An Rhein und Ruhr. In Zeiten von Corona schwören viele auf die Briefwahl. Die Städte melden Rekorde bei den Antragszahlen. Allerdings ist der Aufwand auch höher.

Wenn am 13. September in den Kommunen an Rhein und Ruhr gewählt wird, dann wird einiges anders sein – wie so vieles in diesem Jahr. Stimmabgabe im Zeichen der Corona-Pandemie, das bedeutet nicht nur Umstellungen für Bürgerinnen und Bürger, sondern auch mehr Arbeit für die Wahlleiter und ihre Teams. Denn so manche Seniorenheime und Tagesstätten, die in den vergangenen Jahren als Wahllokale genutzt werden konnten, scheiden in diesem Jahr wegen des Infektionsschutzes aus.

Es mussten also andere Orte gefunden werden. „In Emmerich konnten wir solche alternativen Wahllokale finden“, sagt Stadtsprecher Tim Terhorst. Und auch der Mülheimer Wahlleiter Frank Steinfort und sein Team mussten etliche neue Wahlräume finden.

Briefwahl: Zahl der Anträge deutlich gestiegen

Doch allzu viele Wähler werden die neuen Räume wohl nicht aufsuchen – denn die Corona-Pandemie beschleunigt einen Trend, der in den vergangen Jahren stetig größer wurde: Briefwahlen werden immer beliebter. Mehrere Städte in der Region berichteten, dass zwei Wochen vor der Wahl mehr Briefwahlunterlagen angefordert wurden als im gleichen Zeitraum bei der Kommunalwahl 2014. In einigen Städten hätten zwei Wochen vor der Stimmabgabe sogar jetzt schon mehr Menschen Briefwahlunterlagen angefordert als bei der Kommunalwahl 2014 insgesamt.

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So zählt etwa die Stadt Kleve bereits jetzt (Stand 1. September) 7086 Briefwahlanträge, während bei der Kommunalwahl 2014 lediglich 4963 Anträge eingingen. Und auch in Emmerich liegt man mit rund 5100 Anträgen deutlich über der Zahl der vergangenen Kommunalwahl (3630 Anträge). „Wir können den Trend deutlich erkennen“, sagt Stadtsprecher Terhorst. Schon bei anderen Wahlen sei zu beobachten gewesen, dass die Abstimmung per Brief immer beliebter werde, den starken Zuwachs führe man aber schon auf die Pandemie zurück. „Wir als Stadt motivieren auch dazu, von der Briefwahl Gebrauch zu machen“, sagt Terhorst. „Jeder Briefwähler trägt dazu bei, dass in den Wahllokalen keine Warteschlangen entstehen.“

Rekordzahlen am Niederrhein und im Ruhrgebiet

Ein ähnliches Bild zeichnet sich ein Stück weiter rheinaufwärts ab. In Voerde verzeichnete man bereits 5847 Anträge für die Briefwahl, während es bei der vorherigen Kommunalwahl insgesamt nur 4493 Anträge waren. „Rechne ich mir die Wahlbeteiligung von 60 Prozent aller Wähler in 2014 aus und nehme sie als Maßstab für die jetzige Wahl, sind es jetzt schon ein Drittel, die sich für eine Briefwahl entschieden haben“, sagt Nicole Johann, Dezernentin und Wahlchefin der Stadt Voerde. Auch in der Nachbarstadt Dinslaken wollen immer mehr Bürger per Brief wählen. Während bei der Kommunalwahl 2014 von 55.281 Wahlberechtigten lediglich 6504 eine Briefwahl beantragt hatten, sind es in diesem Jahr jetzt schon 10.420 Wahlberechtigte.

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In der Ruhrgebietsmetropole Essen könnte in diesem Jahr gar der bisherige Briefwahl-Rekord fallen. Bei der Europawahl im vergangenen Jahr hatten bereits etwa 70.000 Wähler postalisch abgestimmt. In diesem Jahr sind bis Ende August schon 67.000 Briefwahlanträge im Essener Rathaus eingegangen. Bei der Duisburger Stadtverwaltung zählt man bislang mehr als 47.000 Anträge und damit schon 7500 mehr als bei der vergangenen Kommunalwahl 2014.

Wegen des erwartet höheren Briefwahl-Anteils hat die Stadt Duisburg die Zahl der Briefwahlbezirke von 57 auf 60 erhöht. Die Auszählung wird erstmalig auf einen Standort konzentriert. Alle Briefwahl-Stimmen werden am Abend des 13. September, nach der Schließung der Wahllokale, in den Räumen einer Gesamtschule ausgezählt.

Briefwahl steigert Wahlbeteiligung

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Auch die größte Stadt in Nordrhein-Westfalen, Köln, rechnet mit deutlich mehr Briefwählern. Rund 200.000 Briefwähler werden in der Domstadt erwartet, rund 60.000 mehr als noch 2014. Angst vor der Urnenwahl während der Corona-Pandemie brauche aber niemand haben. „Bei der Stimmabgabe ist man sicherer als im Supermarkt“, betont eine Sprecherin der Stadt Köln gegenüber der Deutschen Presse Agentur. Sie ist sicher: Die Briefwahl steigert auch die Wahlbeteiligung.

Tausend kleine Gründe könnten manche Menschen von der Wahl am Wahltag abhalten. „Früher konnte man an der Wahlbeteiligung sogar das Wetter an diesem Tag ablesen – bei extremen Wetter war die Wahlbeteiligung geringer.“ Andererseits mache der Briefwahltrend die Vorbereitung und Durchführung einer Wahl aber auch komplizierter, aufwendiger und teurer, teilte etwa die Stadt Düsseldorf mit.