Düsseldorf. Die Grünen haben eine Ernährungsstudie für Mensen und Kantinen in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Für eine gesunde Ernährung fehlt einiges.
Nur in etwa 30 Prozent der Kitas und 14 Prozent der Schulen wird frisch vor Ort gekocht, in vielen Kantinen werden Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft Ernährung unterschritten, vor allem Fleisch und Wurst zu häufig angeboten: „Mit durchschnittlich 1100 Gramm Fleisch pro Woche essen wir doppelt soviel wie empfohlen. Für eine ausgewogene Ernährung reichen 300 bis 500 Gramm Fleisch aus“, erklärt Professor Guido Ritter, Leiter des Instituts für nachhaltige Ernährung an der Fachhochschule Münster. Der Ernährungswissenschaftler hat mit seinem Team im Auftrag der Grünen-Landtagsfraktion eine Studie zum Thema „nachhaltige Ernährung in Kitas, Schulen, Mensen und Senioreneinrichtungen“ erarbeitet. Eigentlich sollten seiner Meinung nach auf den Speiseplan: „Viel Gemüse, wenig Fleisch“ und „der Bio- und Fair-Trade-Anteil müsste hochgeschraubt werden.“ Doch davon sind die Kantinen und Mensen in NRW, die täglich 1,5 Millionen Essen auf den Tisch bringen, noch weit entfernt.
Keine Vorgaben für saisonale und regionale Produkte auf dem Kantinenplan
Allerdings gebe die Kantinenrichtlinie auch keinen Anteil an saisonalen, regionalen oder Bio-Lebensmitteln vor. Sollte sie aber, sagen die Grünen. Sie fordern neue Standards für gesunde, nachhaltige Ernährung in Kitas, Schulen, Mensen, Landesbehörden und Senioreneinrichtungen in NRW. Zudem müsse die Ernährungsbildung in den Kitas und Schulen eine zentralere Rolle spielen und nicht mal eine Stunde im Biounterricht sein. Schulbücher zu diesem Thema seien veraltet und zu 50 Prozent fehlerhaft. Und auch in der Ausbildung im Ernährungshandwerk fehlte es an einem für einen nachhaltigen Speiseplan relevanten Lehrstoff.
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Guido Ritter empfiehlt für eine „NRW-Ernährungsstrategie“ eine Verzahnung von Ernährung und Landwirtschaft, zwei Bereiche, die auseinandergedriftet seien. Für eine nachhaltige Küche in den Kitas und Schulen seien sogenannte „Food Hub“ sinnvoll, also zentral gelegene Einrichtungen, die regionale Produkte lagern, verarbeiten und verteilen. Und auch kommunale Ernährungs-Scouts könnten Schulen dabei helfen, Landwirte für eine direkte Belieferung zu finden. Grundsätzlich empfiehlt Ritter eine „nachhaltige Verpflegung an allen Kitas und Schulen“.
Gutes Essen unabhängig vom Geldbeutel
Die Grünen wollen die Vorschläge am 20. November bei einem Ernährungskongress im Landtag mit Experten und Praktikern erörtern. „Wir wollen, dass alle Kinder in Kita und Schule gutes und gesundes Essen bekommen, und das kann nicht vom Geldbeutel abhängen“, unterstrich Fraktionschefin Josefine Paul. Die Frage nach einer gesunden Ernährung nehme immer mehr Fahrt auf. Sie habe auch Auswirkungen auf andere Bereiche wie die Landwirtschaft, den Klima,- und Umweltschutz.
Gesunde Ernährung bedeute auch nicht automatisch teuer. Ein ausgewogenes Kantinen-Mittagessen mit regionalen Produkten und einem Bioanteil für 2,60 Euro pro Kopf: „Das geht“, sagt Guido Ritter und nennt als Beispiel ein Unternehmen aus Hamburg. „Wackelpeter“ bietet genau das seit über 20 Jahren an und liefert täglich 3000 Essen an Schulen und Kitas aus, 60 Prozent der verarbeiteten Lebensmittel kommen direkt vom Bauern. Aber auch in NRW gebe es Beispiele. Die Esprit-Kantine in Düsseldorf bringe regionale und biozertifizierte Produkte auf den Tisch. In einer Dortmunder Schule wurden die 7. und 8. Klassen im Wechsel täglich 180 Essen kochen – als Bestandteil des Lehrplans. Ansätze seien also da. Nur zu wenige.
„Gutes Essen muss günstiger sein als die Frittenbude“
Wichtig sei, „dass wir jetzt den Einstieg in eine gesunde Ernährung in den Kantinen schaffen. Die Essens-Standards haben sich geändert, weg von dem familiären Mittagessen hin zu öffentlichen Versorgung“, sagt Josefine Paul. Norwich Rüße, Landwirtschaftsexperte der Fraktion, geht weiter und fordert wieder ein Ministerium für nachhaltige Ernährung, das an dem Umwelt und Landwirtschaftsministerium angegliedert werden könnte. Ob und wann die Mittagessen am Ende kostenfrei angeboten werden könnten, sei zu prüfen. „Gutes Essen müsste aber auf jeden Fall günstiger sein als die Frittenbude nebenan.“