An Rhein und Ruhr. Der verregnete Sommer gefährdet die Ernte in NRW. Auch Gastronomen klagen über leere Biergärten. Das sagt der Einzelhandel.
Starkregen, der Keller und Wohnungen flutet (zuletzt am Sonntag etwa in Münster und Hamm), ein um sich greifender Schwärzepilz, der die Weizenernte bedroht, und Musikfestivals wie der „Ruhr Reggae Summer“ in Mülheim oder „Haldern Pop“ in Rees, die dem Regenwetter trotzen mussten: Der Sommer 2023 zeigt sich aktuell nicht von seiner besten Seite.
Pilz mindert Erntequalität
So wird der Regen für die Landwirte zum handfesten Problem. „Die Weizenbestände werden dunkler, was ein Anzeichen von Pilzkrankheiten ist“, sagte Jan-Malte Wichern von der Landwirtschaftskammer NRW in Münster. Der Schwärzepilz mindere die Erntequalität. Der Backweizen, der für Brot und andere Backwaren genutzt wird, könnte dann teils nur noch als Futterweizen verkauft werden – das bringt den Landwirten weniger Geld in die Kassen. „Der Regen ist so langsam problematisch.“ Sollte es in der kommenden Woche aber wieder trocken sein, könnte das Schlimmste vermieden werden.
Die Lage sei in den Landesteilen unterschiedlich, sagte Kammersprecher Wichern. Im Rheinland seien bereits etwa zwei Drittel der Weizenfelder abgeerntet, im Münsterland und in Westfalen stünden hingegen noch circa zwei Drittel.
Auch auf andere Wirtschaftsbereiche hat das Regenwetter Auswirkungen. Carina Peretzke, Sprecherin des Handelsverbands NRW, führt etwa Berichte der „TextilWirtschaft“ (TW) an, dass der starke Regen der letzten Wochen die Nachfrage nach Sommermode tatsächlich gebremst habe. Wie auch in anderen Branchen hätten aber auch die Ferien eine Rolle gespielt. „Laut Marktdaten der TW waren Geschäfte in Innenstadtlagen am meisten von den Verlusten betroffen.“
Verbraucherstimmung auf niedrigem Niveau
Generell verharre die Verbraucherstimmung weiter auf einem niedrigen Niveau, weist Peretzke auf die Ergebnisse des aktuellen Konsumbarometers des Handelsverbands auf Bundesebene hin. „Ein finales Fazit können wir also noch nicht ziehen und ab Donnerstag soll der Sommer ja zurückkehren und vielleicht bleibt er ja ein bisschen.“
Von schwachen Umsätzen kann Marc Weber, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Duisburg, ebenfalls berichten. Weber, Geschäftsführer des „Brauhaus Webster“, das über einen großen Biergarten verfügt, spricht davon, dass die Umsätze in seinem Betrieb etwa im Juli um 20 Prozent niedriger als im Mai lagen. „Das Wetter hatte da natürlich einen großen Anteil.“
Aber auch Inflationssorgen würden die potenziellen Gäste umtreiben. „Ich hatte zudem den Eindruck, dass in diesem Jahr wieder mehr Menschen in den Urlaub gefahren sind.“ Dafür spreche etwa, dass einige Bäckereien ihm gegenüber ebenfalls über schwache Geschäfte im Juli klagten.
Freizeitzentrum Xanten bislang glimpflich davon gekommen
Glimpflich, also ohne Absagen oder Unterbrechungen aufgrund der Wetterlage, sei das Freizeitzentrum Xanten durch die vergangenen Wochen gekommen, wie Sprecher Andreas Franken erklärt. Für die unter freiem Himmel stattfindenden Partys und Konzerte des Veranstaltungsprogramm „FZX Sommer Open Air 2023“, bei dem etwa die Kölner Band „Brings“ am 12. August zu Gast sein wird, „konnten wir bislang nicht feststellen, dass weniger Besucherinnen und Besucher die Veranstaltungen gebucht hätten als in der Vergangenheit“.
