Aus den Niederlanden. Das niederländische Gelderland überschreitet den Grenzwert des RKI deutlich. Nun wurde für die Region eine Corona-Reisewarnung ausgesprochen.

Während die Corona-Neuinfektionen im Kreis Kleve weiterhin auf einem recht niedrigen Niveau bleiben, verschärft sich die Lage in den Niederlanden weiter – auch in der Grenzregion. In den direkt an den Kreis angrenzenden Sicherheitsregionen Gelderland-Mitte und Gelderland-Süd wurden in der vergangenen Woche mehr als 1200 neue Corona-Fälle registriert.

Damit überschritten beide Regionen den Wert von 50 Neuinfektionen in einer Woche pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) deutlich: Gelderland-Mitte (mit Arnheim) kam nach Angaben des niederländischen RIVM auf 86,4 Fälle, in Gelderland-Süd (mit Nimwegen) waren es sogar 109,3. Gelderland-Nord-Ost (mit Apeldoorn) kam auf 53,3 Fälle.

Steigende Coronazahlen: Gelderland wird zum Risikogebiet

Für das Robert-Koch-Institut ist dieser Wert eines der zentralen Kriterien dafür, ob eine Region im Ausland als Risikogebiet eingestuft wird. Am Freitag (2. Oktober) reagierte das RKI und erklärte weite Teile der Niederlande zum Corona-Risikogebiet – darunter auch das Gelderland. Kurze Zeit später reagierte das Auswärtige Amt mit einer Reisewarnung.

Der Hotspot der Region ist weiterhin Nimwegen. Hier gab es alleine am Montag 68 Neuinfektionen – das entsprach 38,3 Corona-Fällen pro 100.000 Einwohner und auch in den Tagen davor lag diese Zahl durchschnittlich über 20. In der Nachbargemeinde Berg en Dal wurden am Montag sieben Neuinfektionen vermeldet, das entsprach einer Inzidenz von 20. Zum Vergleich: Im gesamten Kreis Kleve wurden in den vergangenen sieben Tagen insgesamt 37 Neuinfektionen bestätigt, das waren 11,8 pro 100.000 Einwohner.

Als Reaktion auf die immer schneller steigenden Zahlen haben die Niederlande ihre Corona-Maßnahmen nun deutlich verschärft. Sowohl für den Privatbereich als auch für die Öffentlichkeit sind umfangreiche Einschränkungen beschlossen worden. Unter anderem dürfen Niederländer jetzt nur noch drei erwachsene Personen zu Hause empfangen, die Restaurants müssen um 22 Uhr schließen, die beliebten Sportbars dürfen gar keine Gäste mehr empfangen, die Supermärkte müssen eine Eingangskontrolle durchführen und Arbeitnehmer sollen nach Möglichkeit zu Hause bleiben.

Corona in den Niederlanden: Regeln wieder verschärft

Thed Maas, Journalist für die niederländische Tageszeitung De Gelderlander, darf seit Beginn der Woche keine Termine mehr für seine Zeitung wahrnehmen. Nur auf Antrag könne er noch raus und seiner Arbeit nachgehen. „Wir machen jetzt vieles telefonisch“, erzählt er. Großen Einfluss habe die neue Situation auch die Schließung großer Bürogebäude: Die Niederländer sollen soweit es geht zu Hause arbeiten. In geschlossenen Gebäuden sollen jetzt nur noch vier Personen zusammenkommen dürfen. Kino- oder Restaurantbesuche sind mit vier Personen in der Gruppe noch zulässig.

Wer ein Museum oder einen Zoo besuchen möchte, der muss sich jetzt vorher anmelden. Sowohl Museen als auch Tierparks dürfen nur noch eingeschränkt Besucher zulassen. Draußen dürfen maximal 40 Personen zusammenstehen. Die Supermärkte müssen ab sofort eine Eingangskontrolle durchführen und sicherstellen, dass die Abstände eingehalten werden. Dies könne am Einfachsten über eine Kontrolle der Einkaufswagen geschehen. Auch müssen Extrazeiten für ältere Menschen und Kranke eingeführt werden, damit diese zwei Mal am Tag alleine den Supermarkt nutzen können.

Großen Einfluss werden die Maßnahmen auch auf die Restaurantbranche haben: Gäste dürfen nur noch bis 21 Uhr angenommen werden, um 22 Uhr müssen die Lokale schließen. In einem Restaurant dürfen sich maximal 30 Personen aufhalten, draußen 40 Personen. Die Gruppen dürfen nicht mehr als vier Menschen umfassen. Der Arnheimer Dartclub „Dubbel 10“ befürchtet das Schlimmste: „Wir wollen wissen woran wir sind. Aber wenn sich diese Entwicklung so fortsetzt, dann können wir bald den Stecker ziehen“, sagt Eigentümer Joshua van Rootseller gegenüber der Zeitung De Gelderlander.

Neue Corona-Maßnahmen bedrohen Restaurantbetreiber

Die neuen Maßnahmen könnten vielen Restaurantbesitzern jetzt den letzten Rest geben. Sander Wind, Sprecher der Branchenvereinigung Koninklijke Horeca Gelderland, sagt: „Die meisten Infektionen erfolgen im privaten Umfeld. Dann fragt man sich natürlich schon, warum die Restaurants jetzt wieder herhalten müssen.“ Vor allem die Beschränkung auf 30 Personen tue weh. In seinem Restaurant könne er spielend 120 Menschen unterbringen und die Abstände einhalten.

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Der Nimweger Bürgermeister Hubert Bruls, gleichzeitig Vorsitzender des niederländischen Sicherheitsbeirates, appellierte an die Bürger, sich wieder verstärkt an die Corona-Maßnahmen zu halten: „Wir werden nicht jeden Tag kontrollieren, ob man sich in den Supermärkten auch an die neuen Regeln hält“, so Bruls. Jetzt gehe es um Eigenverantwortung: „Die Gesellschaft ist gefragt“, sagte er gegenüber der Zeitung De Gelderlander. An die Bürger gerichtet: „Schaut bitte nicht nur auf den Staat, sondern helft uns dabei, einen Lockdown zu verhindern.“

Die Niederländer gehen weiter von stark steigenden Corona-Zahlen aus. Aktuell befinden sich rund 700 Menschen im Krankenhaus, Anfang April waren es 3600. Die Regierung rechnet damit, dass in zwei Wochen wieder gut 2250 Menschen in einem Krankenhaus behandelt werden. Am Dienstag wurden über 19 000 Neuinfektionen innerhalb der vergangenen Woche vermeldet.

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