Gesamtschule, die am späten Sonntagabend eine Drohmail erhielt. „Als ich die Mail dann gelesen habe, konnte ich nicht glauben, was ich da sehe“, erzählt er im Gespräch. „Die Nacht steckt mir noch in den Knochen.“

Er lobt aber auch den Einsatz der Behörden und gute Kommunikation. „Während des Einsatzes war ich am Anfang schon sehr beklommen. Aber ich habe dann schnell gemerkt, dass die Lage im Griff ist.“

Alltag sei zwar seit den Vorfällen zwar noch nicht ganz eingekehrt, aber der normale Schulbetrieb laufe seit Dienstag wieder. Wichtig sei es Präsenz zu zeigen und sich mit den Sorgen der Schüler aber auch von Eltern auseinanderzusetzen. Tempel stellt aber klar: „Wir müssen in solchen Situationen besonnen handeln aber ohne Angst, sonst nähren wir nur die Verantwortlichen, die die Gesellschaft spalten wollen.“

Drohungen gegen Schulen auch in Wuppertal, Gelsenkirchen und Mönchengladbach

Auch in Mönchengladbach, Gelsenkirchen und Wuppertal kam es zu ähnlichen Vorfällen, teilt das Landesinnenministerium NRW mit. Insgesamt seien der Behörde für den Zeitraum zwischen dem 22. und 24. Oktober sieben Drohungen gegen Schulen und eine gegen die Universität Münster bekannt.

Ministeriumssprecher Pascal Pettinato bestätigt dieser Redaktion, dass sich diese „mitunter, aber nicht ausschließlich, auf die politische Situation in Israel und Palästina“ beziehen würden. Auch betont er, dass sich die Drohungen nicht konsequent einem politischen Lager zuordnen ließen.

Polizei Wuppertal nach Bombendrohung: Keine akute Bedrohung

Die Pressestelle der Polizei Wuppertal erklärt auf Nachfrage, dass man aktuell von „keiner akuten Bedrohung“ ausgehe. Derartige Drohungen seien aber immer ernstzunehmen. Diese seien dann von der Polizei entsprechend „zu überprüfen und zu bewerten“.

So wurden bei den Durchsuchungen der bedrohten Schulen keine verdächtigen Gegenstände gefunden. Den Schulen sei es so möglich gewesen, den Betrieb schnell wieder aufzunehmen. Darüber hinaus könne die Polizei jedoch keine Angaben über die noch aktuell laufenden Ermittlungen machen.

Schulleiterin an Gesamtschule in Wesel: „Wollen keine Ängste schüren“

Abseits der betroffenen Städte ist die Situation auch an Schulen am Niederrhein spürbar. So erzählt Tanja Menninghaus, Schulleiterin der Gesamtschule Am Lauerhaas in Wesel: „Natürlich ist man beunruhigt und hofft, dass so etwas nicht bei uns geschieht.“ Der tatsächliche Alltag an der Schule sei jedoch nur wenig von den Ereignissen betroffen.

„Die Kollegen sind natürlich sehr wachsam“, sagt die Schulleiterin, „wir haben uns aber bewusst auch dazu entschieden, es nicht groß zum Thema zu machen. Wir wollen keine Ängste schüren.“ Dennoch sei man vorbereitet, wenn Schülerinnen und Schüler Gespräche suchen oder ein Notfall eintreten sollte. „Wir haben hier im Kollegium ein Krisenteam, das für verschiedene Situationen geschult ist und sich dann mit den Behörden koordiniert.“

Schulen in NRW: Nahostkonflikt ist präsent

Menninghaus betont darüber hinaus aber, dass der aktuelle Nahost-Konflikt nicht zu Vorfällen an der Gesamtschule geführt habe. Dennoch sei das Thema präsent. „Die Schülerinnen und Schüler haben natürlich Interesse“, beschreibt sie die Lage. Dabei sei die Betroffenheit aber je nach Alter unterschiedlich. „Die Kollegen müssen dann entscheiden, wie mit dem Thema pädagogisch angemessen umgegangen wird.“

Dabei greife man auf die Hilfsangebote zurück, die das Landesschulministerium bereits seit kurz nach den Hamas-Angriffen auf Israel über ihr Bildungsportal zu Verfügung stellt. Diese decken ein weites Themenfeld ab. Darunter fallen beispielsweise Unterrichtsmaterialien zum Nahostkonflikt und auch Anleitungen, um Antisemitismus und anderen Formen von Diskriminierung vorzubeugen, erklärt das Schulministerium auf Anfrage.

Antisemitismus: Schulministerium NRW will Hilfen für Lehrer erweitern

Laut einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur will das Ministerium außerdem die Unterstützungsangebote für Lehrkräfte ausweiten. Neben drei Online-Seminaren will das Land im November auch eine offene Sprechstunde einrichten, in der sich Lehrerinnen und Lehrer austauschen können. So sollen diese auf Diskussionen und Konfrontationen im Unterricht besser vorbereitet werden.

Das Ministerium verweist daneben auch auf den sogenannten „Notfallordner“, der Schulen zu Verfügung gestellt wird. Darin befänden sich Empfehlungen für den Umgang mit Krisensituationen – darunter auch Bombendrohungen. Das Land betont jedoch auch, dass in konkreten Situationen die Polizei über das Vorgehen entscheide.

Hilfen bei Antisemitismus an Schulen

Die Unterrichtsmaterialien, die das Schulministerium NRW zu Verfügung stellt, sind über die Bildungsmediathek und von der Zentrale für Politische Bildung des Landes zugänglich. Außerdem bietet das Ministerium auch Informationen zu Experten und Ansprechpartnern zum Thema Antisemitismus.

Daneben verweist das Ministerium auch auf zwei weitere Angebote. Die „Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit – Beratung bei Rassismus und Antisemitismus“ (SABRA) und die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen (RIAS NRW).

Von Antisemitismus betroffene Schüler, Lehrkräfte und Eltern können außerdem über die Website report-antisemitism.de Angaben zu Vorfällen machen. Die Daten werden anonym behandelt.