An Rhein und Ruhr. Das Jahrhundertprojekt RRX steht in Dortmund wieder ganz am Anfang, dafür gibt es für die Bauphase südlich von Duisburg eine innovative Lösung.

Das Langzeitprojekt Rhein-Ruhr-Express (RRX) nähert sich seinen nächsten Stationen: Die Bahn ist zuversichtlich, dass es zwischen Duisburg und Düsseldorf bald Baurecht gibt. Nochmal zurück an den Anfang geht es zwischen Bochum und Dortmund: Der Abschnitt wird erneut überplant. Aber der Reihe nach: Die nächste größere Station im Baustellenmarathon ist Duisburg - und da gibt es eine für die Fahrgäste angenehme Überraschung: eine elegante Umleitung..

Um es mal aus Autofahrersicht zu schildern: Man stelle sich vor, die A3 würde zwischen Duisburg und Düsseldorf einspurig, für Jahre. So ähnlich wird es, ab Ende des Jahrzehnts, auf der Bahnstrecke zwischen den beiden Städten aussehen. „Aber wir haben hier eine planerische Revolution“, so Projektleiter Michael Kolle, der mit einem mittlerweile 90-köpfigen Team (mit vielen offenen Stellen für Ingenieure und Techniker) das Jahrhundertprojekt RRX vorantreibt.

Ist schon ausgeguckt als Reaktivierungskandidat, wird jetzt aber erst einmal Umleitung: die Ratinger Weststrecke soll den Regionalverkehr übernehmen, wenn auf der Strecke Düsseldorf-Duisburg gebaut wird – Ende des Jahrzehnts.
Ist schon ausgeguckt als Reaktivierungskandidat, wird jetzt aber erst einmal Umleitung: die Ratinger Weststrecke soll den Regionalverkehr übernehmen, wenn auf der Strecke Düsseldorf-Duisburg gebaut wird – Ende des Jahrzehnts. © Kreis MettmanN

Die Revolution ist etwas, was für Straßenbauer eher selbstverständlich ist: Wenn ich eine Straßenverbindung sperre, muss eine Umleitung her. Genau das soll jetzt in Duisburg passieren: Ein zusätzliches Gleis samt Kurve und Brücken macht es während der Bauphase möglich, dass der Regionalverkehr weiterhin rollt: Dafür ausgeguckt ist die so genannte Ratinger Weststrecke über Wedau und Tiefenbroich nach Duisburg.

Auch dafür gibt es Geld aus dem RRX-Topf, den zu 95 Prozent der Bund füllt, die übrigen Prozente kommen von der Bahn. Charmanter Vorteil: Überlegungen, auch diese Güterzugstrecke von Düsseldorf nach Duisburg für Personenzüge zu reaktivieren, werden deutlich attraktiver und wahrscheinlicher. Allerdings: das ginge dann wohl erst nach der Bauphase, die hier vermutlich Ende des Jahrzehnts beendet werden kann.

Anders als heute, wo erst ein Fahrplan entworfen und Züge gekauft und dann mal geschaut wird, wie man das baulich auf die Strecke bringt, hat man in Duisburg schon vor schätzungsweise 150 Jahren auf Vorrat geplant und gebaut: Für das Gleis, das künftig die Einfädelung der Züge von Ratingen Richtung Mülheim und Essen ermöglicht, stehen schon Brückenköpfe an Duisburger Straßen. „Aber die werden wir wohl neu machen müssen“ seufzt Michael Kolle.

Derlei „Alles wieder auf Anfang“-Fälle gibt es beim RRX schon mal öfter: Jüngster Punkt: Wegen des Deutschlandtaktes, der ab 2030 dafür sorgen soll, dass alle Ballungsgebiete im Fernverkehr im Halbstundentakt verknüpft werden, muss im Umfeld des Dortmunder Hauptbahnhofs noch mal neu geplant werden. Der Abschnitt von der Stadtgrenze Bochum bis Hamm braucht mehr Kapazitäten und mehr Überführungsbauwerke, damit Züge ein- und ausfahren können, ohne das sich ihre Wege kreuzen. Also geht es in Dortmund wieder in die Vorplanung. Danach folgen stets diverse Schritte: Planung, Bürgerbeteiligung, Planfeststellung, Offenlage, Einwendungen, Genehmigung - und dann irgendwann der Bau.

Es droht noch ein kleiner Umweg über Leipzig...

Jetzt startet die Bürgerbeteiligung südlich von Duisburg und Kolle ist optimistisch, dass das kritisch, konstruktiv, aber einvernehmlich über die Bühne geht und die Unterlagen noch 2023 genehmigt werden können. Denn der Ausbau bringt nicht nur für die Bahnreisenden Vorteile, sondern auch für die Anwohner, die bei der Gelegenheit Schallschutzwände bekommen, die den Bahnlärm in etwa halbieren, so Kolle.

Das wird nur weniger Kilometer weiter südlich traditionell anders gesehen: In Angermund fordern einige Anwohner seit Jahren vehement eine Tunnellösung, die Gutachter halten das für nicht machbar. Aber auch hier rechnet Kolle mit Planungsrecht in 2023 – und eine andere Umleitung: „Die Fahrkarten nach Leipzig haben wir schon gekauft“, sagt er ironisch: Er rechnet damit, dass die Anwohner vors Bundesverwaltungsgericht ziehen.

Der RRX von Köln bis Dortmund: So ist der Stand der Dinge:

Von Köln bis Köln-Mülheim ist für den RRX bereits alles angerichtet. Derzeit wühlen sich die Bagger südlich von Benrath bis kurz vor Köln durchs Gelände: Bis zur EM 2024 sollen hier vier Gleise liegen, damit genug Platz für S-Bahn und RRX ist. In Benrath wird noch einmal neu geplant: Der RRX bekommt hier eigene Bahnsteige, damit er dem Fernverkehr nicht im Weg steht. Auf eigenen Gleisen geht es dann weiter bis nördlich von Düsseldorf. Bis Unterrath ist alles geplant.

Nördlich davon läuft die Planfeststellung, nur die oben erwähnte Kurve zur Ratinger Weststrecke muss noch einmal in die Genehmigung. In Mülheim ist soweit alles geregelt, Baurecht gibt es auch für die Streckenabschnitte in Essen und Bochum. Vom Baurecht bis zum Baustart dauert es allerdings immer ca 3 Jahre, die Zeit ist nötig für Ausschreibung und die Planung des Zugverkehrs während der Bauphasen. In Dortmund - und auch weiter Richtung Hamm - geht man jetzt nochmal zurück auf Anfang. Damit irgendwann alles viel besser wird auf der Schiene.