Am Niederrhein. Fotos belegen: Im Wolfsgebiet Schermbeck gibt es wieder mindestens einen Welpen. Auch das Wolfspaar in der Eifel soll Nachwuchs haben.
Es gibt den ersten bestätigten Wolfsnachwuchs dieses Jahres in Nordrhein-Westfalen. Am 27. Juni und 4. Juli in der Region Schermbeck aufgenommene Fotos zeigen jeweils einen erst wenige Wochen alten Welpen, teilte das Landesumweltamt (Lanuv) mit. In der Region lebt Wölfin „Gloria“ mit einem Männchen, im vergangenen Jahr hatte es erstmals Nachwuchs gegeben.
In beiden Fällen sind die Fotos sind auf dem Gebiet der Gemeinde Hünxe entstanden. „Wir haben die Örtlichkeit geprüft“, sagte ein Lanuv-Sprecher auf Nachfrage der Redaktion (12. Juli 2021). Experten sind nach Ansicht überzeugt, dass die Bilder tatsächlich einen Wolfswelpen zeigen. Zu den Umständen, wie die Fotos entstanden sind, macht das Lanuv keine Angaben.
Nach sechs Wochen unternehmen Welpen erste Ausflüge
Zumindest in einem Fall aber sind Bilder nach Informationen der Redaktion am helllichten Tag entstanden, aufgenommen von einem Auto aus. Zu sehen ist eine schmale Straße in einem Waldstück. Der Welpe guckt von der Straße aus sehr interessiert, neugierig aufs stehende Auto - augenscheinlich ein eher neuer Anblick für ihn. Eltern oder weitere Welpen sind nicht auf dem Foto abgebildet, könnten sich aber in der Nähe befunden haben.
„Gewöhnlich werden junge Wölfe Ende April/Anfang Mai geboren“, sagt Katharina Stenglein, Wolfsexpertin beim Naturschutzbund (Nabu) auf Nachfrage der Redaktion. Im Alter von plusminus sechs Wochen unternehmen die Welpen erste kleine Ausflüge, üblicherweise in Begleitung - und noch nicht viele Kilometer weit: „Das würden sie gar nicht schaffen.“
Ist die Wölfin im Eggegebirge immer noch allein?
Belgischen Medienberichten zufolge hat auch das Wolfspaar in der Eifel aktuell drei Welpen - allerdings nicht auf deutscher, sondern auf belgischer Seite. Noch keine Nachrichten gibt es vom Wolfsrudel im Rhein-Sieg-Kreis - wo es im vergangenen Jahr ebenfalls Nachwuchs gegeben hatte. Damals war dort erst von fünf Welpen die Rede, mittlerweile sind sieben genetisch bestätigt - zwei davon aber schon wieder bei Autounfällen verendet.
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Unklar ist die Lage im Bereich Egge/Senne in Ostwestfalen. Dort ist seit vergangenem Oktober wieder eine Wölfin unterwegs. Die Umweltbehörden gehen mittlerweile von einem sesshaften Tier aus. Möglicherweise ist das Weibchen mit der wissenschaftlichen Kennung GW1897f auch nicht mehr allein. Im Mai war ein junger männlicher Wolf zumindest zeitweise im Eggegebirge unterwegs. Der Rüde stammt aus einem Rudel in Scheeßel in Niedersachsen (zwischen Bremen und Hamburg). Er ist über seinen Vater mit Wölfin Gloria und ihrem Männchen verwandt.
Ein „Alpen-Wolf“ hatte sich im Mai nach Köln verirrt
„Die Zahl der Wölfe in Nordrhein-Westfalen wird weiter zunehmen“, ist Nabu-Expertin Stenglein überzeugt. Mit konkreten Prognosen ist sie bewusst zurückhaltend. Fläche jedenfalls wäre vorhanden - über die jetzt sesshaften drei Rudel und das Vielleicht-Pärchen hinaus. Ein Rudel beansprucht laut Experten zwischen 100 und 350 Quadratkilometern. Stenglein weist daraufhin, dass Jungtiere die Rudel in der Regel nach ein oder zwei oder sogar fünf Jahren verlassen, um sich ein eigenes Territorium zu suchen
Denkbar wäre, dass sich auf dem Gebiet von NRW Wölfe verschiedener Populationen treffen und sich paaren. „Genetisch wäre das sehr wünschenswert“, meinte Stenglein. Das Gros der Wölfe, die in NRW bisher auftreten, stammt bisher aus einer Population, die sich von Polen und die neuen Bundesländer über Niedersachsen nach Westen ausbreitet. Wiederholt waren in NRW nach langer Wanderung aber auch schon einzelne Wölfe aus dem Alpenraum aufgetaucht - zuletzt ein Männchen, das sich im Mai auf das Kölner Stadtgebiet verirrt hatte.
Nachwuchs vom Niederrhein in den Niederlanden unterwegs
Vom Schermbecker Rudel ist aus dem vergangenen Jahr nur bekannt, dass es da mindestens einen Welpen gab - mehr sind aber auch nicht ausgeschlossen. Fest steht: Nachwuchs vom Niederrhein ist bereits auf Wanderschaft. In der niederländischen Provinz Nord-Brabant war im April ein Schaf gerissen worden. Speichelproben weisen auf einen Wolf aus dem Schermbecker Gebiet hin. Auch bei zwei Sichtungen im April in Nord-Brabant und Zeeland gehen Experten davon aus, dass es sich um das Schermbecker Tier handelt.