Krefeld. Moritz Lübbers hat als Salzbauer in der Bretagne gearbeitet. Nun führt er in Krefeld-Uerdingen eine eigene Salzmanufaktur. Der Name: Sel la vie.
Eine einzige Prise Salz kann schon für den kleinen, aber feinen Unterschied sorgen. Doch ist Salz nicht gleich Salz, wie Moritz Lübbers mit seiner Manufaktur „Sel la vie“ beweisen möchte. Zugegeben, ein so intensives Gewürz eignet sich nicht gerade zum genussvollen Verkosten. Deshalb gibt’s erst einmal ein Bonbon in die Hand gedrückt. „Karamell oder Lakritz?“ Karamell bitte. Und ja… das Salz ist zu schmecken, ganz leicht nur, aber genau das ist auch so gewollt. „Salz ist ein Geschmacksträger“, erklärt er, „es intensiviert natürliche Aromen und verhindert, dass etwas zu süß wird.“
Moritz Lübbers ist ein echter Salzexperte, mittlerweile, denn eigentlich ist er auch studierter Sozialpädagoge und leidenschaftlicher Weltenbummler. Als Letzterer hat er schon so einiges erlebt, hat in Kanada Bäume gefällt und Knoblauch geerntet. Um nur zwei von vielen Erlebnissen zu nennen. Und über eine Freundin, die er in Mexiko kennengelernt hat, landete er 2014 in Frankreich, genauer gesagt in Guérande, wo er eine Saison lang als Salzbauer arbeitete. Ein Job am Meer? Klingt toll, bedeutete aber auch: „Morgens um 4 Uhr aufstehen.“ Das war schon hart, gibt er zu, Spaß aber hatte er trotzdem.
Salzblumen auf dem Wasser
Um zu zeigen, was genau er in den Salinen gemacht hat, führt Moritz Lübbers zum Schaufenster seiner Manufaktur. Hier hängen großformatige Bilder, alle aufgenommen aus seiner Zeit in der Bretagne. „Dort drüben“, er zeigt auf ein Foto von sich, „hole ich mit einem riesigen Schieber das grobe Salz vom Boden der Becken.“ Das grobe Salz namens „Sel Marin“ macht rund 97 Prozent der Salzgewinnung aus, die restlichen drei Prozent dagegen das feine Salz, bekannt als „Fleur de Sel“. Und wieso es „Salzblumen“ sind, ist auf einem anderen Foto gut zu erkennen. „Das Salz blüht auf der Wasseroberfläche auf“, erklärt er.
Deshalb lässt es sich auch nur bei gutem Wetter mit einem Sieb ernten. „Das ist fast so, als ob man eine Eisschicht abschöpfen würde“, sagt Moritz Lübbers. Viel gelernt hat er durch seine Saisonarbeit, vor allem auch, dass gerade deutsche Touristinnen und Touristen das „weiße Gold“ gern als kulinarisches Andenken mit nach Hause nehmen. Wäre das nicht vielleicht eine Geschäftsidee...? Einen Versuch ist es doch wert, dachte er sich, und ließ sich am Ende seinen Lohn in Salz auszahlen. 400 Kilogramm Fleur de Sel, „das passte gerade so in mein Auto“, erzählt er.
Gesalzene Bonbons
Zurück in Krefeld rief Moritz Lübbers seinen guten Freund Marcel Wendel an und stelle ihm, dem gelernten Kaufmann, seine Geschäftsidee vor. Die Reaktion: Lachen. Und dann die Antwort: „Alles klar, ich bin dabei! Aber nur, wenn wir es groß aufziehen.“ Gesagt, getan. An den allerersten Markt, auf dem die beiden ihr Produkt verkaufen wollten, kann sich der Krefelder nur allzu gut erinnern. Der französische Gourmetmarkt in Erkelenz war das, „und wir waren völlig unerfahren“. Am Freitag verdienten sie 100 Euro, am Samstag 200 Euro – viel zu wenig. Am Sonntag aber waren es schon 1000 Euro.
„Da wussten wir, dass es doch funktionieren kann“, sagt Moritz Lübbers. Also überlegten sie sich, wie sie weiter vorgehen, wie sie das Produkt noch einfacher an den Menschen bringen können. Die Idee mit den gesalzenen Bonbons war dabei entscheidend, „ein Durchbruch für den Marktverkauf“, wie er betont. Die ersten 100 Tüten waren nach einer Stunde verkauft. Und zu jedem Bonbon gab’s die ungewöhnliche Geschichte gratis dazu. Aber was genau ist denn nun der kleine, aber feine Unterschied zwischen Industrie- und Natursalz?
