An Rhein und Ruhr. Frauen sind in der Führungsriege kommunaler Unternehmen in NRW noch immer in der Minderheit. Das fordern Expertinnen und Experten.
Frauen sind in den Führungsetagen kommunaler Firmen in Nordrhein-Westfalen weiterhin deutlich in der Minderheit. Wie aus einer Studie der Zeppelin Universität Friedrichshafen hervorgeht, sind in den untersuchten Unternehmen nur 16,1 Prozent der Positionen im Top-Management weiblich besetzt – also nur jede sechste Stelle.
Dabei gibt es große Unterschiede: Unter den in NRW untersuchten Städten lag nur Köln mit einem Frauenanteil von 22 Prozent knapp über dem Bundesschnitt der kommunalen Unternehmen – dieser liegt bei 21,5 Prozent. In Dortmund betrug der Frauenanteil in den Führungsetagen nach Auswertung der Forscher 19,2 Prozent, in der Landeshauptstadt Düsseldorf 17 Prozent. In Essen (12,9 Prozent) und vor allem in Duisburg (2,9 Prozent) sind Frauen sogar noch schlechter im Spitzenmanagement repräsentiert.
Ziele werden verfehlt
„Die Repräsentation liegt in der Gesamtschau erstmalig unter den Werten der DAX-40-Unternehmen, was besonders starke Diskussionen geben dürfte“, bewertet Studienautor Prof. Dr. Ulf Papenfuß die Ergebnisse. Trotz eines leichten Anstiegs um 0,9 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr liege der Wert bei den kommunalen Unternehmen weiter deutlich unter den von der Politik formulierten Zielen. Eine aus Sicht der Studienautoren besonders auffällige Entwicklung sei, dass bei den bundesweit 269 Neubesetzungen von Top-Managementpositionen im vergangenen Jahr auch nur 21,9 Prozent mit Frauen besetzt wurden – deutlich weniger als im Vorjahr (32,1 Prozent).
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„Die Studie zeigt, dass der Anteil an Frauen in Führungspositionen kommunaler Unternehmen grundsätzlich leicht zugenommen hat, wenngleich der Anstieg sicherlich zu langsam und regional unterschiedlich erfolgt“, reagiert Stefanie Frank, Pressereferentin der Gewerkschaft komba auf die Ergebnisse.
Friederike Küsters, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goch, spricht davon, dass es „noch ein langer Weg“ zu echter Gleichberechtigung in der Gesellschaft sei. Sie plädiert dafür, dass Unternehmen, aber auch die politischen Entscheidungsgremien anerkennen, welchen wertvollen Beitrag weibliche Führungspersonen leisten können. „Die weibliche Perspektive ist eine andere als die männliche. Frauen gehen Probleme oft weitsichtiger an, schauen auf Konsensmöglichkeiten.“
Bereichernde Perspektive
In Goch erlebe sie selbst gerade viele anregende Diskussionen über Klimaschutzmaßnahmen. „Was da von Frauen für Ideen kommen, etwa im Hinblick auf Nachhaltigkeitsthemen, ist superbereichernd.“ Die Gocher Stadtverwaltung sei bereits gut aufgestellt. „Hier rennen wir glücklicherweise beim Thema ‘Gleichstellung’ im Rathaus offene Türen ein.“
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Küsters, die auch als eine der Sprecherinnen der Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Gleichstellungsstellen (LAG NRW) aktiv ist, regt an, über neue Arbeitsmodelle nachzudenken. „Warum muss es etwa nur die eine Führungsposition geben? Warum können sich nicht auch zwei Leute eine solche Stelle teilen, dann mit jeweils weniger Wochenstunden?“
Generell fordert Küsters ein, dass Gleichstellung auch in allen anderen Bereichen der Gesellschaft gelebt werden solle. Klar hätten die Politik und in der Folge kommunale oder staatliche Betriebe eine gewisse Vorbildfunktion. „Aber Gleichstellung muss beispielsweise auch in einer Partnerschaft gelebt werden“, befindet die Gocherin.
Blick auf technische Berufe richten
„Betrachtet man die unterschiedlichen Branchen, gibt es vor allem in den technischen Berufen noch besonderen Steigerungsbedarf“, merkt Gewerkschaftssprecherin Frank an. „Es sind weitere Anstrengungen auf verschiedenen Ebenen erforderlich, um Frauen generell für Führungspositionen zu gewinnen.“
Nach Ansicht der Gewerkschaft komba tun sich Kommunen sich jedoch nicht grundsätzlich schwerer als andere Bereiche, weibliche Beschäftigte zu fördern. „Der Bedarf und das Interesse an Frauen in Führungspositionen ist gegeben.“
Arbeits- und Rahmenbedingungen attraktiver gestalten
komba plädiert dafür, dass die Arbeits- und Rahmenbedingungen im öffentlichen Dienst und den kommunalen Unternehmen attraktiver gestaltet werden müssen. „Die Sorge- und Erwerbsarbeit ist immer noch ungleich verteilt. Für viele Frauen ist das eine permanente Herausforderung.“
In puncto Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf werde etwa eine stärkere finanzielle Unterstützung benötigt. Damit meint die Gewerkschaftsseite ein Elterngeld, das für Frauen kein Rückschritt bedeutet und „es gleichzeitig für Männer attraktiver macht, in Elternzeit zu gehen“. Auch auf eine ausreichende Anzahl von qualitativ guten Betreuungsplätzen geht komba ein. Stefanie Frank: „Zudem könnten flexible Arbeitszeit- und Führungsmodelle für Frauen helfen, das Interesse für Führungspositionen zu steigern.“
Für die Studie der Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen wurden in allen 16 Bundesländern die Daten von 69 Städten und 1430 Unternehmen mit 2089 Führungskräften auf Frauen in leitenden Organen wie Geschäftsführung, Geschäftsleitung und Vorstand analysiert. Der Erfassungstand ist der April 2023. Einbezogen waren neben den Landeshauptstädten und den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen auch die jeweils vier größten Städte der Länder. Daneben wurden auch die öffentlichen Unternehmen der Bundes-/Landesebene analysiert.Das Forscherteam richtete dabei den Blick auf Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, wie etwa Stadtwerke, ÖPNV, Krankenhäuser, Messen oder Sozialeinrichtungen.Die Schlusslichter bilden die Städte in Niedersachsen (13,1 Prozent) und dem Saarland (13,1 Prozent) vor Rheinland-Pfalz (11,2 Prozent).