Am Niederrhein. Umweltministerium in Düsseldorf sieht NRW bei einem möglichen Ausbruch gut gerüstet. In den Niederlanden ist die Vogelgrippe schon da.
Mit Sorge blicken Geflügelhalter aus der Region nach Norddeutschland und in die nahen Niederlande, wo es in den vergangenen Wochen mehrere Vogelgrippe-Fälle gab. "Wir befürchten, dass eine Stallpflicht auch bei uns nur noch eine Frage der Zeit ist", sagte Heinrich Bußmann, Geschäftsführer des Geflügelwirtschaftsverbandes NRW, an diesem Mittwoch (11. November 2020) auf Nachfrage der Redaktion.
In Schleswig-Holstein sind in diesem Herbst schon 3000 Wildvögel an der Vogelgrippe vom Subtyp H5N8 verendet - Gänse und Enten vor allem, aber auch Möwen, Brachvögel und Austernfischer. Seit kurzem sind im Norden auch Nutzgeflügel-Bestände betroffen, Wildvögel schleppen das Virus ein. Auch Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern melden Vogelgrippe-Fälle.
Nur 35 Kilometer von der Grenze entfernt
Und in den nahen Niederlanden wurde H5N8 bei Schwänen nahe Utrecht und Ende Oktober in einem Hähnchenmast-Betrieb bei Nijmwegen festgestellt - nur 35 Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt. Das NRW-Umweltministerium hat Kommunen und Kreise in der vergangenen Woche per Erlass aufgefordert, Gebiete zu benennen, in denen das Risiko einer Einschleppung von H5N8 durch Wildvögel besonders hoch ist.
Halter wurden aufgefordert, ihr Geflügel möglichst zu schützen, sprich zu separieren - also zum Beispiel draußen keine Tränken aufzustellen, die auch Wildvögel anlocken könnten. In den vergangenen Tagen wurden diese Mahnungen u. a. von den Kreisen Kleve, Wesel, Viersen und Neuss nochmal eindringlich an die Halter weitergegeben.
Ministerium: "Nehmen Fälle in Niederlanden sehr ernst"
"Unser Haus nimmt die festgestellten Fälle von Geflügelpest insbesondere in den Niederlanden sehr ernst und ist auf einen möglichen Ausbruch in Nordrhein-Westfalen gut vorbereitet", sagte eine Sprecherin von Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) auf Nachfrage der Redaktion.
Heißt im Klartext: Eine Stallpflicht, wie sie schon in der niederländischen Provinz Gelderland und jetzt auch in Schleswig-Holstein gilt, könnte auch in NRW rasch umgesetzt werden - wenn es denn erste bestätigte Befunde geben sollte. Für an Freilauf gewöhnten Vögel bedeutet eine Stallpflicht eine große Belastung, insbesondere für Weidegänse. Allerdings werden in NRW auch immer mehr Hühner und Hähne im Freien gehalten.
2016/2017 waren auch NRW-Geflügelhöfe betroffen
"Ein Kontakt der Tiere zu Wildvögeln und ihren Ausscheidungen lässt sich im Freiland kaum vermeiden", sagt Andrea Hornfischer von den Rheinischen Bauern. Im Falle von bestätigten Befunden in NRW gilt eine Stallpflicht deshalb als alternativlos. Ist ein Nutzgeflügelbestand betroffen, müssen die Vögel gekeult, also getötet werden. Bei intensiven Kontakt können sich auch Menschen an der Vogelgrippe infizieren.
Geflügelpest-Sorgen gibt es immer wieder zum Vogelzug. Vor allem in herbst und Winter 2016/1017 traf die Tierseuche Deutschland hart; bundesweit wurden mehr als 900.000 Vögel gekeult. In NRW waren nur einzelne Betriebe betroffen, aber auch bei ihnen wurden damals mehrere tausend Puten getötet.
Kein Stallstreu draußen lagern
Aus dem Winter damals habe man gelernt, sagt Heinrich Bußmann vom Geflügelwirtschaftsverband. Die Vorschriften zur Biosicherheit seien immer besser geworden: "Beispielsweise würde heute niemand mehr Streu für Ställe draußen lagern, wo diese durch Wildvögel verunreinigt werden könnte."
In NRW wurden laut jüngsten Zahlen (von 2016) rund 11,8 Millionen Hühner gehalten, dazu rund 1,55 Millionen Puten sowie 166.745 Enten und 60.019 Gänse. Allerdings geben die Zahlen keinen umfassenden Überblick, weil kleinere Haltungen nicht erfasst werden.