An Rhein und Ruhr. NRW will in bestimmten Regionen eine Öffnungsstrategie erproben. Neben Düsseldorf will sich nun auch der Kreis Wesel bewerben.

Nordrhein-Westfalen will in etwa einem halben Dutzend Modellregionen Öffnungen coronabedingter Einschränkungen mit strengen Schutzmaßnahmen und Testkonzepten erproben. Das kündigte Ministerpräsident Armin Laschet am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag an. Die Landeshauptstadt hatte sich bereits offiziell als Modellregion für die Öffnung von Gastronomie, Kultur- oder Sportveranstaltungen beworben. „Unsere niedrige Inzidenz und die gute Arbeit, sowohl bei der Kontaktnachverfolgung als auch im Impfzentrum, zeigen, dass wir in der Pandemie auch als Verwaltung sehr gut aufgestellt sind“, kündigte Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller an.

Nach über einem Jahr Pandemie sehnten sich die Menschen nach Normalität. Umso wichtiger sei es, wenn Düsseldorf als Modellstadt dazu beitragen könnte, „sie ihnen durch Öffnungen unter allen Hygienevorschriften Schritt für Schritt wieder zu ermöglichen.“

Interessenbekundung des Kreises Wesel

Gleiches plant auch der Kreis Wesel, der seine Bewerbung als Modellregion ebenfalls in die Wege leiten will. „Der Kreis Wesel will im Schulterschluss mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der 13 kreisangehörigen Städte und Gemeinden eine offizielle Interessensbekundung als Modellregion für eine Öffnungsstrategie an das Land NRW senden,“ so Landrat Ingo Brohl.

Für eine Konkretisierung seiner Bewerbung erwarte der Kreis Wesel zeitnah die Nennung von Auswahlkriterien durch das Land. In der Zwischenzeit finden bereits Abstimmungen und Vorbereitungen aufgrund bisheriger Erkenntnisse mit den kreisangehörigen Kommunen sowie erste konzeptionelle Schritte statt.

Weseler-SPD befürwortet Entscheidung

Dieses befürwortet vor allem der Weseler SPD-Partei- und Fraktionschef Ludger Hovest. „Ich befürchte, durch die ganzen Mutationen, die mittlerweile auftreten, dass wir auch im Sommer noch mit diesen hohen Zahlen zu kämpfen haben“, schätzt der SPD-Politiker.

Klar sei für ihn, „wenn uns nicht bald was gescheites einfällt und wir weiterhin alles zulassen, werden die Leute auf die Barrikaden gehen und uns nicht mehr folgen.“ Es gehe nun darum „Mut zu zeigen.“ Dabei betont er auch, dass „natürlich alle geltenden Maßnahmen eingehalten und die Infektionswege genauestens nachverfolgt werden müssen.“ Er verspricht sich von einer Auswahl als Modellregion dabei eine größere Chance auf Unterstützung vom Land NRW.

Politiker fordern: Moers soll als Modellstadt fungieren

Interesse als Modellregion zu fungieren, äußerte auch die Stadt Moers. Nach einer kontroversen Diskussion stimmt der Rat in Moers für ein Testmodell zur Eindämmung der Corona-Pandemie und eine Öffnungsstrategie. Bürgermeister Christoph Fleischhauer halte das „Tübinger Modell“ jedoch für nicht exakt umsetzbar in Moers, weil beide Städte nicht vergleichbar seien. Moers müsse sich mit dem Kreis abstimmen, wie eine Teststrategie aussehen könne.

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Landrätin Silke Gorißen hatte auch für den Kreis Kleve „ihren Hut in den Ring geworfen“. Sie begrüße das Vorhaben der Landesregierung, in Modellregionen Lockerungen pandemiebedingter Einschränkungen mit strengen Schutzmaßnahmen und Testkonzepten zu erproben, heißt es in einer Pressemitteilung des Kreises. „Der Kreis Kleve mit seinen 16 Kommunen links und rechts des Rheins grenzt an die Niederlande, an den Kreis Borken, den Kreis Wesel und den Kreis Viersen. Aufgrund des intensiven deutsch-niederländischen Grenzverkehrs in privater, beruflicher und touristischer Hinsicht bietet sich unser Kreisgebiet als Modellregion an“, so Landrätin Silke Gorißen.

Die Landesregierung werde solche befristeten Projekte „schnell nach Ostern möglich machen“, sagte Laschet. Dann könnte etwa erprobt werden, mit negativem Corona-Test wieder Kinos, Sport- oder Kulturveranstaltungen zu besuchen. In den nächsten Tagen würden die ausgewählten Orte vorgestellt. Viele hätten sich angeboten, berichtete Laschet.

Tübingen gilt als Vorbild

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Die Auswahl werde alle Regionen des Landes abbilden und Kreise ebenso wie große Städte. „Lockdown ja, Lockdown nein müssen wir überwinden“, sagte der CDU-Bundesvorsitzende. Vorbildlich seien die Öffnungskonzepte in Tübingen. „Wir brauchen Tübingen überall“, sagte Laschet, allerdings „nicht Tübingen kopiert“.

Seit dem 15. März gibt es in der Stadt in Baden-Württemberg das sogenannte „Tübinger Tagesticket“. Dieser Nachweis über einen tagesaktuellen negativen Corona-Schnelltest gilt für einen Tag als Zugangsvoraussetzung zu Außengastronomie von Restaurants, Cafés und Kneipen sowie Museen, Bibliotheken, Theater und Kinos, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt.

Bürger werden in der Innenstadt getestet

Getestet werden die Bürger an verschiedenen Punkten in der Innenstadt. Die dort eingesetzten nasalen Schnelltests sind kostenlos. Wer negativ getestet ist, erhält als Bestätigung ein Tübinger Tagesticket.

Auch der Heinsberger Landrat Stephan Pusch teilte in einer Videobotschaft mit, er sehe seinen Kreis „aufgrund unserer Historie mit dem Thema Corona prädestiniert“ für einen solchen Modellversuch.

Den Menschen wieder mehr Freiheit geben

Landrat Pusch sagte, man sei gerade dabei, die Testinfrastruktur im Kreis intensiv auszubauen. Bald sollen demnach 80 bis 90 Teststationen zur Verfügung stehen. Er glaube aber, dass es zum freiwilligen Testen einen Anreiz brauche, auch etwas mit dem Ergebnis anzufangen. Der Kreis wolle daher einen negativen Test „wie eine Art Tagesticket“ für Restaurants oder Kultureinrichtungen nutzen, um die „Wirtschaft anzukurbeln, eine Öffnungsperspektive zu schaffen und den Menschen mehr Freiheit zu geben“, sagt ein Kreissprecher.

Er teilt außerdem mit, dass man „guter Dinge“ sei, dass das Land NRW den Kreis Heinsberg als Modellregion auswählt. In Nachbarkreisen, wie Düren, sei die Inzidenz doppelt so hoch. „Da stehen wir besser da“, so der Sprecher.

Neben dem Kreis Düren teilten Mönchengladbach, Aachen, Münster und der Kreis Coesfeld am Mittwoch ebenfalls mit, sich als Modellkommune zu bewerben oder bereits beworben zu haben. (mit dpa)