An Rhein und Ruhr. Steigende Coronazahlen: Der Ruf nach Luftfilteranlagen in Schulen wird lauter. In NRW sind nur ein Bruchteil der Fördergelder abgerufen worden.

In den Klassenräumen wird es wieder kälter. Unsere Kinderreporterin Paula hatte jüngst auf der Kinderseite ihren Unmut darüber geäußert, dass es auch in diesem Winter keinen Luftfilter in ihrer – und den meisten – Schulklassen in NRW gibt. Die 7. Klässlerin aus Oberhausen versteht nicht, dass dies im zweiten Winter der Pandemie noch immer der Fall ist. Und sie versteht auch nicht, warum die Eltern nicht in Eigeninitiative solche Luftfiltergeräte anschaffen dürfen. Paulas Mutter hatte schon vor einem Jahr bei der Schule und der Stadt nachgefragt, ob die Eltern privat Luftfilter anschaffen dürfen. Aber das sei nicht erlaubt. Robert Vornholt, Sprecher des NRW-Bauministeriums, begründet dies auch damit, dass die Geräte gewisse technische Anforderungen erfüllen müssen. Es könnten Geräte gekauft werden, die nicht gut genug sind. Außerdem müssten die Filter auch immer mal wieder überprüft werden. Und auch dies müsse gewährleistet sein.

Komplizierte Anträge und lange Prozesse

Angesichts der steigenden Corona-Fallzahlen üben die beiden großen Lehrergewerkschaften Deutschlands Kritik an immer noch fehlenden Luftfiltern in Klassenräumen. „Eingebettet in Raum-, Lüftungs- und Hygienekonzepte, müssen umgehend Luftfilteranlagen eingebaut werden“, sagte Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) beklagte, dass in Sachen Luftreinigungsfilter nicht viel geschehen sei. Es gebe zwar partiell Fortschritte, aber von einem breiten Erfolg könne keine Rede sein, sagte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Er führt das vor allem auf komplizierte Förderverfahren und die Finanzschwäche der Kommunen zurück. „Zwar hat der Bund 80 Prozent der Förderung bereitgestellt, aber viele Kommunen hatten nicht die Kraft, die fehlenden 20 Prozent beizusteuern“, sagte Beckmann. Von daher sei häufig gar nichts geschehen.

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Auch unsere Kinderreporterin Paula spürt dies in ihrem Unterricht. Zuspruch bekam Paula von einer Mutter aus Duisburg. Melanie Maurer, Vorsitzende der Elternschaft Duisburger Schulen, antwortet der Gymnasiastin in einem Brief als Mutter zweier Kinder. „Ich finde es super, dass das zum Thema gemacht wird und ihr Kinder euch zurecht beschwert, dass es in den Klassenzimmern mitunter ganz schön kalt ist“, schreibt sie. Die Situation vor Ort, die Hygienemaßnahmen und auch die Lüftungssituation beschäftige derzeit sehr viele Kinder und Jugendliche. Auch viele Eltern seien unzufrieden und suchten nach Lösungen. Immer wieder höre man von Seiten der Politiker Verwunderung, dass die Fördergelder des Landes und Bundes von den Kommunen nicht „abgerufen“ werden.

Dauerlüften kein Option

In den allermeisten Klassenräume könnten zwar die Fenster zum Lüften geöffnet werden, aber Dauerlüften könne trotzdem keine Option bleiben, weil es neben Kälte noch andere Faktoren, die stören - wie zum Beispiel Lärm, Durchzug oder Regen. Mittlerweile haben aber einige Städte in NRW Fördergelder beim Land beantragt – und auch bewilligt bekommen. NRW hatte bereits 2020 ein Förderprogramm aufgelegt, in dem 236 Anträge auf Bewilligung von Luftreinigungsgeräten befürwortet wurde. Gesamtvolumen: 15,4 Millionen Euro. In diesem Jahr legten Bund und Land das sogenannte Lüftungsprogramm II auf – mit einem Gesamtbudget von 90,4 Millionen Euro. Bisher sind 168 Anträge mit einem Gesamtvolumen von rund 5,9 Millionen Euro eingegangen. Der Bewilligungsstand liegt bei rund zwei Millionen Euro. Die Anträge können noch von den Kommunen als Schulträger bis zum 10. Dezember 2021 gestellt werden. Und: Auch Kitas sind antragsberechtigt.

Vorgabe: Alle 20 Minuten für 5 Minuten Lüften

Die Landeselternkonferenz kämpft seit Monaten dafür, dass in den Klassen Luftfilter aufgestellt werden. „Es ist wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass die Schule euer Arbeitsplatz ist und ihr auch ein Recht auf einen sicheren und angenehmen Arbeitsplatz habt“, richtet Melanie Müller direkte Worte an Paula. Ein Klassenzimmer, das längere Zeit keine 18 Grad Raumtemperatur hat, ist nicht in Ordnung. „In vielen Räumen des täglichen Lebens stehen Luftreinigungsgeräte, zum Beispiel in Arztpraxen, Büros – und auch im Landtag in Düsseldorf, wo sich unter anderem das Schulministerium befindet. Für die schätzungsweise 650.000 Klassenzimmer in Deutschland will man das aber nicht machen, auch aus Kostengründen“, kritisiert Melanie Maurer.

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Das Land hat zum Lüften eine klare Vorgabe gemacht: alle 20 Minuten, 5 Minuten lüften. Dann soll die Raumtemperatur sich nur ganz wenig und nur ganz kurz absenken, und danach schnell wieder normal sein. Viele Lehrer würden viel zu lange lüften, was zu sehr kalten Räumen führt. Wenn Eltern versuchen wollen, die aktuelle Situation durch Luftfilter ein bisschen zu verbessern, ist das gut und sollte unterstützt werden. Zu sagen, das sei „nicht erlaubt“ sei falsch: „Jede Kommune entscheidet selbst, ob sie solche Maßnahmen zulässt oder nicht“, sagt Melanie Maurer.

101 Luftfiltergeräte in Duisburger Schulen

Nach vielen Gesprächen habe die Elternschaft Duisburger Schulen die Vereinbarung mit der Stadt Duisburg geschlossen, „dass Schulen, in denen sich alle, also Lehrer, Schulleiter, Eltern und Kinder eine solche Anschaffung wünschen und bereit sind, das Ganze selbst zu bezahlen durch Fördervereine, Elternbeiträge oder Spenden, das bei der Stadt beantragen und nach Prüfung der Gerätequalität und der räumlichen Begebenheiten eine Erlaubnis bekommen können.“

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An zwei Grundschulen in Duisburg gibt es wohl konkrete Überlegungen, dies zu tun. Insgesamt sind in Duisburg 101 Luftfiltergeräte in Schulen aufgestellt – gefördert durch Mittel aus dem Landesprogramm. Weitere 338 Geräte werden aufgestellt, sobald sie geliefert werden, erklärt die Stadt auf Nachfrage. Für Melanie Maurer ist klar: „Es lohnt sich, für eine Sache, von der man überzeugt ist, weiter zu kämpfen.“ Kinder und Jugendliche seien in dieser Pandemie „mit die Tapfersten und ihr werdet noch am längsten mit den Aus- und Nachwirkungen leben müssen. Darum ist es gut und richtig, wenn ihr zur Sprache bringt, wenn etwas in euren Augen falsch läuft – und Frieren im Klassenzimmer für weitere fünf Monate ist nicht in Ordnung.“ -