An Rhein und Ruhr. Die Influenza-Fallzahlen sind zuletzt stark gestiegen. Impfstoff ist laut Ministerium ausreichend vorhanden. Auch Apotheken bieten Impfungen an.
Die Augen sind glasig, der Körper ist heiß, und trotzdem schüttelt es einen frostig unter der warmen Bettdecke durch. So geht es zurzeit vielen Menschen. Denn sie ist da: die mächtige Grippewelle. Neben Coronainfektionen gibt es sie ja auch noch. „Herbst und Winter ist Grippesaison. Die Zahl der Patienten mit Erkältungssymptomen steigt seit ein paar Wochen in den Praxen deutlich an. Die Wartezimmer sind voll, und immer mehr Patienten melden sich telefonisch“, sagt Monika Baaken, Pressesprecherin des Hausärzteverbandes Nordrhein. Das bestätigt auch Heiko Haffmanns vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW. „Bedingt durch den außergewöhnlich frühen Start der Grippewelle gibt es für die Jahreszeit ungewöhnlich hohe Fallzahlen.“
Laut dem Paul-Ehrlich-Institut, dem Bundesinstitut für Impfstoffe, seien bisher 28,4 Mio. Impfdosen für den deutschen Markt freigegeben, erklärt der Ministeriumssprecher, Stand 13. November, Engpässe seien nicht bekannt.
Impfungen auch in Apotheken
Während die Zahl der Corona-Neuinfektionen in NRW rückläufig ist, sind allerdings die Fallzahlen der bestätigten Influenza-Fälle mit 500 im Vergleich zur zweiten Novemberwoche (rund 270) stark gestiegen, erklärt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein. Einen genauen Überblick haben die Behörden, weil die Grippe eine Krankheit ist, die von den Gesundheitsämtern gemeldet werden muss. „In der zweiten Novemberwoche, also der 45. Kalenderwoche, erkrankten laut Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts geschätzte 6,7 Prozent – oder 5,6 Millionen Menschen in Deutschland – an einer akuten Atemwegserkrankung“, berichtet Andrea Hof von der KV Nordrhein. In den meisten Altersgruppen liege die Zahl der Arztbesuche wegen dieser Symptome höher als im langjährigen Durchschnitt. „In NRW waren es in der 45. Kalenderwoche 1700 Konsultationen je 100.000 Einwohner. Das ist höher als der Wert für Deutschland insgesamt.“
Impfstoff ist ausreichend vorhanden, und man kann sich bei Ärzten oder Apotheken impfen lassen. Nur während man eine Infektion hat, gehe das natürlich nicht. Aus dem Grunde raten Ärzte, sich rechtzeitig eine Grippeimpfung geben zu lassen. Beide Impfungen gleichzeitig zu erhalten – gegen Corona und Grippe – sei kein Problem, wenn es um die vierte Corona-Impfung geht, erklärt das Gesundheitsministerium.
Noch vor einigen Monaten gab es heftigen Streit zwischen Ärzten und Apothekern, weil die Ärzte sich dagegen wehrten, dass in Apotheken geimpft werden darf. Mittlerweile hat sich die Aufregung gelegt. Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, erklärt: „Das Impfen in der Apotheke ist schon fast zur Routine geworden. Apotheker dürfen schon seit drei Jahren AOK-Versicherte impfen, seit Oktober dieses Jahres alle Versicherten, einschließlich der Privatpatienten.“ Durch die anfänglichen Differenzen mit den Ärzten hätten einige Apotheker erst einmal abgewartet, ob sie Impfungen anbieten. „Daher impfen zurzeit ungefähr 20 Prozent der Apotheker gegen Grippe und 15 Prozent gegen Corona.“ Aber das sei erst der Anfang, irgendwann werde es ganz normal sein, sich in der Apotheke eine Impfung abzuholen.
Denn es habe ja Vorteile: Es gehe um gute Erreichbarkeit, auch die Öffnungszeiten kämen vielen entgegen, zum Beispiel mittwoch- und freitagnachmittags, genauso wie samstags sei Impfen möglich. „Das regelt aber jede Apotheke für sich. Zum Thema Impfen gab es vorher Schulungen durch Ärzte. Oft kennen die Apotheker die Patienten gut, weil sie immer die Medikamente dort kaufen. Ansonsten gibt es eine Checkliste, die abgefragt wird.“ Zwischenfälle habe es bisher nicht gegeben. „Und Risiko-Patienten, zum Beispiel jene, die Blutverdünner nehmen, schicken wir zum Impfen zu den Ärzten“, erklärt Preis.
Hoher Krankenstand in manchen Betrieben
Und wie ist die Lage in Unternehmen? „Thyssenkrupp Steel verzeichnet momentan einen Krankenstand, der – verglichen mit den Vorjahren – relativ normal ist für diese Jahreszeit. Krankmeldungen können natürlich im Einzelnen Teams oder Schichten sehr belasten. Für die Stahlsparte im Ganzen verzeichnen wir momentan allerdings keine flächendeckenden Einschränkungen“, erklärt Christine Launert von Thyssenkrupp Steel. Viele Betriebe aber haben zurzeit mit einem ausgesprochen hohen Krankenstand zu kämpfen. Auf der einen Seite wegen Coronainfektionen, aber eben jetzt im Herbst auch wegen der mächtigen Grippewelle.
Von der Problematik werden auch Hausarztpraxen nicht verschont. „Sie haben auch teilweise hohe Krankenstände. Das lässt sich bei der Virenlast ja nicht vermeiden“, so Monika Baaken.
INFO:
Das Gesundheitsministerium NRW erläutert, wer sich gegen Grippe impfen lassen sollte und verweist auf die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko): Alle Personen ab 60 Jahre, alle Schwangeren ab der 14. Woche und Personen mit erhöhter Gefährdung infolge einer Vorerkrankung. Außerdem sollten sich medizinisches Personal, Personen in Einrichtungen mit Publikumsverkehr und Menschen, die Risikopersonen betreuen, einen Schutz geben lassen.
Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium NRW und anderen Partnern engagiert sich die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein im Bündnis „NRW impft – Bleib gesund!“. Ziel sei es, so die KV, über den Schutz durch eine erneute Impfung gegen das Coronavirus und auch über die Wichtigkeit der Grippeimpfung aufzuklären.
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