Plettenberg/Rhein und Ruhr. In einem Freizeitbad im Sauerland wird bald nur noch in Badekleidung geschwitzt. Wie die Lage im Ruhrgebiet und am Niederrhein ist.
Nackt in die Sauna – das hört sich für Deutschland völlig normal an. Doch im Aquamagis, einem beliebten Freizeitbad in Plettenberg im Märkischen Kreis, wird es damit schon bald vorbei sein. Wenn die Ende November startenden Revisionsarbeiten beendet sind, werden die Sauna-Zeiten nicht nur auf die Wochenenden reduziert, sondern auch komplett auf Textilsaunen umgestellt. Sprich: Die Schwitzbäder dürfen nur noch in Badehose, Bikini oder Badeanzug betreten werden.
Uwe Allmann ist der Geschäftsführer des Aquamagis – und er verteidigt im Gespräch mit der Redaktion diese Entscheidung. Es gebe gleich mehrere Gründe: Da sei die zu erwartende Verdreifachung der Strom- und Gaspreise ab 2024 bei gleichzeitig rückläufigen Besucherzahlen im Saunabereich – im Gegensatz zum „extrem erfolgreichen Freizeitbad“. Personalmangel spiele auch eine Rolle. Aber Uwe Allmann nennt auch diesen weiteren Grund, der aufhorchen lässt: „Ja, es ist auch insgesamt ein ‚Nachwuchsproblem‘ im FKK-Saunabereich zu verzeichnen.“ Es gehe generell – „wahrscheinlich zeitlich und gesellschaftlich bedingt“ – das regelmäßige Saunatreffen wochentags massiv zurück. „Gleichzeitig ist das immer weniger ein Freizeitangebot für die Jüngeren“. Auf der anderen Seite stellt Allmann dagegen fest: „Textilsaunieren ist schon ein Trend, auch international.“
Saunakilts in Oberhausen und ein Experiment in Emmerich
Folgt das Aquamagis einem bundesweiten Trend? Die Therme Erding bei München, nach eigenen Angaben „die größte Therme der Welt“, hat zum Beispiel auch ihre textilen Angebote kontinuierlich ausgebaut – auf Wunsch der Gäste. Die gestiegene Nachfrage sieht Geschäftsführer Marcus Maier auch „kulturell bedingt“. Oder in Paderborn: In der dortigen „Schwimmoper“ ist – begleitet von öffentlichen Diskussionen – schon vor gut fünf Jahren eine Textilsauna eingeführt worden.
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Im Revierpark Vonderort in Oberhausen gibt es das Saunieren in Badebekleidung zwar noch nicht, aber abgeneigt ist man hier nicht. Sollte das Bad umgebaut werden – der Solbadbereich ist derzeit geschlossen – , sei geplant, ein oder zwei Textilsaunakabinen zu errichten. „Es wäre schön zu sehen, wie das angenommen wird“, sagt Jennifer Conti. Die Badleiterin sieht in dem bekleideten Schwitzen eine Möglichkeit auch von jungen Personen zum Einstieg in die Sauna, „weil vielleicht nicht jeder so selbstbewusst ist“. Das Schamgefühl spiele eine große Rolle.
So sieht es in Wesel aus
Wer sich nicht gänzlich nackt zeigen möchte, kann in Vonderort bereits jetzt einen Saunakilt tragen. Das, so Conti, werde gut angenommen. Das Saunakleid ist auch im Bad zu kaufen – und für Kinder gibt es entsprechende Kinderkilts.
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Das Embricana in Emmerich hat kurz nach der Corona-Wiedereröffnung probeweise einen Textiltag eingeführt. „Das ist aber gar nicht angenommen worden“, berichtet die stellvertretende Badleiterin Sonja Killemann auf Anfrage der Redaktion. Mehr als sechs Gäste pro Tag seien damals nicht gekommen. Und so habe man sich wieder von dem Textiltag verabschiedet. Auch im Weseler Heubergbad gebe es keine Nachfrage nach dem Tragen von Badebekleidung in der Sauna, sagt eine Sprecherin.
„Textilsaunen nehmen in Deutschland nur einen geringen Anteil im Angebot öffentlicher Saunaanlagen ein und sind noch eine Randerscheinung“, sagt Martin Niederstein, der Geschäftsführer des Deutschen Sauna-Bundes. Sie würden häufiger von Gästen „anderer Kulturkreise oder anderer Religionszugehörigkeit“ genutzt und auch von Frauen. Aber auch in vielen textilfreien Saunabetrieben gebe es bereits seit vielen Jahren auf Frauen zugeschnittene Angebote: „spezielle Damensaunatage, die dem Wunsch nach einem geschützten Raum Rechnung tragen“.
Der Druck der sozialen Medien
Und die Beobachtung, dass Nackt-saunieren bei jungen Menschen unbeliebt ist? „Dass jüngere Menschen schambehafteter sind und daher das textilfreie Saunabaden bei ihnen nicht so beliebt ist“, erwidert Verbandsfunktionär Niederstein, „war schon immer so. Sie befinden sich eben in einer Findungsphase.“ Womöglich sei für junge Leute das Aufwachsen aber auch durch die Digitalisierung schwieriger geworden: „Häufig leben sie in dem Druck, sich in sozialen Medien präsentieren zu müssen, wobei ihnen Filter helfen, einem Schönheitsideal zu entsprechen.“ Unbekleidet in einer Sauna sei dies kaum möglich. Und in ihrer Verunsicherung gehe Natürlichkeit verloren.
Sauna-Bund-Geschäftsführer Niederstein bricht eine Lanze für das textilfreie Saunieren. Dafür sprächen auch funktionale Gründe: Die Wärmestrahlung in der Saunakabine solle die Haut ungehindert erreichen, die Schweißverdunstung solle nicht beeinträchtigt werden. „Zudem ist es weder angenehm noch hygienisch, in einem Badeanzug zu schwitzen, der möglicherweise auch noch aus synthetischen Materialien hergestellt ist.“