An Rhein und Ruhr. SPD und Grüne gehen gestärkt aus der Wahl hervor. Doch wo gab es die größten Überraschungen? Und welche Kandidaten erlebten herbe Niederlagen?
Jubel auf der einen, Katerstimmung auf der anderen Seite: Während die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr deutlich zulegen, kann die CDU bei der Bundestagswahl allenfalls Schadensbegrenzung betreiben. Auch die Grünen sind trotz ihrer teils historischen Erfolge nicht so recht in Feierlaune. FDP und AfD verlieren einige Stimmen, die Linke rutscht am gesamten Niederrhein unter fünf Prozent. Doch wer sind die Überraschungssieger des Wahlabends? Und welche Direktkandidaten mussten eine herbe Niederlage hinnehmen? Ein Überblick.
Bereits die Verteilung der Zweitstimmen zeigt: Im direkten Vergleich mit der SPD hat die Union deutlich an Boden verloren. 2017 war die CDU in 14 von 21 Städten und Gemeinden im NRZ-Verbreitungsgebiet die stärkste Kraft. Vier Jahre später hat sich dieses Bild komplett gedreht. In insgesamt sieben Kommunen konnte die SPD die Führungsrolle zurückerobern – darunter Mülheim, Wesel und Rheinberg. Auch in den restlichen Kommunen büßt die Union Stimmen ein. So liegt die CDU in Hamminkeln zwar noch knapp vor der SPD. Der Vorsprung ist aber um satte 16 Prozent geschmolzen.
Niederrhein: Grüne bei Direktmandaten chancenlos
Auch bei den Erststimmen geht die SPD als Sieger hervor. In acht von elf Wahlbezirken im NRZ-Verbreitungsgebiet gewinnt ein SPD-Politiker. Auffällig: Obwohl die Grünen ihre Ergebnisse in nur vier Jahren teils verdoppelt oder verdreifacht haben, landet kein einziger grüner Direktkandidat in seinem Wahlbezirk auf den ersten beiden Plätzen. Die meisten Stimmen für die Grünen sammeln Sara Nanni (21,4 Prozent) und Frederik Hartmann (21,2 Prozent) aus Düsseldorf.
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Der wohl größte Überraschungserfolg am Niederrhein geht an Rainer Keller: Der Sozialdemokrat setzte sich im Wahlbezirk Wesel I mit über vier Prozent Vorsprung gegen die erfahrene CDU-Politikerin Sabine Weiss durch. „Ich freue mich unermesslich, dass es gereicht hat und bin überwältigt von dem Ergebnis“, sagte Keller unmittelbar nach dem Wahlsieg. Weiss büßte im Vergleich zu 2017 fast zehn Prozentpunkte ein. Direkt nebenan, im Wahlkreis Krefeld II – Wesel II, übernahm SPD-Mann Jan Dieren das Direktmandat von Kerstin Radomski (CDU). Kleiner Trost: Beide Unionspolitikerinnen sind über die Landesliste im Bundestag vertreten.
Ein Sensationserfolg gelang am Sonntag auch Bodo Wißen. Der SPD-Politiker holte in Rees und Emmerich die meisten Stimmen. Das reichte aber nicht für den Gesamtsieg und den Einzug in den Bundestag: Trotz starker Einbußen ging der Wahlbezirk Kleve an Stefan Rouenhoff (CDU), der sein schlechtes Abschneiden unter anderem auf den schwachen Bundestrend seiner Partei zurückführte. „Auf bundespolitischer Ebene müssen Konsequenzen gezogen werden“, forderte Rouenhoff. Der Unionspolitiker verlor im traditionellen CDU-Kerngebiet fast acht Prozent.
Essener CDU-Kandidat Matthias Hauer: Zittern bis zum Schluss
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Im Essener Süd-Wahlkreis musste der CDU-Vorsitzende Matthias Hauer überraschend lange um sein 2013 und 2017 gewonnenes Direktmandat zittern. Am Ende der Auszählung lag Hauer mit weniger als einem Prozent vor dem SPD-Kandidaten Gereon Wolters. Bei den Zweitstimmen viel das Ergebnis deutlicher aus: 31,1 Prozent der Essener wählten die Sozialdemokraten, lediglich 22,7 Prozent die CDU. Die stärksten Zuwächse verzeichneten die Grünen (+9 Prozent), deren Kandidat Kai Gehring erneut über die Landesliste in den Bundestag einzieht und auf 18,9 Prozent der Erststimmen kam.
Deutliche Gewinne erzielte die Umweltpartei auch in Düsseldorf. Mit 22,5 Prozent lagen die Grünen in der Wählergunst nur hauchdünn hinter CDU (24,2 Prozent) und SPD (23,4 Prozent). Mit einem Plus von 12,5 Prozent gelang den Düsseldorfer Grünen der stärkste Anstieg aller Parteien im NRZ-Verbreitungsgebiet. Gefeiert wurde auch bei den Sozialdemokraten, die erstmals seit 2005 wieder den Wahlkreis Düsseldorf II gewinnen konnten.