An Rhein und Ruhr. Immer öfter müssen Kitas schließen, weil Personal fehlt. Vorschlag der AWO: Zur Entlastung der Erzieher nicht-pädagogische Kräfte einstellen.
Der morgendliche Gang zur Kindertagesstätte endet für immer mehr Eltern und ihre Kinder mit einer bösen Überraschung: Entweder werden sie in der Einrichtung abgewiesen oder stehen gar vor komplett geschlossener Tür. „Das ist leider keine Ausnahme mehr“, sagt Jürgen Otto, Vorstand beim AWO Bezirksverband Niederrhein.
Eltern müssen ihre Kinder wieder mitnehmen
Wohl nicht nur die Arbeiterwohlfahrt, die in NRW rund 840 Kitas betreibt, klagt über massiven Fachkräftemangel. „Den städtischen oder kirchlichen Trägern ergeht es genauso“, führt Otto an. „Wir müssen jeden Tag schauen, ob wir genug Personal haben, eine Kita zu öffnen. Es kommt immer häufiger vor, dass Eltern ihre Kinder wieder mitnehmen müssen.“
Mit einem Konzeptpapier, „Das Kitasystem neu denken“ überschrieben, möchte die AWO die angespannte Personallage in den Kindertageseinrichtungen verbessern – ohne dabei die Qualität der Betreuung zu verschlechtern. Das Konzept zielt auf Änderungen im Kinderbildungsgesetz (kurz KiBiz) ab. So soll sich künftig die personelle Mindestausstattung einer Einrichtung, neben der Leitung, aus mindestens 70 Prozent pädagogischen Fachkräften und 30 Prozent sogenannten „profilergänzenden Kräften“ zusammensetzen dürfen.
Neue Personengruppen in Kitas hineindenken
„Es müssen weitere Personengruppen in Kindertageseinrichtungen hineingedacht werden“, fordert Otto ein. „So würden die Erzieherinnen und Erzieher von Aufgaben, die nichts mit Pädagogik zu tun haben, also etwa der Verwaltung oder dem Gebäudemanagement, entlastet.“ Weitere Konzeptbausteine betreffen die Finanzierung von Verwaltungskräften sowie höhere Mittel für die Fachberatungen, welche die Qualität der frühkindlichen Bildung im Auge behalten.
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Das NRW-Familienministerium teilt auf NRZ-Anfrage mit, dass das Land alles dafür tun werde, mehr Fachkräfte zu gewinnen. Es gebe bereits einen Beschäftigungszuwachs in den Einrichtungen. In zehn Jahren von 2012 bis 2022 sei der Bestand allein bei den Erzieherinnen und Erziehern um mehr als 27.200 Personen gewachsen. Da aber binnen eines Jahrzehnts auch über 1450 neue Kitas entstanden seien, gebe es einen Mangel.
Land: Regeln für Personaleinsatz wurden flexibilisiert
Das Ministerium weist auf das „Sofortprogramm Kita“ hin, das flexiblere Möglichkeiten beim Personaleinsatz bieten würde. Sonderregelungen zum Personaleinsatz, die aus der Pandemiezeit stammen, seien bis Ende 2030 verlängert worden. „Klar ist, dass wir mit dem Sofortprogramm nur erste Maßnahmen angestoßen haben, um für Entlastung zu sorgen“, so der Ministeriumssprecher. Das „Kita-Helfer:innen“-Programm werde auch 2024 fortgeführt. Im Haushaltsplanentwurf für 2024 sind 140 Millionen Euro vorgesehen.
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Die SPD-Fraktion im Landtag unterstützt das AWO-Konzept. „Wir brauchen in den Kitas mehr große Menschen für die Betreuung der Kleinen. Das können profilergänzende Kräfte sein, die dazu beitragen, dass sich das pädagogische Personal auf seine Aufgaben konzentrieren kann“, so Dennis Maelzer, Fraktionssprecher für Familie, Kinder und Jugend. „Insbesondere im Verwaltungs- und kaufmännischen Bereich können zusätzliche Kräfte entlasten.“
SPD: Land ist gefordert zu handeln
Für die pädagogischen Fachkräfte brauche es zudem Aufstiegsmöglichkeiten durch Funktionsstellen, beispielsweise für Sprachbildung oder Inklusion. „Wichtig ist, dass eine Fachkräfteoffensive die Bemühungen flankiert, um zusätzliches pädagogisches Personal zu gewinnen“, befindet der Sozialdemokrat Maelzer. Das Land sei gefordert und müsse zunächst mit einem Rettungspaket unter anderem die aktuellen Tarifsteigerungen ausgleichen.