Aus den Niederlanden. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in den Niederlanden geht nur langsam zurück, die Inzidenz bleibt hoch. Welche Rolle spielen die Lockerungen?

Während die Corona-Inzidenz in NRW zuletzt deutlich gesunken ist, bleibt die Zahl der Neuinfektionen in den Niederlanden weiterhin hoch. Zwar ist Inzidenz in den vergangenen sieben Tagen gesunken und wieder unter den Wert von 300 gerutscht, dennoch liegt sie nach Angaben des zuständigen Gesundheitsinstitutes RIVM immer noch bei 270,2 - und ist damit mehr als doppelt so hoch wie in NRW.

Damit sind die Niederlande das einzige Nachbarland Deutschlands mit derart hohen Fallzahlen und liegt laut Datenanbieter Statista aktuell auf Platz drei der höchsten Sieben-Tage-Inzidenzen in Europa. Trotz der über Monate anhaltend hohen Fallzahlen haben die Niederlande vor gut zwei Wochen die Corona-Maßnahmen gelockert.

Seit dem 28. April sind Außengastronomien und Geschäfte unter Auflagen wieder geöffnet und die nächtliche Ausgangssperre aufgehoben. Für die kommende Wochen hat die niederländische Regierung bereits die nächsten Lockerungen angekündigt. Voraussetzung sei allerdings, dass die Patientenzahlen in Krankenhäusern weiter deutlich sinken, sagte der Premier Mark Rutte am Dienstagabend in Den Haag.

Erste Effekte der Lockerungen auf Corona-Zahlen?

Ob die jüngsten Lockerungen von Ende April etwas mit den anhaltend hohen Fallzahlen tun haben, ist noch nicht erwiesen – doch es gibt erste Anhaltspunkte dafür, wie Professor Alexander Friedrich vom Universitätsklinikum Groningen verdeutlicht.

Die Lockerungen, aber auch vor allem der lockere Umgang mit den Maßnahmen rund um den Koningsdag, haben aus meiner Sicht dazu geführt, dass die Neuinfektionen nicht weiter gesunken, sondern eine Woche später erstmal wieder leicht gestiegen sind“, so der Mediziner, der Mitglied im Outbreak Management Team ist, einem Gremium, das die niederländische Regierung berät.

Andreas Voss, ebenfalls Mitglied des Outbreak Management Teams und Mediziner in Nimwegen, sieht hingegen mit Blick auf die gesunkene Inzidenz noch keinen Zusammenhang. "Die leichten Lockerungen hatten vermutlich keinen Einfluss auf den Verlauf der Pandemie", so Voss. "Die Zahlen gehen im Moment nach unten." Wichtiger sei zudem ein Blick auf die Aufnahmen auf den Intensivstationen.

Noch keine Entwarnung in den Niederlanden

Besonders auffallig ist aber seit zwei Wochen: Laut RIVM sind zunehmend junge Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Deshalb sei es nicht zu einer starken Zunahme der Krankenhausaufnahmen gekommen, so Alexander Friedrich. „Die Aufnahmen blieben dennoch drei Wochen stabil auf hohem Niveau und scheinen seit ein paar Tagen jetzt langsam zu sinken.“

Ob es sich um einen dauerhaften Rückgang handle, könne erst Anfang kommender Woche beurteilt werden. Entwarnung gibt es also noch nicht. Friedrich mahnt: „Leider ist die Anzahl der Menschen, die gestorben sind, seit zwei Wochen wieder über das für die Jahreszeit normale Niveau gestiegen.“

Mit diesen Schritten will die Niederlande weiter lockern:

Sollten sich die Lage wie von der Regierung erhofft entwickeln, dürfen ab dem 19. Mai Gaststätten draußen länger geöffnet sein und Fitnessclubs wieder öffnen. Die Regierung hält auch Sommerurlaub im Ausland für möglich.

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Auch Prostituierte dürften dann wieder arbeiten. Die Lockerungen wurden auch für Schwimmbäder, Sporthallen, Freiluft- Kultureinrichtungen, Vergnügungsparks sowie Zoos angekündigt. „Wir wollen so kurz vor dem Ziel nicht noch Fehler machen“, sagte Rutte. Eine endgültige Entscheidung werde in der nächsten Woche fallen.

Was gilt bei Einreise in die Niederlande?

Seit dem 6. April gilt die Niederlande als Hochinzidenzgebiet. Ob eine Reise ins Nachbarland angetreten werden kann, liegt aber weiter im eigenen Ermessen. Für Einreisende aus Deutschland gilt: Ein allgemeines Tourismusverbot in den Niederlanden besteht nicht, Hotels und andere Unterkünfte sind geöffnet – auch Campingplätze. Auch die Grenze zu den Niederlanden ist weiterhin offen.

Doch die niederländische wie deutsche Regierung raten weiterhin dringend von nicht notwendigen Reisen wie Urlauben oder Ausflügen ab. Ein Aufenthalt im Nachbarland ist zudem nur unter Auflagen möglich: Wer mit dem Fernbus, Flugzeug oder Zug einreisen möchte, benötigt derzeit einen negativen Covid-19-Test. Diese Regel soll nach Plänen der Regierung auch auf Einreisende mit dem Auto ausgeweitet werden.

Einreise Niederlande: Neue Quarantänepflicht geplant

Zudem plant die Regierung eine Quarantänepflicht für Einreisende aus Risikoländern wie Deutschland. Bislang wird Einreisenden nur empfohlen, sich zehn Tage in der Ferienunterkunft in Quarantäne zu begeben. Wann diese neuen Regeln zu Quarantäne und Testpflicht kommen, ist allerdings noch unklar.

Bei der Rückkehr aus dem Risikogebiet Niederlande nach NRW gilt bereits jetzt: Einreisende, also auch Reiserückkehrer, brauchen einen aktuellen, negativen Corona-Test - nicht älter als 48 Stunden. Dann entfällt auch die sonst weiter gültige zehntägige Quarantänepflicht. Zudem muss die Einreise vorher online angezeigt werden - es sei denn, man ist nur auf Durchreise oder bleibt weniger als 24 Stunden in Deutschland. Weitere Ausnahmen gibt es für Berufspendlerinnen und Berufspendler (red./dpa)