Dinslaken. Nach den Attacken in der Altstadt wird über Waffenverbotszonen in NRW debattiert. Warum ein Dinslakener Waffenhändler die Initiative befürwortet.

Die Schreckschusspistolen drehen sich in dem verschlossenen Glasregal. Manche sind silbern, andere goldfarbig, eine sogar im Leoparden-Look. Dahinter ein Regal voller Pfefferspray- und Reizgasdosen. Rechts im Glasregal: Messer. Kleine und große, mit spitzer und mit runder Klingenform. Der Waffenladen von Thomas Lohmann in der Dinslakener Innenstadt scheint ein Paradies für Menschen, die sich bewaffnen wollen. Er schüttelt den Kopf: „Nicht jeder, der hierherkommt, bekommt auch das, was er haben will“, sagt Lohmann. Auch, wenn es kein Gesetz gibt, das jungen Erwachsenen unter 18 Jahren den Kauf eines Messers verbietet, sagt er: „Bei mir bekommt keiner ein Messer, der nicht volljährig ist“, lautet die klare Aussage des Waffenladenbesitzers.

Dennoch kommt es unter Jugendlichen immer wieder zu brutalen Angriffen – ausgeübt mit einem Messer, wie der Fall in der Düsseldorfer Altstadt Ende Oktober gezeigt hat: Ein Jugendlicher wird mit mehreren Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Der Minderjährige überlebt die Attacke nur mit viel Glück. Eine Woche vorher stirbt ein junger Mann an seinen Verletzungen, ebenfalls nachdem er in der Düsseldorfer Altstadt angegriffen wurde. Seitdem diskutiert die Stadtspitze der NRW-Landeshauptstadt über die Einführung einer Waffenverbotszone.

Waffenhändler aus Dinslaken spricht sich für Verbotszonen aus

Thomas Lohmann befürwortet das Vorhaben der Stadt. „Auf einer Partymeile, wie die Düsseldorfer Altstadt, brauche ich kein Messer. Ich glaube, dass so ein Verbot das Einzige ist, was noch helfen könnte.“ Er selbst versuche ebenfalls dagegenzuwirken, dass Messer leichtfertig mitgeführt werden. „Erstens weise ich den Käufer immer darauf hin, dass es für bestimmte Messer, wie Einhandmesser oder solche mit einer Klingenlänge über zwölf Zentimeter, ein Führungsverbot gibt. Zweitens rate ich immer davon ab ein Messer zu kaufen, um sich im Notfall verteidigen zu können. Das ist viel zu gefährlich. Viel zu schnell und leichtfertig wird daraus blutiger Ernst“, sagt der Inhaber des Dinslakener Waffengeschäfts.

Dass gerade Jugendliche die Gefahr eines Messers unterschätzen, berichtet auch Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW: „Auch mit einer kurzen Klinge kann ich jemanden lebensgefährlich verletzen.“ Er spricht sich klar für eine Waffenverbotszone in bestimmten Bereichen aus und plädiert dafür, die Strafen für das Führen eines Messers hochzusetzen: „Wenn das Vergehen stark ins Portemonnaie geht, hat das immer eine abschreckende Wirkung.“ Bisher gilt: Wer unerlaubt ein Messer führt, das dem Führungsverbot unterliegt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro.

GdP NRW: Messer zu tragen, scheint modern zu sein

Eine Summe, die viele scheinbar unbeeindruckt lässt: „Gerade unter Jugendlichen scheint es schick zu sein, ein Messer bei sich zu haben“, lautet die Einschätzung von Mertens. Bei Kontrollen der Beamten würden häufig Verstöße gegen das Führen eines Messers festgestellt. „Das ist ein Thema, das immer größer wird.“ Auch, wenn das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen mitteilt, dass die begangenen Straftaten mit einem Messer von 2019 auf 2020, um ungefähr 20 Prozent gesunken seien.

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Zu beachten ist hierbei aber auch: 2020 war ein Corona-Jahr, mit Lockdowns und regionalen Ausgangssperren ab einer bestimmten Uhrzeit. Damit die Zahlen aber auch nach der Pandemie nicht wieder ansteigen, wünscht sich der GdP-Landesvorsitzende Mertens: „Wir brauchen jetzt noch mehr Kontrollen. Außerdem muss die Zeit zwischen der Straftat und dem Verfahren kürzer werden. Es kann nicht sein, dass manche Vergehen erst zwei Jahre später bestraft werden.“

Über strengere Regeln nachdenken?

Zudem sei gerade die Messerproblematik eine Zielgruppenfrage: „Man kann durchaus noch einmal über strengere Vorgaben nachdenken.“ Thomas Lohmann gibt jedoch zu bedenken: „Im Endeffekt ist ein Messer auch immer noch ein Werkzeug. Viele Jugendliche brauchen es einfach, weil sie angeln gehen oder bei den Pfadfindern sind.“ Es sei schwer zu unterscheiden, wer sich bewaffnen will oder wer es für sein Hobby nutzen möchte. „Die Leute, die vorhaben, das Messer als Waffe zu nutzen, die machen es sowieso“, lautet die Meinung von Lohmann. Ein Jugendlicher kenne immer einen 18-Jährigen, der ihm ein Messer besorgen könnte.