An Rhein und Ruhr. Die Altkleidercontainer in NRW sind voll von billigen und qualitativ schlechten Textilien. Selbst Schlachtabfälle landen in den Containern.
Dieser Fund hat Thomas Ahlmann den Wochenstart versaut: Ein Eberkopf lag mitten zwischen Kleidung und Tüten, dort, wo er auf keinen Fall hingehört. Die Altkleidercontainer werden oftmals als Müllkippe missbraucht, meint Ahlmann, Geschäftsführer des Verbandes Fairwertung. Das hat zur Folge, dass weniger Kleidung weiterverwertet werden kann. Das ist für vor allem auch für andere Länder wie Afrika ein Problem.
Rund die Hälfte der entsorgten Textilien in den Altkleidercontainern sei noch zu gebrauchen, 30 bis 40 Prozent der Textilien seien hingegen so kaputt und minderwertig, dass sie kaum wiederverwertet werden können, meint Ahlmann im Gespräch mit der NRZ. Der Standort des Containers spiele dabei auch eine Rolle.
Abfälle machen Textilien unbrauchbar
Zwar nehme die Menge an abgegebenen Altkleidern nach einem extremen Zuwachs im ersten Corona-Jahr 2020 inzwischen wieder ab, doch das Grundproblem, die schlechte Qualität der Textilien, bleibe. Damit sinke der Anteil der Kleider, die tragbar sind, so Ahlmann. Auch der Caritasverband Moers-Xanten schätzt, dass zirka ein Drittel der gespendeten Kleidung nicht wieder angeboten werden kann, erklärt Fachbereichsleiterin Claudia Kohler der NRZ.
Wenn dazu die Kleidung lose in die Container geworfen werde, weil zum Beispiel weniger Plastiktüten im Umlauf seien, und dazu verbotenerweise Grünabfälle, Hausmüll oder eben sogar Schlachtabfälle in denselbe Behältern entsorgt würden, werden die Textilien kontaminiert und unbrauchbar. Die anderen Abfälle müssten dann von Sammelunternehmen kostenpflichtig entsorgt werden. Wer Textilien in Container wirft, sollte sie also auf jeden Fall in einen Müllsack packen, rät der Experte des Dachverbands Fairwertung, in dem sich gemeinnützige Altkleidersammler zusammengeschlossen haben.
Gebrauchte Kleidung landet oft in Tunesien oder Ghana
Der Überschuss an gebrauchter Kleidung landet zum Beispiel in Tunesien oder Ghana. Die Wegwerfmentalität des Westens habe hier eine Umweltkatastrophe ausgelöst, sagt Sammy Oteng, Projektleiter der OR Stiftung in Ghanas Hauptstadt Accra, die sich für mehr Nachhaltigkeit in der Modeindustrie einsetzt. Allein auf dem größten Second-Hand-Markt des Landes, Kantamanto, gingen wöchentlich 15 Millionen Kleidungsstücke ein. „Bei einer Bevölkerung von 31 Millionen Menschen kann man leicht ausrechnen, dass die Hälfte aller Ghanaer ein Kleidungsstück kaufen müsste“, erklärt Oteng. „Das ist völlig unmöglich.“
40 Prozent aller ankommenden Altkleider seien außerdem zu alt oder zu schäbig, um wiederverwertet zu werden. Jeden Tag werden Oteng zufolge rund 70 Tonnen Textilien von Kantamanto auf eine Müllhalde am Ufer der Korle-Lagune in Accra abgeladen. Von dort werde die Kleidung oft ins Meer gespült. „Wir sind zur Müllkippe des Westens geworden.“
Der Trend zur billigen Wegwerfmode bereitet auch der Branche in Deutschland Sorgen. Synthetik-Fasern und Materialmixe sind laut BSVE inzwischen dominierende Bestandteile der Modeindustrie. Diese Stoffe ließen sich nur schwer wiederverwerten.
Tipp: Weniger Kleidung, dafür hochwertige kaufen
Ahlmann würde sich eine echte Kreislaufwirtschaft wünschen, in der Textilien zu wiederverwendbaren Fasern statt zu Malervlies recycelt werden, sagt er. Prinzipiell appelliert er an die Bürgerinnen und Bürger, weniger, dafür aber hochwertige Kleidungsstücke zu kaufen oder Kleidertauschpartys zu veranstalten. Kleidercontainer abzubauen, so wie es die Stadt Dortmund im vergangenen Jahr angekündigt hatte, hält Ahlmann für „eine schlechte Idee“. Ohne Container würden Textilien in der Restmülltonne landen und somit überhaupt keine Wiederverwertung erfahren.
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In den Städten an Rhein und Ruhr scheint sich die Lage allerdings zu entspannen. „In den Jahren 2020 bis 2021 wurden augenscheinlich mehr Altkleider in den städtischen Altkleidercontainern abgegeben“, schildert ein Sprecher der Stadt Düsseldorf. Dort wo es möglich war, seien weitere Altkleidercontainer aufgestellt. „Seit Ende 2021 entspannt sich die Situation immer mehr“, fügt er hinzu. Auch in Duisburg gibt es einem Stadtsprecher zufolge keine Zunahme an Mengen oder gar eine Verschlechterung der Qualität.