An Rhein und Ruhr. Die Anzahl der Geldautomaten nimmt nach zahlreichen Sprengungen immer weiter ab. Trotzdem ist der Bargeldbedarf im vergangenen Jahr angestiegen.
Menschen, die Geld abheben oder einen Kontoauszug holen wollen, müssen dafür immer weitere Strecken zurücklegen. Gab es früher Geldautomaten an jeder Ecke, dünnen die meisten Banken und Sparkassen ihr Netz immer weitere aus. Zuletzt hatte die Volksbank Rhein-Lippe angekündigt, zum Monatsende drei Selbstbedienungsstandorte (SB) – also Zweigstellen ohne Personal – in Wesel und Hamminkeln zu schließen.
Hintergrund seien neben der zunehmenden Bedeutung von Online-Banking und Kartenzahlung die Sprengstoffanschläge auf Geldautomaten, die sich derzeit auf einem Rekordniveau befinden. Laut dem Landeskriminalamt NRW wurden im vergangenen Jahr 182 Automaten gesprengt. Das entspricht einem Anstieg von rund 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die Volksbank Schermbeck hat jüngst aus einer Geldautomatensprengung Konsequenzen gezogen und die betroffene Filiale geschlossen.
Zahl der Geldautomaten geht zurück
Deutschlandweit gab es Anfang des vergangenen Jahres 55.136 Geldautomaten. Im Jahr 2016 waren es noch 58.909. Die Commerzbank, die vor der Corona-Pandemie noch über 1000 Filialen in Deutschland hatte, ist bereits dabei, das Filialnetz zu halbieren. Die Deutsche Bank hat Mitte 2021 angekündigt, 40 Standorte in NRW, davon elf im Ruhrgebiet, zu schließen.
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Eine ähnliche Entwicklung ist bei den Sparkassen zu beobachten: „Die Zahl der Geldautomaten ist seit 2015 von 2558 auf 2215 gesunken“, heißt es in einer Mitteilung des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands. Bei den Filialen und SB-Standorten gab es einen Rückgang um knapp 25 Prozent. Grund sei die Entwicklung der bargeldlosen Zahlungen der Sparkassenkunden. So gab es im vergangen Dezember 34 Millionen Transaktionen mit der Bankkarte, im Vorjahresmonat waren es noch 26 Millionen.
Bargeldabhebungen angestiegen
Trotzdem ist auch der Bedarf an Bargeld wieder angestiegen. Während die Pandemie viele Menschen dazu brachte, das Kleingeld in der Tasche zu lassen, gab es zuletzt wieder einen leichten Anstieg der Abhebungen. „Betrachtet man nur einmal den umsatzstarken Monat Dezember, dann gehen diese zwar von 2015 bis 2021 von 9.460.363 auf 6.653.933 Verfügungen zurück, steigen aber im Jahr 2022 wieder auf 6.853.503“, schreibt der Sparkassenverband. Auch ist der durchschnittliche Verfügungsbetrag angestiegen: von 183,63 Euro (2015) auf 242,71 Euro (2022).
„Das Bargeld ist nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel in Deutschland. Dass trotzdem immer mehr Geldautomaten und Bankfilialen verschwinden, halten wir für falsch“, stellt Horst Vöge, Präsident des Sozialverbands VdK NRW klar.
Besonders für ältere Menschen sei die Entwicklung ein Problem. „Diese Menschen nutzen noch am meisten Bargeld, sind aber auch am wenigsten mobil und leiden darunter, wenn der Geldautomat um die Ecke plötzlich verschwindet.“
Abheben im Supermarkt
Viele Banken verweisen daher auf die Möglichkeit, auch im Einzelhandel Geld abheben zu können. Das geht mittlerweile in den meisten Supermärkten, Drogerien und auch an einigen Tankstellen. In der Regel muss dafür aber erstmal eingekauft werden, oft für mindestens 10 oder 20 Euro. Außerdem gibt es an den meisten Supermarktkassen höchstens 200 Euro Bargeld, also weniger als die rheinischen Sparkassenkunden durchschnittlich am Automaten abheben.
„Darüber hinaus kann man an der Supermarktkasse keine Überweisung abgeben“, sagt Vöge und verweist auf die vergleichsweise geringe Online-Banking-Verbreitung unter den Älteren. Nicht in jedem Rentnerhaushalt gebe es Internet. „Für eine Überweisung brauchen diese Menschen also mindestens eine SB-Stelle.“
Das weiß auch Guido Lohmann, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Niederrhein, der davon überzeugt ist, „dass die Nähe zum Kunden wichtig ist und zu unserer Philosophie gehört.“ In den 15 Jahren seiner Amtszeit sei aus diesem Grund keine einzige Zweigstelle geschlossen worden, erklärt er im Gespräch mit der NRZ. Auch für die Zukunft sei keine Schließung geplant. Lohmann habe zum Teil Verständnis für die Filialschließung, kennt die aktuellen Entwicklungen der Kundenbedürfnisse. Es dürften jedoch nicht die Bedürfnisse der ältesten Kunden ignoriert werden.