Wesel. In den Sommerferien herrscht in Hundehotels in NRW Hochbetrieb. Auch im „Animal Resort Wesel“ sind alle gehobenen Chalets für Hunde ausgebucht.

Schwanzwedelnd und fiepend sitzen Emma und Cooper im Kofferraum des Geländewagens. Die junge Pointer-Hündin und der noch jüngere Labrador-Retriever-Rüde können es kaum erwarten, bis Frauchen Marie von der Anmeldung zurückkommt und sie endlich ihre Ferienresidenz beziehen können. Die nächsten zehn Tage werden sie im Chalet Nummer vier verbringen.

Nadine Stegemann kümmert sich mit ihrem Team um die tierischen Gäste.
Nadine Stegemann kümmert sich mit ihrem Team um die tierischen Gäste. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Ja, in der Tierpension „Animal Resort Wesel“ schlafen die vierbeinigen Hotelgäste nicht in Zimmern und schon gar nicht in Zwingern, sondern in Chalets. Also in Holzhäusern, die jeweils mit einem eigenen Bett, einer Kommode und sogar einer Küchenzeile ausgestattet sind, in der ihnen die Tierpflegerinnen und -pfleger je nach Gusto und Verträglichkeit Frühstück und Abend(leberwurst-)brot zusammenstellen.

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Auch sonst gibt es kaum einen Sonderwunsch, den das 13-köpfige Team von Inhaberin Nadine Stegemann ausschlägt. Über eine Webcam im Chalet können Reisende in Echtzeit mitverfolgen, was der zurückgelassene Hund gerade treibt. Für den Vierbeiner eines Paares mit Begeisterung für klassische Musik haben die Beschäftigten der 2012 eröffneten Weseler Tierpension schon Klänge von Mozart, Vivaldi und Co. abgespielt.

Bei einem Familienhund, der normalerweise im Kinderzimmer einschläft, waren es CDs von Bibi Blocksberg. Auch mit Familienfotos werden die Hundehotelzimmer immer wieder dekoriert. „Den Besitzern gibt das ein gutes Gefühl, dass ihr Hund nicht allein ist. Der Trennungsschmerz ist bei den Menschen in der Regel viel größer als bei den Tieren“, sagt Stegemann.

Hundehalterin Marie (51) kann mit einem guten Gefühl in den Urlaub aufbrechen. Sie weiß, dass Emma und Cooper in der Pension von Nadine Stegemann gut aufgehoben sind.
Hundehalterin Marie (51) kann mit einem guten Gefühl in den Urlaub aufbrechen. Sie weiß, dass Emma und Cooper in der Pension von Nadine Stegemann gut aufgehoben sind. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Der Abschied von Emma und Cooper fällt Halterin Marie dagegen verhältnismäßig leicht. Für sie und ihren Mann steht eine Pärchenauszeit an der Mosel an. „Mit zwei Kindern und zwei Hunden ist Urlaub für Erwachsene nicht immer Urlaub“, sagt sie lachend. Günstig ist der Luxus der Zweisamkeit zwar nicht gerade: 71 Euro kostet eine Nacht für zwei Hunde aus derselben Familie.

Weite Anreise aus dem Münsterland in Kauf genommen

Dafür weiß die 51-Jährige, dass ihre Junghunde (drei und zwei Jahre alt) die Unterkunft bereits kennen und sich dort – wenngleich ihre Rasse eine andere ist – „pudelwohl“ fühlen. Auch die weite Anreise aus Lüdinghausen nimmt sie in Kauf. „Diese Strecke ist es mir wert, da ich weiß, dass meine Hunde hier gut aufgehoben sind“, erzählt sie am Check-in-Schalter, hinter dem Nadine Stegemann mit dem Mausrad durch die Kundendatei scrollt. Lückenloses Impfbuch, aktuelle Kotuntersuchung auf Würmer, Hundehalterhaftpflicht und Floh- und Zeckenschutz – all das muss stimmen, bevor ein tierischer Gast in ihrer Unterkunft angemeldet werden kann. Bei den beiden Gästen aus dem Münsterland stimmt alles, die Kofferraumklappe öffnet sich endlich.

Keine Sekunde zögern die Neuankömmlinge, springen aus dem Auto heraus und an den bekannten Tierpflegerinnen hoch. Kein Dominanzverhalten, sondern eine Übersprunghandlung befeuert durch die Freude über das Wiedersehen und das Bedürfnis nach Streicheleinheiten. Nach einem kurzen Gang auf die Waage geht es für sie los von der Leine, raus auf die Spielwiese des 6300 Quadratmeter großen Areals.

Im pensionseigenen Hundebadesee können die Vierbeiner sich bei sommerlichen Temperaturen abkühlen.
Im pensionseigenen Hundebadesee können die Vierbeiner sich bei sommerlichen Temperaturen abkühlen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Besonders Cooper kann es kaum erwarten, jeden seiner neuen Spielkameraden zu begrüßen, ganz egal ob Labrador, Cocker Spaniel oder Schäferhund. Die etwas schüchternere Emma schaut immer mal wieder nach Frauchen, doch spätestens am Sandstrand rund um den pensionseigenen Hundebadesee kommt die Tierschutzhündin aus sich raus. Nach mehreren Sprints über die Wiese und einer Abkühlung im Nass sind sie bereit für den Einzug in das Chalet, wo ihre Lieblingsspielzeuge und das gewohnte Futter schon im mit Reisegepäck beladenen Bollerwagen warten.