Vor Ort hätten Mitarbeiter zuletzt Regenponchos und Trockentücher zum Abtrocknen der Stühle bereitgehalten. „Diese Serviceangebote wurden von den Gästen durchweg sehr positiv wahrgenommen.“
Haldern-Pop-Chef Stefan Reichmann zeigte sich trotz Dauerregens ebenfalls sehr glücklich mit dem am Wochenende zu Ende gegangenen Festival. „Ich habe den Eindruck, dass die Menschen bei schlechtem Wetter etwas näher zusammenrücken. Viele Konzerte waren über dem Limit. Die Künstler haben 200 Prozent gegeben und geholfen, dass den Besuchern nicht kalt wurde“, so Reichmann.
„Dieser Sommer stellt alle Open Air-Veranstaltungen vor große Herausforderung“, berichtet Annalena Mandrella, Sprecherin von „D.Live“, einer auf Veranstaltungen spezialisierten Tochterfirma der Landeshauptstadt Düsseldorf. Grundsätzlich sei man mit den Vorverkaufszahlen für die Sommerkino-Reihe („alltours Kino“) am Rheinufer unter freiem Himmel im Vergleich zu 2022 sehr zufrieden gewesen. „Schon vor Kinostart lagen wir nahezu auf dem Niveau von 2019 – und da hatten wir einen sonnigen Traumsommer“, so Mandrella. „Aber natürlich bleiben auch wir nicht verschont und das Kino leidet unter dem verregneten Wetter.“
Auslastung ist „nicht unbedingt zufriedenstellend“
Seit dem tatsächlichen Start am 20. Juli (die Reihe dauert noch bis zum 20. August an) wurden aber weit weniger Tickets verkauft, als sonst in vergleichbaren Zeiträumen der Vorjahre, führt die Sprecherin an. „Die Auslastung ist witterungsbedingt nicht unbedingt zufriedenstellend. Spontane Ticketkäufe bleiben aufgrund des schlechten Wetters eher aus.“
Wie Mandrella ausführt, seien viele Kino-Fans „gut vorbereitet“ und „hervorragend für das Wetter gerüstet“ ins Kino gekommen. „Aber es gibt natürlich auch Gäste, die bei Regenschauern das Kino wieder verlassen.“ Mandrella rät darum Besucherinnen und Besucher, sich gut vorzubereiten und sich warm bzw. wetterfest anzuziehen.
„Wir mussten noch keine Vorstellung unterbrechen“, erklärt die D.Live-Sprecherin. Bei den Filmvorführungen würden kostenfreie Regenponchos angeboten, „solange der Vorrat reicht“. Zudem würden einige Decken bevorratet, die ausgeliehen werden können. Die hydraulische Leinwand böte zudem für sogenannten „Kino Beach“ bis in den späten Abend hinein einen guten Regenschutz. „Die Leinwand hebt sich erst rund eine halbe Stunde, bevor der Kinofilm startet.“
Im Wunderland Kalkar seien die Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. In der Regel würden sich die Besucherinnen und Besucher dem Wetter entsprechend kleiden, heißt es seitens der Park-Geschäftsführung. „Veranstaltungen mussten wir nicht absagen.“ Regenponchos oder Schirme könnten vor Ort erstanden werden.
Weniger Besucher im Freibädern in Essen
Die Sport- und Bäderbetriebe Essen verzeichnen aufgrund des aktuellen Wetters ein deutlich geringeres Besucheraufkommen als in Schönwetter-Perioden. Das berichtet Pressereferent Patrick Betthaus auf NRZ-Anfrage. „Die täglichen Besucherstatistiken weisen aktuell eine Frequenz von 200 bis 650 Personen je nach Tag und Standort aus, während an einem ‘klassischen’ Freibadtag die Zahlen in allen Standorten vierstellig sind.“ Demnach dürfte die Gesamtbesucherzahl vom vergangenen Jahr 2023 kaum noch erreichbar sein, führt Betthaus an. „Bei aufziehendem Gewitter wird der Freibadbetrieb unterbrochen und würde bei einer amtlichen Unwetterwarnung eingestellt bis die Unwetterwarnung aufgehoben wurde.“ Eine konkrete Veranstaltung sei bisher allerdings nicht betroffen gewesen.