Kamp-Lintfort. Die Kamp-Lintforter Brauerei Geilings Bräu hat in der Coronazeit einen Coup gelandet. Das verrät Braumeister Kai Weier bei einem Besuch.
Würziger Duft steigt in die Nase, lautes Rattern klingt in den Ohren, blinkendes Licht irritiert die Augen. Bierbrauen ist etwas für alle Sinne, auch als neugierige Zuschauerin. „Ich bin gerade fertig mit dem Würzekochen“, ruft Kai Weier von einer Treppe aus herüber. „Jetzt kommt der letzte Arbeitsschritt.“ Der 37-Jährige ist Braumeister bei Geilings Bräu, einer noch recht jungen Brauerei in Kamp-Lintfort. Und gibt an diesem Tag einen kleinen Einblick in seinen Arbeitsalltag.
Dabei ging der Brauprozess eigentlich schon in der vergangenen Nacht los, dank Zeitsteuerung zumindest für die Maschinen. Um die einzelnen Schritte verstehen zu können, führt Weier erst einmal hoch ins Lager. Hier stapeln sich große Säcke voller Malz, das die hauseigene Mühle immer frisch für jede neue Fuhre schrotet. Von dort geht’s wieder runter ins Sudhaus, dem Herzstück der Brauerei. „Das geschrotete Malz wird mit Wasser vermischt“, erklärt Weier. „Und die Maische wird dann erhitzt, damit sich die Stärke in Zucker, also in Energie verwandelt.“
Voller Körpereinsatz vom Braumeister
Insgesamt acht Stunden dauert das Kochen. Und das Finale erfordert noch einmal vollen Körpereinsatz vom Braumeister. „Bis ich mir die Schrittfolge so gemerkt habe, dass ich sie für die Azubis aufschreiben konnte, hat gedauert“, sagt er und lacht. Geübt öffnet er die Luke des Kessels im Sudhaus, schaut einmal prüfend durch den dichten Dampf hinein in die Dunkelheit. Sieht gut aus. Jetzt schnell noch den Zuckergehalt messen. Je höher, desto süßer und alkoholhaltiger später das Bier. „Aktuell liegt der Zuckergehalt bei 12,5 Prozent“, sagt Weier. „Es kommt aber noch etwas Wasser dazu und dann enden wir bei 12,3 oder 12,4 Prozent.“
Alle Werte stimmen, der Braumeister ist zufrieden. Und rennt schon wieder weiter in den Nebenraum, wo die richtig großen Tanks stehen. Wobei, das gibt er im Laufen noch mit: „Wir sind hier in einer kleinen Brauerei!“ 1000 Hektoliter produziert Geilings Bräu im Jahr, allerdings nur geschätzt. So sank in der Pandemie die Nachfrage nach Fassbier, dem eigentlichen Standbein der Brauerei. Zum Glück hatten sie zu diesem Zeitpunkt gerade den Verkauf ihrer Flaschenbiere weiter ausgebaut, konnten sich damit weiter über Wasser halten. Und landeten zum Start der Biergartensaison einen richtigen Coup, wie er erzählt: „Die großen, internationalen Brauereien konnten nach der langen Coronapause nicht so schnell liefern. Wir schon.“
Regionale Vertriebsstrukturen bei Geilings Bräu
Kleine Logistikketten, regionale Vertriebsstrukturen – Nachhaltigkeit spielt eine entscheidende Rolle, ist ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgsrezepts von Geilings Bräu. 2012 hat Johannes Lehmbruck die Firma in seiner Heimatstadt Kamp-Lintfort gegründet, 2017 hier eine eigene Brauerei gebaut und nur kurze Zeit später seinen alten Freund Kai Weier eingestellt. Der ist bis heute mit Leidenschaft dabei, wie seine lebhaften Beschreibungen des Bierbrauens auch für Laien beweisen. Wenn er zum Beispiel vor einem riesigen Tank steht, irgendwelche Hähne aufdreht und sagt: „Das sieht 1000 Mal komplexer aus, als es eigentlich ist.“ Okay. Was passiert denn gerade?
„Ich sterilisiere schon mal den Hahn für die Luftzufuhr“, antwortet Weier. Luft im Bier? Ist eigentlich absolut verboten. „Luft darf nur genau an dieser Stelle ins Bier, damit die Hefe aktiviert wird.“ Im Whirlpool, so tatsächlich der Fachbegriff, bleiben schließlich alle überflüssigen Feststoffe zurück. Das hat auch dieses Mal wieder geklappt, wie ein Blick durch eine Luke beweist. „Jetzt kühlen wir das Ganze auf Gärtemperatur, bei untergärigen Bieren wie Pils oder Export sind das so acht bis neun Grad“, sagt der Experte. Im Klartext heißt das: Abwarten und Bier trinken. Aber was braut der Braumeister hier eigentlich gerade? „Kellerpils, das ist unser erstes und ‘normales’ Bier. Aber auch das versuchen wir natürlich richtig gut zu machen.“
„Niederrheiner wie wir, teilen unser Bier“
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Nach 45 Minuten wird Weier unruhig – er hört die minimal veränderten Geräusche der Maschine und weiß, dass es gleich so weit ist. 1500 Liter fließen jetzt nach und nach durch einen dicken Schlauch in einen unten spitz zulaufenden Tank. Eine Woche lang gärt das Bier darin vor sich hin, reift anschließend noch weiter nach. In sechs Wochen dann bringt ein Tankwagen das Bier zu einer externen Firma, die es in Bügelflaschen füllt und zurück zur Brauerei bringt. Fehlen nur noch die Etiketten mit dem eingängigen Spruch „Niederrheiner wie wir, teilen unser Bier“, das handschriftliche Haltbarkeitsdatum und das wächserne Siegel. Fertig ist das Kellerpils! Und zur Feier des Tages darf der Braumeister auch anstoßen. Schließlich muss er ja wissen, was er da eigentlich so gebraut hat…
>>> Noch mehr Bier „An der Theke“
Geilings Bräubaut selbst Hopfen an und braut damit direkt nach der Ernte dunkles Bockbier. Weil das Fassbier jedoch im Coronajahr nicht auf Festen ausgeschenkt werden konnte, kam die Sorte erstmals in 6000 Flaschen auf dem Markt. „Das ist so gut angekommen, dass wir jetzt gucken, welcher Hopfen unseren eigenen ganzjährig ersetzen kann“, erklärt Kai Weier. Einen Prototypen gibt’s bereits.
Lust auf mehr Bier? Dann ist unser neuer Podcast „An der Theke“ vielleicht genau das Richtige. Marcus Lenzen und Sara Schurmann treffen sich darin mit interessanten Gästen, um gemeinsam ein Bier vom Niederrhein zu trinken – in einer Folge auch das Kellerpils von Geilings Bräu. Alle zwei Wochen wird freitags eine neue und kostenlose Folge hochgeladen, zu finden bei allen gängigen Podcast-Anbietern wie Spotify und Apple Podcast oder auf www.nrz.de/podcast