An Rhein und Ruhr. Mehr als 1 Millionen Tonnen Textilien werden jedes Jahr aussortiert. Wohin geht die Kleidung und was passiert mit Spenden in der Kleiderkammer?

Es riecht nach nichts, höchstens ein bisschen nach Waschmittel. Von einem muffigen Altkleidergeruch ist in der Kleiderkammer der Dinslakener Caritas nichts zu merken. „Bei uns wird jedes Teil gewaschen“, erklärt Gabriela Hagen, während sie durch die Gänge führt. Beinahe wie in einem richtigen Laden sieht es aus. Glatte Hemden, auf Bügel aufgereiht und nach Ärmellänge sortiert. Nur würden sie in Modegeschäften in vielfacher Ausführung auf Kundinnen und Kunden warten.

Insgesamt elf Mitarbeitende und vier Ehrenamtliche sind für die zweistöckige Halle zuständig. Verkauft werden Möbel, Spielzeug, Anzüge, Kinderkleidung, Schuhe, Kuscheltiere und vieles mehr. Alle Teile haben eine Vorgeschichte und sind auf dem ein oder anderen Weg an die Caritas gekommen.

Von Kleidung zu Malkitteln und Putzlappen – ein möglichst langes Leben

„Manchmal rufen die Leute an und bitten um Abholung“, erklärt Mitarbeiterin Gundula Krause. Sie arbeitet offiziell in der Verwaltung, aber hier packen alle mit an, versichert sie. Andere bringen gleich ganze Säcke mit Kleidung oder Haushaltswaren vorbei. In der Kleiderkammer wird alles nach Farben sortiert, auf Mängel untersucht, dann gewaschen, gebügelt und aufgehangen. „Einen Trockner haben wir nicht, der hohe Energieverbrauch wäre nicht nachhaltig“, ergänzt Krause lachend.

Leiterin Gabi Hagen und Gundula Kause haben immer ein Blick auf die Waren im Laden.
Leiterin Gabi Hagen und Gundula Kause haben immer ein Blick auf die Waren im Laden. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Nichts kommt hier weg. Kleine Fehler können von der hauseigenen Schneiderin korrigiert werden. Ist eine Bluse unbrauchbar, werden Knöpfe abgetrennt und für die nächste Korrektur aufbewahrt. „Alte Hemden gehen als Malkittel in den Kindergarten“, erzählt Leiterin Hagen. Stoffreste werden für Nähübungen vergeben oder zu Putzlappen zugeschnitten. Im Normalfall wird die Kleidung nicht verschenkt, sondern für einen Obolus verkauft. „Dadurch verdeutlicht man den Wert der Stücke“, so Hagen. Alles, was eh schon hergestellt wurde, bekommt eine neue Verwendung. „Am besten ist es natürlich, die Kleidung auch Kleidung bleiben zu lassen.“

Gründe fürs Aussortieren sind vielfältig

Das Thema Altkleiderverwertung ist komplex und beginnt bei der Kaufentscheidung. Schnelllebige Trends, günstige Herstellungsprozesse und Waren die nicht auf eine lange Haltbarkeit ausgelegt sind, bestimmen den deutschen Markt. Laut einer repräsentativen Greenpeace-Umfrage aus dem Jahr 2015 werden Oberteile, Hosen und vor allem Schuhe nur noch kurze Zeit genutzt. Fast jeder zweite der Befragten gab an, innerhalb weniger als einem Jahr Schuhe, Oberteile und Hosen auszusortieren. Spätestens nach drei Jahren werden mehr als die Hälfte dieser Kleidungsstücke ausgemustert.

Die Hauptgründe, warum Kleidung ausrangiert wird, sind zwar Verschleiß oder weil die Kleidung nicht mehr passt. Doch zwei von drei trennen sich von heilen Kleidungsstücken, weil sie sie nicht mehr mögen. 40 Prozent, wenn sie nicht mehr der Mode oder dem eigenen Stil entsprechen. Und 31 Prozent sortieren Kleidung aus, um Platz zu schaffen im Kleiderschrank. So werden jedes Jahr rund 1 Millionen Tonnen Textilien aussortiert.

Kleidung wird oft weggeworfen

Laut Greenpeace wird die aussortierte Kleidung in den meisten Fällen weggeworfen oder anonym gespendet, also in eine Kleidersammelbox geworfen. Die Alternativen, Kleidung weitergeben, tauschen oder weiterverkaufen sind noch nicht in der breiten Gesellschaft angekommen. Allerdings gibt es hier Unterschiede zwischen den Generationen. Ein Viertel der 18 –29-Jährigen hat bereits Kleider getauscht, in der Altersgruppe der über 50-jährigen dagegen nur jeder Achte.

