Köln/Düsseldorf. Alt oder Kölsch? Egal! Die zweite Etappe führt von Köln über das mittelalterliche Zons nach Düsseldorf. (Fast) immer den Rhein entlang.
Alt oder Kölsch, Helau oder Alaaf, der 1. FC Köln oder die Fortuna? Wie gut, dass bei unserer NRZ-Sommerradtour der Rhein im Mittelpunkt steht, dann müssen wir uns gar nicht entscheiden! Denn der Fluss ist zumindest eine große Gemeinsamkeit zwischen den beiden rivalisierenden Großstädten Köln und Düsseldorf. Den schauen wir uns auf dieser Etappe mal von rechts, mal von links an.
Dafür lassen wir die Touristen vor dem Kölner Dom links liegen, fahren hinunter zum Rhein Richtung Dormagen. Ein Flusskreuzfahrtschiff macht sich für die Gäste schick, bunte Luftballons schweben auf dem Sonnendeck. Schon ein paar Meter weiter geht es deutlich ruhiger zu. Wer Lust hat, kann eine kleine Rheinschifffahrt machen, den Zoo besuchen, den Dom begucken; in Köln wird es so schnell nicht langweilig.
Pause mit Blick auf den Rhein
Noch spenden Alleebäume etwas Schatten – bevor der einzige nicht so schöne Teil der Tour kommt. Vorbei am Niehl-Hafen gibt es Industrie- und Gewerbekulisse an der Hauptstraße statt Rheinromantik. Der Radfahrer fährt an den Ford-Werken vorbei. Erst kürzlich sind die Mitarbeiter hier darüber informiert worden, dass die Produktion der Elektro-Autos demnächst im spanischen Valencia statt am Standort in Saarlouis gebaut werden.
Zwei Männer auf dem Rad treten in die Pedale: Bei „Gretchen“, einem Ausflugslokal mit schönem Blick auf den Rhein, wollen sie Rast machen. Den Rheinradweg fahren sie öfter, bis nach Holland könne man auf ihm fahren. Ja, genau das hat das NRZ-Team ja vor …
Es geht vorbei am Naturschutzgebiet Worringer Rheinaue, Kirchenglocken läuten, Fischreiher lauern auf den richtigen Zeitpunkt, um Fische aus dem Rhein zu holen. Der Rheindamm führt zum Zwischenziel, in die mittelalterliche Zollfeste Zons, einem Stadtteil von Dormagen. Ein schönes Kontrastprogramm zu den modernen Städten Köln und Düsseldorf.
1373 ist Zons vom Kölner Erzbischof Friedrich III. von Saarwerden gegründet worden. Zur Altstadt geht es am Rheinturm und Zollhaus vorbei, wo im Mittelalter Händler Zoll für ihre auf dem Schiff beförderten Güter entrichten mussten. In Zons lohnt sich ein Bummel entlang der alten Gemäuer und Häuser. Noch ein Tipp für Familien: Auf der Freilichtbühne finden im Sommer die Märchenspiele statt.
Für 2,50 Euro kommt man von Zons samt Fahrrad mit der Rheinfähre ans andere Ufer nach Düsseldorf-Urdenbach. Am Haus Bürgel wartet Elke Löpke, die Leiterin der Biologischen Station. Hier in der Urdenbacher Kämpe darf der Rhein noch das rund 760 Hektar große Auengebiet überfluten und wird nicht durch Deiche daran gehindert. Pegelmarken in dem Naturschutzgebiet zeigen eindrucksvoll, dass einem das Wasser hier durchaus bis zum Halse stehen kann. Selbst das Haus Bürgel wird im Extremfall zu einer Insel. 1993 und ‘95 sei das zuletzt so gewesen, erinnert Elke Löpke.
Mehr als 30 Pflanzenarten wachsen in diesem Gebiet, Tiere wie der Rot- und Schwarzmilan, Mäusebussard oder der Kammmolch sind hier heimisch. Auf den Streuobstwiesen wachsen 50 Birnen- und Apfelsorten, teils alte Sorten, die besonders bei Allergikern beliebt seien, so Löpke. Wie der Kaiser-Wilhelm-Apfel, von dem es im Haus Bürgel sogar einen Obstbrand gibt.
Einige dieser Flächen gehören der Stadt Düsseldorf und der NRW-Stiftung. Das hat den Vorteil, dass die Biologische Station die Naturschutzauflagen bestimmen kann. So dürften die Landwirte bestimmte Felder nicht düngen, nicht spritzen und nur zweimal im Jahr mähen.
Elke Löpke würde sich noch mehr solcher Flächen wünschen. Denn das Insektensterben sei ein riesiges Problem. „75 Prozent der Insekten sind schon weg“, sagt sie. Dabei würden fast alle Pflanzen, die auch für die Lebensmittelproduktion wichtig sind, durch Insekten bestäubt. Landwirte sollten nicht nur für Zuckerrüben und Getreide bezahlt werden, sondern auch für ihre ökologischen Bemühungen, wünscht sie sich.
Platz für Radfahrer in der Stadt
Durch Benrath führt die Tour ins Herz von Düsseldorf. Am Joseph-Beuys-Ufer direkt am Rhein lässt es sich nun prima radeln, wie eine kleine Extra-Tour mit dem Oberbürgermeister von Düsseldorf, Stephan Keller, zeigt. „Hier haben wir ein Nadelöhr beseitigt, ohne den Autofahrern Platz wegzunehmen“, sagt er. Nur die Mittelinsel musste dafür schrumpfen. „Der Ausbau des Radverkehrs ist sehr wichtig für Düsseldorf. Die Verkehrsprobleme bekommen wir nur in den Griff, indem wir Alternativen zum Auto schaffen“, erklärt das Stadtoberhaupt. Der Radverkehr soll in einem ersten Schritt von jetzt 19 auf 25 Prozent erhöht werden.
Auf der umgestalteten Einkaufsmeile Schadowstraße kam es vor kurzem zu einem schweren Unfall: Ein vierjähriges Mädchen, das an einem Wasserspiel gespielt hat, ist von einem Radfahrer erfasst worden. Es kam ins Krankenhaus. Das hat eine Diskussion über die Radmarkierung auf der Schadowstraße entfacht. „Wir müssen die Situation sehr kritisch überprüfen. Ich glaube, dass wir auf der Schadowstraße ein Radangebot brauchen. Aber wir müssen jetzt sehen, wie wir die Sicherheit erhöhen. Als Verkehrsdezernent habe ich damals den Vorschlag gemacht, den Radweg stärker abzusetzen. Das hat die Politik anders entschieden“, sagt Keller.
Politik ist das richtige Stichwort. Diese Tour endet genau hier: im politischen Zentrum Nordrhein-Westfalens. Gerade hat sich der Landtag konstituiert, die erste schwarz-grüne Landesregierung hat ihre Arbeit aufgenommen. Naturschutz, Sicherheit, Verkehrswende – diese rund 55 Kilometer haben gezeigt, wie viel sie zu tun hat.