An Rhein und Ruhr. Endverbraucher halten das Geschäft mit Martins- oder Weihnachtsgänsen bei Bauern an Rhein und Ruhr hoch - auch in Coronazeiten.
Lautes Geschnatter ertönt auf der Wiese hinterm Stall im Essener Ortsteil Schuir, tief im Süden der Stadt: Die Gänse kommen heran, recken neugierig die Hälse. Wie viele mögen das wohl sein? 150? 200 vielleicht..? Es kommen immer mehr Tiere. 500? Oder...? Gänse schätzen ist schwer.
In der Tat. "Es sind 900 Gänse", sagt Landwirt Nikolas Weber. Bei seiner angestammten Brüterei in Kevelaer am Niederrhein hatte Weber in diesem Frühjahr wieder etwas mehr Gänseküken geordert als im vorangegangenen, etwa 60 Küken mehr als in 2019. Die Vögel sind geschlüpft im Mai. Im Alter von drei Wochen kamen sie auf den Essener Oberschuirshof und sind seither tagsüber draußen und nachts im Stall.
Erst Martinsgans, dann Weihnachtsbraten
"Wir wachsen mit dem Markt", sagt der 38-Jährige. Er und andere Mäster in der Region verkaufen ihre Tiere ab sofort wieder frisch geschlachtet im eigenen Hofladen. Mit Beginn des Monats November ist wieder "Gänsezeit". Erst steht die Martinsgans auf dem Esstisch, dann der Braten zum Weihnachtsfest.
"Verbraucher sollten ihre Gans unbedingt rechtzeitig bestellen", rät Sprecher Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW. Dort geht man davon aus, dass viele Mäster - anders als der Essener Landwirt Weber - dieses Mal etwas weniger Gänse haben. "Im Frühjahr hat sich ja schon abgezeichnet, dass das wohl kein normales Jahr wird", meinte Rüb mit Blick auf die Corona-Pandemie.
Fünf Kilo rein in den Ofen, vier wieder raus
Unklar ist, wie stark die aktuellen Einschränkungen in der Gastronomie die Mäster treffen. Wegen des Preises dürften die hiesigen Gänse häufig vor allem an Endverbraucher gehen. Im vergangenen Jahr waren ab Hof rund 15 Euro je Kilo Gans fällig. "Es liegt auf der Hand, dass die hiesige Weidegans teurer sein muss als die osteuropäische 'Turbogans'", meint Bernhard Rüb.
Der Kammersprecher verweist auf die artgerechte Haltung. Die Bewegung auf der Weide sorge dafür, dass die Tiere gutes Muskelfleisch ausbilden, erklärt Rüb. Die 'Turbogans' in Osteuropa hingegen verbringe ihr Leben in der Regel im Stall, werde häufig auch noch gestopft. Das macht die Tiere fett. Der Essener Landwirt Weber drückt es so aus: "Da schiebt man dann eine Fünf-Kilo-Gans in den Ofen - und zieht eine Vier-Kilo-Gans wieder hinaus."
Bauer Weber verkauft seine Gans nur ganz
Nikolas Weber schlachtet jede Woche frisch, auch noch vor Weihnachten. Die Gänseschar dort wird ab sofort kleiner. "Die Auftragsbücher füllen sich", sagt der Bauer, der den Hof im Essener Süden in neunter Generation führt. Er hat auch anderes Geflügel und Schweine, und er baut Gemüse an. In der Coronakrise hat der Landwirt verstärkten Andrang in seinem Hofladen festgestellt: "Statt in die Kantine oder ins Restaurant zu gehen, kochen die Leute selbst - und sie wollen wissen, wo die Lebensmittel herkommen."
Während es Mäster gibt, die einzelne Gänseteile verkaufen (zum Beispiel Brust oder Keulen), verkauft Weber seine Gänse nur ganz - "der Nachhaltigkeit wegen". Er geht davon aus, dass seine 900 Vögel alle vor dem Weihnachtfest verkauft oder reserviert sind: "Gänse sind ein absolutes Saisongeschäft."
- Einen Überblick über Hofläden in NRW bietet die Landservice-Homepage der Landwirtschaftskammer. Unter der Rubrik "Einkaufen" findet man über die Suchmaske landesweit aktuell 87 Betriebe, die Gänse oder Enten anbieten - davon 16 am Niederrhein und 29 im Ruhrgebiet.