An Rhein und Ruhr. Acht der Festgenommenen zählt das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt zu drei bis bis dahin “hochaktiven“ Tätergruppen.

Geldautomatensprenger haben im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen mehr als fünf Millionen Euro erbeutet. Der durch die Sprengungen angerichtete Gesamtsachschaden lag mit geschätzten 5,1 Millionen Euro in ähnlicher Höhe. Diese Zahlen nannte das Landeskriminalamt (LKA) an diesem Dienstag (26. Januar 2021) auf Nachfrage der Redaktion.

Mit 176 versuchten und vollendeten Sprengungen hatte die Fallzahl in NRW im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht (2019: 104 Fälle). Allerdings hatte es schon im vierten Quartal deutlich weniger Sprengungen gegeben. Und im noch jungen Jahr 2021 hatten die Kriminellen zumindest bisher kein Glück: Sechs Taten hat das LKA bislang registriert, zuletzt in Mönchengladbach und Lippstadt - alle blieben im Versuch stecken. Die Täter machten keine Beute.

Waghalsige Flucht in schnellen Limousinen

Solche Sprengungen gehen nach Erkenntnissen des LKA fast ausschließlich aufs Konto krimineller Banden aus den Niederlanden. Die Täter reisen - teilweise in wechselnder Besetzung - nach Deutschland ein, um Geldautomaten zu plündern und flüchten dann in hochmotorisierten Limousinen, was ihnen die Bezeichnung "Audi-Bande" eingebracht hatte. Dass die Fallzahlen zuletzt gesunken sind, kommt aus Sicht der Ermittler nicht von ungefähr.

Insgesamt 27 Festnahmen gab es den Angaben zufolge im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit Geldautomatensprengungen in NRW. Acht Personen davon sind laut einem LKA-Sprecher drei Tätergruppen zuzurechnen, die bis dahin "hochaktiv" waren. "Diese Festnahmen sind im Zuge von Ermittlungsverfahren der Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen erfolgt", sagte der LKA-Sprecher.

Banken investieren in Sicherheitstechnik

Er wies zudem daraufhin, dass hiesige Geldinstitute weiter in Prävention investieren. Dies habe mit dafür gesorgt, dass Automatensprenger im vergangenen Jahr in NRW im Schnitt in zwei von drei Fällen (68%) keine Beute machten. Ein aktuelles Beispiel: In Essen-Kupferdreh brachen Kriminelle vor gut einer Woche ihren Sprengversuch im Vorraum einer Bank ab, weil die Vernebelungstechnik eingesetzt hatte. Den Sprengstoff hatten sie da bereits am Automaten platziert gehabt, zumindest ein Teil explodierte.

In der Vergangenheit hatten Täter Geldautomaten meist durch das Einleiten eines Gasgemisches in die Luft gejagt. Nun greifen sie häufiger zu selbstgemischten Sprengstoffen. "Je nach Zusammensetzung entwickeln diese Eigenlaborate wesentlich höhere Umsatzgeschwindigkeiten und Sprengkraft", sagte der LKA-Sprecher. Die Explosionen erfolgen also schneller und sind heftiger, sie sind unberechenbar.

Ein Täter kam im September 2020 in Utrecht ums Leben

Die Kriminellen gefährden Unbeteiligte wie etwa Anwohner oder Passanten - und sich selbst. Beim Hantieren mit einer Eigenmixtur erlitt ein Täter im September 2020 im niederländischen Utrecht tödliche Verletzungen. Nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen LKA hat dieser Vorfall für Verunsicherung in der Szene gesorgt - und dürfte wohl auch zu einem Rückgang der Fallzahlen beigetragen haben.

Bei einer durch eine Polizeistreife jetzt am 15. Januar 2021 im Eifeldorf Marmagen (Kreis Euskirchen) vereitelten Sprengung hatten die Täter ebenfalls Sprengstoff einsetzen wollen. Drei Männer (23, 30 und 31 Jahre) waren festgenommen worden, einem vierten gelang offenbar die Flucht. Bei der Kreispolizei vermutet man, dass die drei Festgenommenen auch für weitere Taten verantwortlich sein könnten. "Der DNA-Abgleich läuft", sagte ein Polizeisprecher auf Nachfrage der Redaktion.