An Rhein und Ruhr. 6700 Menschen verunglückten in NRW mit E-Bikes. Der ADFC hat Vorschläge, wie es auf den Straßen an Rhein und Ruhr sicherer werden kann.
Montagabend in Wesel: Eine 53-jährige Pedelec-Fahrerin wird von einem Auto erfasst, stürzt und muss in ein Krankenhaus gebracht werden. Am selben Abend in Kempen: Ein 67-jähriger E-Bike-Fahrer fährt auf dem Radweg so weit links, dass ein entgegenkommender Elektrorad-Fahrer nicht ausweichen kann. Die beiden stoßen zusammen, verletzen sich leicht. Dienstagabend in Bad Lippspringe: Eine Jugendliche öffnet die Beifahrertür, ohne auf den Verkehr zu achten. Ein 71 Jahre alter Pedelec-Fahrer prallt gegen die Tür, stürzt gegen einen Baum, muss in die Klinik. Drei Polizeimeldungen aus NRW in zwei Tagen. 6700 Menschen verunglückten im vergangenen Jahr mit Elektrofahrrädern, 48 starben. Ist Radfahren in NRW sicher – oder nicht?
Axel Fell, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) in NRW, tut sich schwer mit einem klaren Ja oder Nein. Das Problem einer solchen Verkehrsunfallstatistik, wie sie am Mittwoch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf vorgestellt hat, sei: Sie liefere nur absolute Zahlen, sage also nicht aus, wie hoch der Anteil der verunglückten Pedelecfahrer an der Gesamtheit aller Verkehrsteilnehmer ist. Zudem würden die Ursachen und Folgen solchen Statistiken nicht erfasst.
In den Niederlanden gibt es weniger Sorgen
Axel Fell kommt also nicht allein durch die neue Verkehrsstatistik, sondern auch durch die Umfrageeindrücke beim Fahrradklimatest zu dem Schluss: „Das Radfahren in NRW ist – subjektiv wie objektiv – eher nicht so sicher“, sagt er im Gespräch mit der Redaktion – wohl wissend, dass der ADFC ja eigentlich mehr Menschen aufs Rad bekommen möchte.
Das unterstreicht eine Studie des Marktforschungsinstituts Ipsos aus dem Jahr 2021. Sie kam zu dem Schluss, dass in den Niederlanden 14 Prozent der Bevölkerung Sicherheitsbedenken beim Radfahren hätten – in Deutschland hingegen fast dreimal so viele (42 Prozent).
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So fordert der ADFC mehr Investitionen in die Sicherheit und den Ausbau der Radinfrastruktur. „Es braucht extra reservierte Flächen für Radfahrende“, meint Axel Fell. Dazu gehörten breitere Radwege, weil sie ja inzwischen auch immer voller werden – durch Rad-, aber auch E-Scooter-Fahrende.
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Dazu gehöre aber auch eine freie Fahrt. Oft stünden Schilder, Verteilerkästen, Werbeschilder, parkende Autos oder Elektro-Roller auf dem Radweg. Man könne sich auf Radwegen nicht so gradlinig bewegen wie ein Autofahrer auf der Straße, so Fell.
Tempo 30 und radfreundliche Ampelschaltungen
Da bauliche Maßnahmen, wie die Verbreiterung und der Ausbau der Radwege, erfahrungsgemäß nicht schnell geschehen, plädiert Fell auch für schnelle Lösungen wie die Einführung von Tempo 30 innerorts, Ampelschaltungen mit einem Vorsprung für Radfahrer oder die Errichtung von sogenannten Pop-up-Radwegen durch gekennzeichnete Linien oder Absperrungen.
Für eine Helmpflicht oder die verpflichtende Teilnahme an Pedelec-Sicherheitstrainings spricht sich der ADFC nicht aus, appelliert aber an Radfahrer, solche Trainings zu nutzen. Der ADFC bietet sie in seinen Radfahrschulen für Erwachsene an – und selbst der Autoclub ADAC macht Angebote für so etwas.
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Mit Blick auf die Unfallzahlen bekräftigt das Verkehrsministerium NRW auf Anfrage der NRZ, „dass die Vision Zero ein zentraler Bestandteil des Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetzes ist.“ Mit der „Vision Zero“ soll erreicht werden, dass es in Nordrhein-Westfalen keine Verkehrstoten mehr geben soll.
Daher werde zurzeit ein neues Verkehrssicherheitsprogramm erarbeitet, das sich auch mit der verstärkten Pedelecnutzung auseinandersetzt. Insgesamt stellt die schwarz-grüne Landesregierung in diesem Jahr 90,5 Millionen Euro für Ausbau und Erhaltung der Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung. Welche Projekte in diesem Jahr angegangen werden, ist Bestandteil des Radwegeprogramms. Das wird für 2023 derzeit erarbeitet.