Groningen/Essen. Die niederländische Museumsszene ist schwer durch die Pandemie getroffen. Doch sind Schnelltests und digitale Ausstellungen echte Alternativen?

Die Museums- und Kulturlandschaft ist hart von der Corona-Pandemie getroffen - auch in den Niederlanden. Andreas Blühm, Direktor des Groninger Museums, spricht im Interview über Eintritt mit negativen Schnelltests, die finanzielle Lage des Kultursektors und die Zukunft digitaler Ausstellungen.

Herr Blühm, wie ist die Lage für Museen- und Kultureinrichtungen derzeit in den Niederlanden?

Die Einrichtungen sind geschlossen und die nächsten Lockerungen kommen frühestens ab dem 28. April. Wobei für ein Pilotprojekt im Rahmen der Museumswoche 17 Häuser über drei Tage für negativ getestete Menschen öffnen. Wir sind eines dieser Museen. Besucherinnen und Besucher können sich gratis testen lassen und unter Vorlage eines negativen Ergebnisses ins Museum. Ich bin sehr gespannt, ob das funktioniert. Es hat viele Anmeldungen dafür gegeben.

An diesen sogenannten Testevents in den Niederlanden kommt ja immer mehr Kritik auf. Wie sicher kann so ein Projekt in Innenräumen sein?

Wir Museen denken, dass wir sowieso ein ziemlich coronasicheres Umfeld sind, denn wir haben ja alle möglichen Maßnahmen getroffen, als wir noch offen waren. Wir haben einen Einbahnstraßen-Verkehr in den Sälen, kontingentieren den Zugang pro Quadratmeter und es gibt eine Maskenpflicht. Das ist wesentlich geordneter als im Supermarkt. Wir denken, dass diese Maßnahmen zusammen mit einem negativen Schnelltest sicher genug für den Eintritt sind. Wir sind kein Theater, wo man eine Stunde neben jemandem sitzt, sondern sich bewegt. Ein Zoo ist wahrscheinlich noch sicherer.

Andreas Blühm hofft, sein Haus bald wieder öffnen zu können.    
Andreas Blühm hofft, sein Haus bald wieder öffnen zu können.     © Groninger Museum | Ewoud Rooks

Nun sind die Museen und Kultureinrichtungen schon mehrere Monate geschlossen. Wie ist die Lage für Sie und Ihr Haus?

Wir wissen, dass wir nicht alleine sind. Natürlich ist das traurig, denn unsere Kernfunktion ist, offen für ein Publikum zu sein. Es gibt einige Kollegen, die normal weiterarbeiten. Das können Techniker sein oder Kuratorinnen. Wir haben zum Glück niemanden entlassen müssen. Die Stimmung ist noch ganz gut. Die Pandemie hat auch einen verbindenden Faktor, wir sind solidarisch miteinander.

Und finanziell?

Ökonomisch ist es natürlich eine schwache Zeit, insbesondere weil wir mit unserer Ausstellung über die Rolling Stones dachten: Jetzt haben wir etwas Großes für ein Publikum, das keine Popkonzerte und Festivals besuchen kann. Die Ausstellung wurde auch wahnsinnig positiv aufgenommen. Wir waren vier Wochen offen, dann kam der zweite Lockdown und der blieb bis zum Ende der Ausstellung. Das kostet viel Geld. Das Gute ist, dass wir die Ausstellung in zwei Jahren noch mal machen können. Das hat es noch nie zuvor gegeben.

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Was wünschen Sie sich von der Politik?

Es würde wohl niemanden geben, der behauptet, dass die finanzielle Unterstützung genug ist. Aber ich kann nicht klagen, der Staat, die Provinz und die Stadt haben uns großzügig geholfen. Die Reserven, die wir hatten, sind so gut wie aufgebraucht, aber die Gespräche gehen weiter. Ich weiß, dass das nicht überall so ist. Die ganz großen Museen und die ganz kleinen haben es sehr schwer. Die ganz Großen, weil der Tourismus als Haupteinnahmequelle wegbleibt und die Kleinen, weil sich viele Ehrenamtliche sich nicht mehr zurück trauen. Wir sind da in der Mitte, wir überleben das.

Wie kann es in der momentanen Lage für die Museen überhaupt weitergehen?

Wir machen gerne mit bei dem Pilotprojekt, das bei negativem Corona-Testergebnis einen Eintritt ins Museum ermöglicht. Wir glauben aber, dass das keine Dauerlösung sein kann. Die Tür ist nun einen Spalt offen und wir hoffen, dass sich die Zahlen in die richtige Richtung entwickeln. Wir finden, dass ein geordneter Museumsbesuch unter bestimmten Bedingungen auch schon die ganze Zeit möglich gewesen wäre, denn die Infektionen kommen nicht aus dem Museum.

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Ihre aktuelle Ausstellung können Sie aber weiterhin nur online zeigen. Wie kommt das an?

Wir hatten bereits im vergangenen Jahr für eine Ausstellung eine 360-Grad-Aufnahme gemacht, aber zuerst nicht genutzt. Das hat sich dann aber doch als recht erfolgreich erwiesen. Weil man aber jetzt alle Museen von Australien bis Kanada digital besuchen kann, ist das Angebot auf einmal so groß, dass niemand die Zeit hat, sich das alles anzugucken. Aktuell sind wir für die Rolling-Stones-Ausstellung das Experiment einer kostenpflichtigen, digitalen Ausstellung eingegangen. Das funktioniert leider nur bedingt. Deshalb bin ich auch für die Zukunft etwas skeptisch. Onlineangebote wird es weiterhin geben, aber wir sind wieder zurückgeworfen auf unsere Urfunktion: Man muss uns auch live besuchen können.

Funktionieren andere Digitalformate während der Pandemie besser?

Wir haben einmal eine kostenlose, digitale Führung durch die Stones-Ausstellung gemacht, da waren live 15.000 Leute dabei. Das war unglaublich. So etwas funktioniert offenbar. Wir werden auch an dem Thema Onlineführungen oder digitalen Vorträgen festhalten. Es gibt ja auch Menschen, die nicht mobil sind und nicht nach Groningen kommen können. Ich denke, dass das Zukunft hat.