Natur- statt Industriesalz
Dazu führt Moritz Lübbers nach hinten, wo sich die vielen Leinensäcke nur so stapeln. Gerade erst ist eine neue Fuhre gekommen. Drei Tonnen Fleur de Sel und ein paar Säcke Sel Marin kauft er jährlich dem Salzbauer Alex aus Guérande ab, um sie dann in Krefeld abzufüllen und weiterzuverarbeiten. Doch unter den Paletten ist es ja ziemlich feucht? Er nickt. „In naturbelassenen Salzen bleibt immer eine Restfeuchtigkeit erhalten.“ Trocknungsmittel, wie sie im klassischen Tafelsalz zu finden sind, fügt er keine hinzu, packt es höchstens in den Dörrofen – wenn Kräuter hinzukommen beispielsweise, „die würden sonst aufquellen“.
Ein weiterer Unterschied zum Industriesalz: „Die unterschiedlichen Kristallgrößen“, die nicht durch den herkömmlichen Streuer passen, „und unser Salz hat zwar auf natürliche Weise Jod drin, aber nur in ganz geringen Mengen.“ Entscheidend aber ist natürlich der Geschmack und da stellt sich bei 97 Prozent Natriumchlorid nun die Frage: Ist Salz nicht doch gleich Salz? Nee, natürlich nicht, sagt der Experte. „Das Meerwasser fließt über den Lehmboden der Bretagne und die vielen Mineralien lösen sich aus dem Boden, um dann im Salz gespeichert zu werden.“ Das ist nicht nur gesund, sondern schmeckt auch noch gut.
Viele Mineralien
Jetzt aber muss es doch eine kleine Verkostung geben – erst einen winzigen Kristall vom leicht bräunlichen Sel Marin, dann einen vom hell weißen Fleur de Sel. Schmeckt beides… salzig. Und doch, das gröbere Salz ist etwas kräftiger im Geschmack. „Weil es auf dem Lehmboden lag, stecken dort mehr Mineralien drin“, erklärt Moritz Lübbers, „deshalb nimmt man das gröbere Salz auch zum Kochen und das feinere Salz zum Drüberstreuen.“ Gerade in der Gourmetküche ist das „weiße Gold“ gefragt, weshalb sich das Hauptgeschäft mit der Zeit vom Markt- zum Direktverkauf an Geschäftskundinnen und -kunden verlagert hat.
Seit Mai dieses Jahres hat die Manufaktur zudem einen eigenen Laden mitten in der Uerdinger Innenstadt, in dem sich alles ums Salz dreht. Da sind die kleinen Beutel, in denen die beiden Salze abgefüllt sind, da sind die verschiedensten Kräutersalze – von klassischem Knoblauch über pinkes Curry bis hin zu feuriger Paprika – oder auch die Gewürzmischungen wie „Algomasio“ – Sesamsalz mit Algen, der absolute Liebling von Moritz Lübbers. Alles biozertifiziert, alles regional abgefüllt. Und wer sich jetzt fragt, was sich denn mit „Kokossalz“ so anstellen lässt, muss nur die Verpackung öffnen… und findet ein passendes Rezept.
Vom Saisonarbeiter zum Geschäftsmann
Die Karamell- und Lakritzbonbons gibt’s hier natürlich auch zu kaufen, außerdem Karamell- und Schoko-Creme oder Lakritzlikör. Vieles wollen die beiden in Zukunft selbst herstellen, die passenden Maschinen haben sie bereits gekauft. Und neue Produkte, wie gesalzene Nüsse, sollen bald das Sortiment erweitern. Ja, Ideen hat er noch viele, sagt Moritz Lübbers. Die Geschichte des Saisonarbeiters, der zum Geschäftsmann wurde, ist eben noch längst nicht auserzählt… C’est la vie – Pardon – Sel la vie, natürlich.
>>> Salzmanufaktur „Sel la Vie“ in Krefeld-Uerdingen
Die Salzmanufaktur „Sel la Vie“, Niederstraße 38 in Krefeld-Uerdingen, hat montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr sowie samstags von 9.30 bis 13 Uhr geöffnet.
Alle Produkte von „Sel la Vie“, inklusive vieler Rezeptideen, sind auch im Online-Shop erhältlich: www.sellavie.eu