Wer sich eine der 28 Holzhütten in der Hauptreisezeit sichern möchte, muss früh dran sein. „Ein halbes Jahr vor Beginn der Sommerferien waren wir schon komplett ausgebucht“, erzählt Inhaberin Stegemann. Die nächsten freien Tierunterkünfte gibt es erst wieder nach der schulfreien Zeit – und selbst da seien die Verfügbarkeiten durch die vielen Reisenden ohne Kinder knapp.

Auf dem 6500 Quadratmeter großen Grundstück haben die Vierbeiner ausreichend Platz, sich vernünftig austoben zu können.
Auf dem 6500 Quadratmeter großen Grundstück haben die Vierbeiner ausreichend Platz, sich vernünftig austoben zu können. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Täglich erreichen die Weseler Tierpension kurzfristige Anrufe von angehenden Urlaubern, denen die private Unterbringungsmöglichkeit bei der Freundin, dem Nachbarn oder der Schwiegermutter doch noch weggebrochen ist: „Unsere Warteliste ist fünf DIN-A4-Seiten lang. Kurzfristig noch einen Platz in den Ferien zu finden, ist in allen Pensionen schwer, nicht nur hier.“ Neben Hunden finden dort auch Katzen, Nagetiere und Vögel ein Übergangszuhause, bis ihre Besitzer im Schnitt nach zehn bis 14 Tagen von ihrer Reise zurückkehren.

Die Nachfrage wäre ohne Probleme groß genug, um zu expandieren. Das möchte Nadine Stegemann Stand jetzt aber nicht – zu schwierig sei die Suche nach einem weiteren Standort ohne gebellempfindliche Nachbarn und nach geeignetem Personal: „Der Fachkräftemangel in der Tierpflege und bei Tierarzthelferinnen ist enorm.“ Emma und Cooper wird es jedenfalls freuen, dass sich das Team in ihrem Ferienort Wesel so ganz besonders viel Zeit für Streichel- und Spieleinheiten mit ihnen nehmen kann.

So erkennt man eine gute Pension: Tipps für Hundehalterinnen und -halter

Aber woran erkennen Hundehalterinnen und -halter eine gute Pension? Die Tierpsychologin Daniela Fiedler aus Goch gibt im NRZ-Gespräch Ratschläge, worauf es zu achten gilt.

Die Hundeverhaltensberaterin Daniela Fiedler aus Goch gibt Tipps für Hundehalterinnen und -halter.
Die Hundeverhaltensberaterin Daniela Fiedler aus Goch gibt Tipps für Hundehalterinnen und -halter. © Tim Schroer Photography

„Bei der Auswahl der Hundepension sollte darauf geachtet werden, dass Betreiber und Personal eine qualifizierte Ausbildung nachweisen können“, so Fiedler. Die Hundeverhaltensberaterin empfiehlt, von möglicherweise günstigeren Hobby-Pensionen Abstand zu nehmen. Oft käme es dort zu einer schlechteren gesundheitlichen Versorgung. „Obwohl die Kosten dafür natürlich beim Halter liegen, ist es leider überhaupt nicht selbstverständlich, dass ein Tierarzt gerufen wird, wenn der Hund krank ist“, moniert Daniela Fiedler. Ein weiterer Indikator für die Qualität eines Tierhotels ist die Sauberkeit der Anlage. Ein gutes Zeichen sei es, wenn eine Pension jederzeit auch kurzfristige Besichtigungen anbietet. „Wenn der Hundehalter ein komisches Gefühl hat, dann sollte er darauf hören und den Hund dort nicht abgeben.“

Auf die passende Haltungsform kommt es an

Darüber hinaus sei es wichtig, eine Hundepension auszuwählen, welche die passende Haltungsform anbietet. „Da gibt es große Unterschiede. Ist mein Hund verträglich mit Artgenossen, kann gut kommunizieren und fühlt sich wohl mit anderen Hunden, dann bietet sich die Rudelhaltung an.“ Hunde, die mit Artgenossen nicht verträglich sind, seien dagegen in einer Zwingerhaltung mit mehrmals täglichem, individuellen Auslauf besser aufgehoben. „Diese Unterbringungsart wird von vielen Hundebesitzern zu Unrecht pauschal abgelehnt. Dabei kann sie je nach Charakter die deutlich stressfreiere Wahl für das Wohl des Tieres sein“, schildert die Tierpsychologin.

Ebenso verkehrt ist laut Fiedler die Auffassung, dass es der Tierquälerei nahekäme, seinen Hund in einer Pension abzugeben. „Von diesem Gedanken sollte man sich frei machen. Wenn der Hund schon im Alltag gelernt hat, alleine zu bleiben, dann steht auch einem zweiwöchigen Aufenthalt in einer Hundepension nichts entgegen.“