An Rhein und Ruhr. Plastik, Papier oder doch der Stoffbeutel? Wer einkaufen geht, hat eine große Auswahl. Dabei fallen Kunden oft auf gängige Umwelt-Mythen rein.

Die Plastiktüte ist ein Umweltkiller, Papiertüten eine sinnvolle Alternative und wer alles richtig machen will, der greift im Supermarkt am besten zum Stoffbeutel. Aber stimmt das überhaupt? „Ganz so einfach ist es nicht“, sagt Birgit Königs, Sprecherin des Naturschutzbundes (Nabu) NRW. Die Expertin räumt mit gängigen Umwelt-Mythen auf und erklärt, warum eine häufig genutzte Plastik-Tragetasche manchmal sogar die bessere Lösung sein kann.

Ist die Plastiktüte gar nicht so schlecht wie ihr Ruf?

Auf den ersten Blick bringt eine Kunststofftasche mehrere Vorteile mit sich. Sie ist abwaschbar, reißfest und man kann sie aus Recyclingplastik herstellen. Der größte Nachteil: „Plastikteile bleiben jahrzehntelang in der Natur, weil sie nur äußerst langsam abgebaut werden“, erklärt Königs. „Jeder kennt die Bilder von riesigen Müllstrudeln in den Meeren.“ In Form von Mikroplastik würden weggeworfene Kunststofftaschen in die Nahrungskette und dann auf unseren Tellern gelangen. „Deshalb macht es absolut Sinn, den Einsatz von Plastiktüten drastisch zu reduzieren und so auch die Verschwendung von Ressourcen einzudämmen.“

Trotzdem warnt der Nabu vor Papiertüten. Warum?

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„Zur Papierherstellung werden große Mengen frisches Holz, giftige Chemikalien und extrem viel Wasser benötigt“, so Königs. „Papier ist kein Naturprodukt und keinesfalls umweltschonend.“ Die Produktion von Papiertüten verschlingt laut Expertenschätzungen fast doppelt so viel Energie wie Plastiktaschen. „Deshalb ist die Einweg-Papiertüte keine sinnvolle Alternative zur Einweg-Plastiktüte“, erklärt die Nabu-Sprecherin. Immerhin: Eine achtlos weggeworfene Papiertüte verwittert schneller in der Natur als Taschen aus Kunststoff.

Wieso greifen so viele Bürger dann zur Papiertüte?

Das liege an ihrem Farbton, glaubt die Expertin. „Das Braun täuscht Altpapier vor, das es bei den meisten Papiertüten gar nicht gibt.“ Das Problem: Tüten aus Altpapier galten für den Handel immer als ungeeignet, weil sie zu schnell reißen würden. Erst der Einsatz von frischen Fasern oder vielen Zusatzstoffen sorge für die nötige Stabilität. Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass eine Tüte aus frischen Papierfasern mindestens dreimal genutzt werden müsste, um eine ähnliche Ökobilanz aufzuweisen wie eine gewöhnliche Einweg-Plastiktasche.

Also doch lieber einen Stoffbeutel verwenden?

„Auch eine Baumwolltasche wird erst besser, wenn sie sehr langfristig genutzt wird“, sagt Königs. Genauer gesagt: 50- bis 150-mal – je nach Ökobilanz und den darin festgelegten Parametern, so der Nabu. Das zumindest schätzt der Nabu. Wer einmal pro Woche einkaufen geht, müsste also knapp ein bis drei Jahre immer wieder denselben Stoffbeutel mitnehmen, damit die Tasche ökologisch besser abschneidet als eine erdölbasierte Einweg-Plastiktüte.

Was macht den Anbau von Baumwolle so umweltschädlich?

Bei der konventionellen Produktion von Baumwolle werden große Mengen Pestizide und Wasser verbraucht. Auch die Arbeitsbedingungen auf den Baumwollfeldern sind in der Regel nicht gut. „Der Anbau von Baumwolle ist in vielerlei Hinsicht umweltschädigend“, bestätigt die Nabu-Sprecherin. „Weniger umweltbelastend ist die Herstellung der Baumwolle in kontrolliert biologischem Anbau, aber von solchen Bio- und Fairtrade-Stoffbeuteln gibt es leider nur wenige Anbieter.“ Kunden sollten beim Kauf deshalb auf das „IVN Best“-Siegel oder das GOTS-Logo achten, rät Königs (siehe Infobox).

Was denn nun: Lieber Plastik, Papier oder Baumwolle?

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„Das kommt sehr stark auf das Nutzerverhalten an“, so die Expertin. „Eine Kunststofftasche aus Polyester hält unter Umständen ein Leben lang und kann deshalb eine sehr gute Ökobilanz aufweisen.“ Mehrfachnutzung sei hier das Zauberwort. Wer jahrelang eine Plastiktüte benutzt hat und diese entsorgt, nur um auf einen Stoffbeutel zu wechseln, mache einen Fehler. „Das wäre ökologischer Unfug“, sagt Königs. Oberstes Ziel müsse immer sein, Tüten so oft wie möglich wieder zu verwenden. „Wenn sich in Ihrem Schrank 30 Stoffbeutel stapeln, ist der Umwelt damit nicht geholfen.“

>>> Auf diese Siegel sollten Verbraucher achten

Im Einzelhandel gibt es unzählige Siegel, die Aufschluss geben über Energieaufwand, Arbeitsbedingungen oder die Wiederverwertbarkeit verschiedener Produkte. Die Internetseite www.siegelklarheit.de von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bietet einen umfangreichen Überblick. Weitere Infos zum Thema Müllvermeidung gibt es unter www.nabu.de/papier