Düsseldorf/Duisburg. Die dritte Etappe der NRZ-Sommerradtour führt von Düsseldorf über Kaiserswerth nach Duisburg – vorbei an so mancher geschichtsträchtiger Kulisse.
Herrlich dieser Ausblick. Gerade mal gut zehn Kilometer vom letzten Etappenziel unserer NRZ-Sommerradtour, dem Landtag in Düsseldorf entfernt, gönnen wir uns auf dem Weg nach Duisburg die erste kleine Pause in Kaiserswerth. Entspannt immer schön gerade aus ohne große Hindernisse ging es am Rhein entlang, vorbei am Flughafen, der zwar vom Rheindeich aus nicht zu sehen, aber gut zu hören ist. Alle paar Minuten hebt in diesen Tagen ein Flieger ab und so fliegen auch an diesem Morgen die Maschinen über die Köpfe der Rheinradler und Spaziergänger hinweg. Wenige Kilometer später ist davon aber nichts mehr zu hören. Hier auf der Kaiserpfalz, einem der geschichtsträchtigen Orte in der Region blicken wir nun auf den Rhein, so wie es wohl schon Kaiser Friedrich Barbarossa im 12. Jahrhundert getan haben dürfte. Er verlegte im 1174 den Rheinzoll von der niederländischen Stadt Tiel nach Kaiserswerth und ließ die damalige Insel zu einer mächtigen Festungsanlage ausbauen. „Die heute sichtbaren Überreste der Kaiserpfalz stammen aus jener Zeit“, weiß Stadtführerin Claudia Kuhs, mit der wir uns für einen Rundgang durch den alten Stadtkern Kaiserswerths verabredet haben.
Die älteste Ruine Düsseldorfs
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Die Ruine ist das älteste Bauwerk von Düsseldorf, wobei Kaiserswerth erst seit 1929 zur Landeshauptstadt gehört. „Düsseldorf hatte über Jahrhunderte gar nichts mit Kaiserswerth zu tun. Es gehörte lange Zeit zu Kurköln“, erklärt Claudia Kuhs, die Kindergruppen genauso wie Erwachsene durch die malerische Kulisse direkt am Rheinstrom führt. Der Rhein macht hier einen flachen Bogen, der Fluss kann gut 13 Kilometer überblickt werden. Kopfsteinpflaster, Barockgebäude, kleine Boutiquen und viele Cafés und Biergärten prägen heute das Bild Kaiserswerths, das Anfang des 18. Jahrhunderts harte Zeiten erlebte.
1702 brach der Spanische Erbfolgekrieg aus. Der kölnische Kurfürst Joseph Clemens stellte sich die Seite Frankreichs und machte sich so den Herzog von Jülich-Berg, Johann Wilhelm II. (auch Jan Wellem genannt), seines Zeichens Kurfürst von der Pfalz zum Feind. Truppen Brandenburgs, der Niederlande und Englands belagerten und nahmen die Kaiserswerth ein. „Fast alle Häuser in der Stadt waren zerstört, die Pfalzanlage stark beschädigt“, erzählt Claudia Kuhs. Auf Befehl von Jan Wellem, dessen Reiterbild als Denkmal auf dem Marktplatz in der Düsseldorfer Altstadt steht, wurde die Kaiserpfalz gesprengt, „die Bürger konnten sich aus dem Steinbruch für dem Wiederaufbau ihrer Häuser bedienen, noch heute haben manche Häuser in ihren Kellern Steine von der Kaiserpfalz“, erzählt Claudia Kuhs und weiter: „Für Jan Wellem war die Kaiserpfalz Feindesland, er wollte einen Wiederaufbau der Kaiserpfalz verhindern.“ Bei Niedrigwasser sind heutzutage noch große Mauerwerksbrocken im Kiesbett am Flussufer sichtbar. Durch den Frieden von Rastatt aber fiel Kaiserswerth 1714 wieder an das Kurfürstentum Köln zurück. Im Jahr 1838 erfolgte dann die Übernahme der Kaiserpfalz durch die Stadt Kaiserswerth.
