An Rhein und Ruhr. . Der RRX braucht in Zukunft mehr Platz im Fahrplan. Deswegen müssen mehr Züge auf die S-Bahngleise ausweichen. Dort wird streckenweise gekürzt.

Was passiert auf der Straße, wenn von zwei Spuren plötzlich nur noch eine zur Verfügung steht? Es staut sich. Damit das nicht geschieht, müsste, streng physikalisch, im einspurigen Engpass doppelt so schnell gefahren werden. Geht nur nicht.

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Doch die Bahn probiert es: Ab Juni 2019 geht die nächste RRX-Linie in Betrieb, im Dezember 2019 folgt die nächste: Dann muss sich auf den überfüllten Strecken im Revier einiges ändern: Vor allem die S-Bahnen müssen auch im Fahrplan Platz machen für den neuen Nahverkehr – sie fahren künftig meist im 30-Minuten-Takt. Das bringt mancher Station deutliche Nachteile.

Aber der Reihe nach: Der RRX, der seit einigen Wochen auf der ersten Linie rollt, ist schnell und mit extra breiten Türen versehen, damit er die (zu) wenigen Gleise zwischen Dortmund und Duisburg (fast) genauso schnell wieder freiräumt wie IC und ICE.

Zusätzliche Gleise für RRX nur abschnittsweise

Denn zusätzliche Gleise für den Zug wird es nur zwischen Köln und Duisburg und Duisburg und Hamm geben. „Man kann ja schlecht entlang der Trasse die Häuser abreißen“, sagt Detlef Neuß von Pro Bahn. Aber man versuche, schneller zu werden. Mit besseren Zügen – und mit weniger Stopps.

Hier soll der RRX fahren: Deutlich erkennbar: In Mülheim und Wattenscheid fahren je zwei Linien durch, Das soll sich womöglich aber noch ändern.
Hier soll der RRX fahren: Deutlich erkennbar: In Mülheim und Wattenscheid fahren je zwei Linien durch, Das soll sich womöglich aber noch ändern. © Denise Ohms/VRR

Seit den ersten RRX-Planungen ist die Empörung in Wattenscheid oder Mülheim groß: Denn nicht jeder RRX wird an jedem Bahnhof halten – das macht ihn schneller. So soll in Wattenscheid nur jeder zweite RRX halten und in Mülheim derzeit drei von fünf Linien – nur eine Fußbote der derzeitigen RRX-Planung spricht davon, dass ein Halt aller Linien dort „angestrebt“ ist. Auch am Stopp in Köln-Mülheim gibt es noch Fragezeichen.

Nahverkehr muss auf die S-Bahngleise

Die Idee dahinter: RRX, IC und ICE sollen sich nicht in die Quere kommen, also gleich schnell sein. Was ICE und IC an Höchstgeschwindigkeit voraus haben, muss der RRX durch Spurtstärke kompensieren. Und alles, was sonst noch Nahverkehr ist, muss auf die S-Bahn-Gleise ausweichen.

Das gilt beispielsweise für die Regionalbahn 40 von Essen nach Hagen, die nicht mehr über Wattenscheid, sondern über Steele auf den S-Bahngleisen fährt: Essen muss dafür einen ganzen Bahnhof opfern: Kray-Süd ist ab Ende des Jahres Geschichte.

Regionalverkehr unterhalb des RRX-Niveaus wird künftig verlegt – auf die Gleise der S-Bahn. Bedenklich dabei: Die bislang besseren Pünktlichkeitswerte der S-Bahn verdanken sich dem Umstand, dass sie weitgehend auf eigenen Strecken fuhr.

Die S-Bahnlinie 9 ist eine von denen, die künftig nur noch alle 30 Minuten fahren wird.
Die S-Bahnlinie 9 ist eine von denen, die künftig nur noch alle 30 Minuten fahren wird. © Uwe Möller

S-Bahnen oft nur noch im Halbstundentakt

Damit ist ab Jahresende Schluss. Und für noch mehr Platz kommt im Dezember 2019 die größte Fahrplanumstellung seit Einführung des S-Bahnsystems: Im Kernrevier werden S-Bahnen nur noch im Halbstundentakt fahren.

Warum das? Leicht vereinfacht gesprochen, versuchen die Fahrplaner schnelle und langsame Züge zu trennen. Die schnellen sind RRX, ICE und IC. Die langsamen, das sind S-Bahnen und der übrige Regionalverkehr.

Der bekommt neue Linien, die eine Art Spagat versuchen: sie sollen gestrichene S-Bahnen ersetzen und gleichzeitig neue Verknüpfungen schaffen, von denen sich der VRR knapp fünf Millionen neue Fahrten im Jahr verspricht.

Der VRR spricht bei der S-Bahn zwar von einem 15-Minuten-Takt und davon, dass es faktisch mehr Zugkilometer geben wird, aber das gilt nur für einige wenige Linien zu Berufsverkehrszeiten in und um Dortmund und einen Teil der S-Bahnlinie 1.

Ungleiches Rennen bei Sonnenuntergang : Ein ICE und eine S-Bahn verlassen den Essener Hauptbahnhof in Richtung Bochum.
Ungleiches Rennen bei Sonnenuntergang : Ein ICE und eine S-Bahn verlassen den Essener Hauptbahnhof in Richtung Bochum. © Kerstin Kokoska

Denn die fährt künftig in drei verschiedenen Takten: Solingen-Düsseldorf-Duisburg alle 20 Minuten, Duisburg-Essen alle 30 Minuten, Essen-Dortmund alle 15 Minuten. Verwirrend, aber meist kein Drama: kaum einer fährt die S-Bahn für längere Strecken.

Einfacher, aber für Fahrgäste nicht besser wird es auf der S 3 Oberhausen-Essen-Hattingen und der S 9 Bottrop-Essen-Langenfeld-Wuppertal: Sie fahren künftig nur noch alle 30 Minuten. Und die S 2 zwischen Duisburg und Gelsenkirchen wird gleich ganz gestrichen.

Neue Linien sollen gestrichene S-Bahnen ersetzen

So wird eine neue Regionalbahnlinie 32 zwischen Duisburg und Gelsenkirchen die S 2 ersetzen, die RB 33 von Mönchengladbach nach Duisburg wird bis Essen verlängert – statt der S 1. Von Wesel über Dinslaken und Oberhausen geht es mit dem RE 49 ohne Umstieg nach Mülheim und Essen und weiter über Langenberg nach Wuppertal – das ersetzt Fahrten der S 3 und S 9 zumindest in Teilen.

Zwischen Essen und Bottrop werden die fehlenden Fahrten der S 9 durch zusätzliche Züge des RE 14 von Essen nach Gladbeck und ersetzt: der soll künftig ebenfalls halbstündlich fahren. Macht in der Summe gleichviele Fahrten, aber hier gilt wie für einige andere Linien: manche Unterwegsstation wird seltener angefahren. Schwacher Trost: Auch auf vielen S-Bahnlinien gibt es neue Züge. Nicht so schick und schnell wie der RRX. Aber dafür halten sie öfter.