Kleidung im Altkleidercontainer wird meist weiterverkauft. Über den Großhandel finden die Kleidungsstücke ihren Weg in gewerbliche Second-Hand-Läden oder gleich nach Mittel- und Osteuropa, Afrika und den Mittleren Osten. Es besteht in vielen Regionen der Welt eine große Nachfrage nach Second-Hand-Bekleidung, ist sie doch eine preiswerte Möglichkeit, sich mit Kleidung zu versorgen.

Kritische Stimmen werfen den Exporteuren vor, damit die Textil-Wirtschaft vor Ort zu behindern. Allerdings ist die Nachfrage nach westlicher Kleidung auf vielen Teilen der Erde groß und die günstige, örtliche Alternative sind oft Fast-Fashion-Produkte, also kurzlebige Kleidung, aus Asien. Für deutsche Privatpersonen ist es an den Containern oft schwer zu erkennen, was mit den Stoffen geschieht.

Eine Prüfung der Bedürftigkeit gibt es nicht

Für Spendende ist oft die Transparenz wichtig Bei der Dinslakener Caritas können Spenderinnen und Spender ganz genau erfahren, wohin ihre Spenden gehen. „Was machen Sie damit?“, werde sie häufig gefragt, erklärt Chefin Hagen. Die Leute wünschen sich Transparenz. Und auch das Gefühl, etwas Gutes zu tun, gefällt den Menschen. „Wir machen hier aber keine Überprüfung, wer bedürftig ist“, in anderen Läden sei das üblich.

Trotzdem wird in der Kleiderkammer darauf geachtet, dass die Kleidung an Privatpersonen gehe. „Manchmal kamen Leute und wollten auffällig viel kaufen, dann sprechen wir sie auch darauf an. Früher haben wir unsere Kleidung auch schon auf Flohmärkten wiederentdeckt.“ Das sei nicht Sinn der Kleiderkammer.

Neues Leben für Alltagsgegenstände

Ansonsten gilt eine gewisse Flexibilität. „Wenn wir von einer Familie wissen, die haben kein Geld, dann geben wir auch Rabatte oder verschenken ein paar Teile.“ Gerade in der Corona-Zeit kam es zu Bestellungen, auch für Wohnungslose wurden dann in passenden Größen Kleiderpakete zusammengestellt. Darüber hinaus gibt es immer wieder kreative Ideen, die in der Kleiderkammer ausgetauscht werden.

Eine Frau hatte kürzlich viele, alte Schallplatten mitgenommen. „Die hört ja kaum noch jemand“, so Mitarbeiterin Krause. Ein paar Tage später sei die Frau dann mit selbstgemachten Schüsselchen zurückgekommen. „Sie hat durch Wärme die Platte verbiegen können, das ist ihr Hobby. Ganz toll war das“, freut sich Krause. Die Schälchen stehen jetzt bei den Mitarbeitenden zuhause. Eine schöne Erinnerung, dass man den gewöhnlichsten Gegenständen noch neues Leben einhauchen kann.

Tipps für Ihre Kleiderspende

  • Der nachhaltigste Konsum ist der unterlassene Konsum. Denken Sie vor Neuanschaffungen darüber nach, ob sie das Teil wirklich haben wollen und benötigen. Wenn Sie aussortieren, überlegen Sie, Ihre Kleidung im Bekanntenkreis zu verschenken oder zu tauschen.
  • Sollten Sie sich für eine Kleiderspende entscheiden, können Sie ein paar Richtlinien folgen. Örtliche Kleiderkammern vergeben Textilien in der Regel an Bedürftige in der Region. Oft werden sie von Kirchen betrieben und verfolgen einen karitativen Zweck. Auch hier kann es zu einem externen Weiterverkauf kommen, allerdings nur mit Überschusswaren. Außerdem haben Sie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vor Ort, um zu hören, was mit ihrer Kleidung geschieht.
  • Falls Sie in Ihrer Nähe Altkleidercontainer haben, aber unsicher sind, wo die Waren hingehen, können Sie auf diese Siegel achten. FAIRwertung, DZI-Spendensiegel und BVSE Qualitätssiegel Textilsammlung - alle drei von der Verbraucherzentrale NRW empfohlen.
  • Spenden Sie nur an Sammlungen, die mit einer deutschen Adresse und einer Festnetznummer erreichbar sind. Die finden sie am Altkleidercontainer oder auf dem Zettel im Briefkasten.