Nächstes Ziel: Duisburg-Mündelheim
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Die Ruine ist aber noch lange nicht die einzige historische Besonderheit in Kaiserswerth: 1836 wurde von Theodor und Friederike Fliedner die Diakonissenanstalt Kaiserswerth gegründet. Das historische Stammhaus steht noch heute am Marktplatz. Bis 1861 wurden nach dessen Vorbild bis zum Jahr 1861 insgesamt 26 Mutterhäuser in ganz Europa aufgebaut und Florence Nightingale, die berühmteste Krankenschwester des 19. Jahrhunderts hat hier gelernt. Und: Um 700 errichtete der Missionsbischof Suitbertus auf einer Rheininsel eine Kirche und ein Benediktinerkloster, das spätere Kanonikerstift. Die ehemalige Stiftskirche und heutige Pfarrkirche St. Suitbertus ist auf jeden Fall sehenswert und auch ein Besuch des Heimat- und Bürgermuseums „lohnt sich“, sagt Claudia Kuhs, denn dort ist in einem Raum ein großes Keramikmodell Kaiserswerths zu sehen. Aber nicht für uns. Diesmal. Denn die Pausenzeit ist längst überzogen. Immerhin gilt es noch gut 30 Kilometer Strecke entlang zu radeln – bis zur Rheinorange in Duisburg.
Das nächste Ziel ist Mündelheim, ein altes, rechtsrheinisches Bauern- und ehemaliges Fischerdorf im großen Rheinbogen zwischen Kaiserswerth und Ruhrort bei Stromkilometer 765. Hier könnte man schon die nächste Pause machen. Umgeben von Feldern und Pferdewiesen liegt das Bauerncafe Ellerhof. Ein kurzer Stop auf einen Kaffee muss sein. Auch zum Nachdenken. Denn eigentlich sah die Tourenplanung einen Abstecher über die 6-Seen-Platte im Duisburger Süden zu einem der größten Neubaugebiete in NRW vor: „6-Seen-Wedau“. Auf den Flächen des ehemaligen Ausbesserungswerkes und Rangierbahnhofs in Wedau entsteht ein neuer Stadtteil – mit bis zu 3000 Wohneinheiten und einem Campusquartier für Forschung, Technologie und Existenzgründung. Die Baustelle ist schon gigantisch. Doch irgendwie ist es einfach zu schön am Rhein, auch wenn es angefangen hat zu nieseln.
Biergarten mit Aktions- und Kunstfläche
Und so geht es nicht weiter durch den Duisburger Süden, sondern über die wunderschöne alte Krefelder Rheinbrücke an der B288 auf die andere Rheinseite nach Uerdingen. Und hier wartet schon die nächste schöne Möglichkeit zur Erfrischung: der Streetart Biergarten „Rhein-Side“ mit Aktions- und Kunstfläche. Die ehemalige Industriebrachfläche am Zollhof des Uerdinger Rheinufers ist seit fünf Jahren in den Sommermonaten einer der Anlaufpunkte in Krefeld. Ein weiterer: Das Museum und Restaurant (mit Biergarten) der Weinbrennerei Dujardin. Die Firmengeschichte geht bis ins 18. Jahrhundert zurück, seit 1780 erhielt die Familie Melcher eine Konzession zum Brennen und produzierte zunächst Korn und Wacholderschnaps, 1810 kam Cognac dazu. Den dafür benötigten Wein bezogen die Melchers von der Winzerfamilie Dujardin vom Château des Mérigots in der Charente in Frankreich. Soweit die kurze Zusammenfassung. Wer mehr erfahren will: Die historische Betriebsstätte der ehemals zweitgrößten Weinbrennerei Deutschlands kann an Samstagen und Sonntagen besichtigt werden.
Weiter gehts auf unserer Route durch den Chempark Uerdingen wieder Richtung Duisburg. Friemersheim ist das Ziel. Genauer gesagt, die alte denkmalgeschützte Eisenbahnsiedlung. Doch bevor die erkundet wird, muss ein Zwischenstopp am „Siedlertreff“ sein. Der Kiosk ist Kult und gehört zur Siedlung wie der Wasserturm. Für einen Euro eine gemischte Tüte Süßes muss ein, bevor die Frage ansteht, durch die Rheinauen weiter zu radeln oder ...? Nein, es geht der Straße entlang weiter durch den Logport über gut ausgebaute Radwege. Das Logistikareal der Duisburger Hafengesellschaft wurde vor fast 25 Jahren auf dem Gelände des ehemaligen Krupp-Hüttenwerks Rheinhausen errichtet, das 1993 nach fast 100 Jahren Eisen- und Stahlproduktion geschlossen wurde.
Nach dem Abstecher ins beeindruckende Gewerbegebiet geht wieder an den Rhein – bis zur A 40 Brücke Neuenkamp, die nächste Riesenbaustelle in Duisburg. Bis 2026 entsteht hier eine neue achtspurige Rheinquerung. Über die alte geht es nun wieder auf die andere Rheinseite mit großen Pedaltritten unserem Ziel entgegen: der Rheinorange, einer vom Kölner Bildhauer Lutz Fritsch aus Stahl gefertigte Skulptur – Duisburgs Landmarke bei Rheinkilometer 780.
Weitere Infos zu den Stadtführungen: www.stadtfuehrungen-kuhs.de